Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
GREGOR
(getauft
am 21.03.2017)
Zu Frühlingsbeginn dominierte über weiten
Teilen des Nordatlantiks, vom Osten Kanadas bis zu den Britischen Inseln und
Skandinavien niedriger Luftdruck sowohl am Boden als auch in der Höhe. Eingelagert
in dieses in der Meteorologie auch als Langwellentrog bezeichnete Gebiet, war
ein eigenständiges Höhentief, welches im Laufe des 21. März vom mittleren
Nordatlantik zu den Britischen Inseln zog und dort für eine
Tiefdruckentwicklung im Bodenniveau sorgte.
Nach Prognose der Wettermodelle sollte sich
die hochreichende Zyklone unter Kräftigung an den kommenden Tagen südwärts zur
Iberischen Halbinsel verlagern und mit seinen Ausläufern auch Deutschland
streifen. Folglich erhielt das sich in Entstehung befindende Tief am 21. März
den Namen GREGOR.
Erstmals in den Wetterkarten analysiert
werden konnte die Zyklone GREGOR in den Frühstunden des 22. März mit Zentrum
über der Irischen See und einem Kerndruck von wenig unter 1000 hPa. Die
Ausläufer des Tiefs erstreckten sich zu diesem Zeitpunkt als Kaltfront in einem
weiten Bogen in süd-südwestliche Richtungen über die Biskaya und den
Ostatlantik bis knapp nördlich der Azoren.
Erste, zum Teil kräftige Niederschläge im
Zusammenhang mit der Tiefentstehung hatten bereits am Vortag und vor allem in
der Nacht zum 22. März die Britischen Inseln erfasst. Zwischen 18 Uhr UTC des
Vortages und 06 Uhr UTC regnete es etwa in Dublin 15 l/m². Die Abkürzung UTC
steht für Weltzeit und entspricht MESZ minus 2 Stunden. Der Regen setzte sich
am Tage mit ähnlicher Intensität fort, wobei z.B. nördlich von Manchester über
20 l/m² gemessen wurden. Aber nicht nur im Bereich des Tiefdruckkerns, sondern
auch entlang der langsam ostwärts nach Frankreich und Spanien vordringenden
Kaltfront kam es zu schauerartigen Niederschlägen, die im Schnitt 5 l/m² Regen
in 12 Stunden brachten, in Küstennähe auch über 10 l/m², z.B. in Brest mit 14
l/m² oder in Santiago de Compostella mit 11 l/m².
In der sich anschließenden Nacht überquerte
die Kaltfront Spanien und Portugal nahezu vollständig, während sie weiter
nördlich bis etwa nach Zentralfrankreich vordrang. Dabei ließ die Intensität
der Schauer allgemein nach, was allerdings nicht unbedingt auf den Norden
Englands und Südwesten Frankreichs zutraf. Bis zu 28 l/m² gab es nordwestlich
von Newcastle und 18 l/²m in Agen, südöstlich von
Bordeaux.
Bis zum 23. März hatte sich die Zyklone
GREGOR mit ihrem Schwerpunkt zur Biskaya verlagert, wobei der niedrigste
Luftdruck knapp unter 1010 hPa betrug. An der Kaltfront, die nur noch langsam
ostwärts über Frankreich vorankam, teils sogar rückläufig wurde, entwickelten
sich im Tagesverlauf erneut teils kräftige Schauer und Gewitter, die z.B. in Clermont-Ferrand für 26 l/m² oder in Cannes für 33 l/m²
Niederschlag in 12 Stunden sorgten. Aber auch hinter der Kaltfront in der
einströmenden höhenkalten Luft bildeten sich verbreitet Schauer, wobei in der
Nähe zum Tiefdruckzentrum in Figueras de Castropol im Nordwesten Spaniens etwa 23 l/m² registriert
wurden. Gleichzeitig sank die Schneefallgrenze über der Iberischen Halbinsel
zeitweilig unter 600 m. Passend dazu meldete die Wetterstation Madrid-Barajas um 14 UTC mäßigen Schneefall. Unter dichten
Schauerwolken stieg die Temperatur über Teilen Spaniens, aber auch Frankreichs
kaum über 10°C. In Madrid-Colmenar lag das Maximum
gerade einmal bei +2,0°C. Während sich nachts die Niederschläge an der
quasistationären Luftmassengrenze fortsetzten, schwerpunktmäßig zwischen
Normandie und Île de France mit 12 l/m² zum Beispiel
an der Station Paris-Orly, sowie über dem Süden
Frankreichs, beispielsweise in Marseille mit 34 l/m² oder in Lyon mit 26 l/m²,
lockerte die Bewölkung dahinter teilweise auf, sodass die Temperaturen
stellenweise bis in den leichten Frostbereich sanken, wie in Madrid mit -2°C
und in Orleans mit 0°C.
In den Frühstunden des 24. März befand sich
das Zentrum des abgeschlossenen Höhentiefs über der Iberischen Halbinsel, wobei
im Bodendruckfeld der Luftdruck um 1015 hPa lag. Die Ausläufer des Tiefs GREGOR
waren als Wolkenspirale recht gut auf Satellitenbildern dieses Tages zu identifizieren
und reichten von der Biskaya und dem Ärmelkanal quer über Frankreich und das
westliche Mittelmeer bis nach Nordafrika. Während sich der Wirbel GREGOR vor
der Iberischen Halbinsel weiter eindrehte, kam es in den folgenden Stunden an
der Südostflanke der Höhenzyklone zur Entwicklung eines neuen Tiefdruckkerns.
Die damit verbundenen dynamischen Prozesse führten vor allem zwischen
Südfrankreich bis zu den Balearen zu kräftigen, schauerartigen und zum Teil
gewittrigen Regenfällen. Hierbei wurden z.B. in Montpellier 42 l/m² und in
Palma de Mallorca 29 l/m² in 12 Stunden gemessen. Sonst kam es unter Einfluss
des Tiefs GREGOR nur noch zu einzelnen, eher schwächeren Schauern, die selten
mehr als 5 l/m² in 12 Stunden, meist sogar nur wenige Zehntel Liter pro
Quadratmeter brachten. Die Temperaturen blieben in kühler Meeresluft trotz
zeitweiligem Sonnenschein verbreitet unter 15°C, wie in Toulouse mit maximalen 10,9°C,
gebietsweise wurden nicht mal 10°C erreicht, so in Madrid Cuatro
mit maximalen 9,9°C.
Das neu entstehende Teiltief GREGOR II wurde
in der Nacht zum 25. März mit einem Luftdruck von unter 1010 hPa mit Zentrum
über den Balearen analysiert. In seinem Bereich kam es zu einer Intensivierung der
Niederschläge, die gleichzeitig nordwestwärts auf Katalonien und die Pyrenäen
übergriffen. Die zeitweise kräftigen Schauer und Gewitter brachten auf Ibiza 28
l/m², im südfranzösischen Perpignan sogar 50 l/m² und in Barcelona extreme 73
l/m² im Zeitraum zwischen 18 bis 06 Uhr UTC. Der ursprüngliche Kern GREGOR I
verlagerte sich indes vor die portugiesische Küste, wobei auch hier schauerartige
und zum Teil intensive Niederschläge auftraten, die in Südportugal bis zu 27
l/m² brachten.
Die weitere Zugbahn der Kerne GREGOR I und
GREGOR II lässt sich im Nachhinein gut anhand der Niederschlagsverteilung
nachvollziehen. So fielen am 25. März in einem Streifen von den Pyrenäen bis
ins Baskenland stellenweise über 20 l/m² in 12 Stunden, wie in Santander mit 21
l/m², sowie zwischen Zentralportugal und Südwestspanien um 10 l/m²,
beispielsweise in Sevilla mit 11 l/m². Sonst blieb es über der Iberischen Halbinsel
weitgehend trocken. Vor allem Teiltief GREGOR II sorgte hierbei für neue
Dynamik im Wettergeschehen. Die nach wie vor über der Südwesteuropa lagernde
Höhenkaltluft wurde weiter ostwärts über das westliche Mittelmeer Richtung
Apenninenhalbinsel gelenkt. Im Übergangsbereich zur warmen Mittelmeersubtropikluft
regnete es über Südfrankreich bis nach Korsika einmal mehr teils kräftig und
länger anhaltend, an der Côte d'Azur wurden bis 25 l/m², auf Korsika bis zu 18
l/m² Regen registriert.
Jedoch lösten sich die Ausläufer des Tiefs
GREGOR, die am frühen Morgen des 26. März bis über Frankreich, die Schweiz und
nach Italien reichten und hier in der Nacht noch für mäßige Niederschläge
sorgten, wie in Mailand mit 17 l/m², im Tagesverlauf weitgehend auf.
Gleichzeitig verlagerte sich die Zyklone langsam nordwestwärts Richtung
Ostatlantik, wobei sich beide Kerne wieder zu einem Zentrum vereinigten.
Nichtsdestotrotz hielten über der Iberischen Halbinsel der Tiefdruckeinfluss
und damit der eher wechselhafte Schauercharakter zunächst noch an. Während der
Niederschlagsschwerpunkt am 26. März tagsüber über dem Süden Portugals lag mit
beispielsweise 19 l/m² in Faro, regnete es nachts vor
allem über dem Süden Spaniens, wie in Huelva mit 18
l/m², teils länger anhaltend.
Am darauf folgenden 27. März schwächten
sich die Regenschauer allgemein ab, sodass meist nur noch wenige Liter innerhalb
der 12-stündigen Messperiode registriert wurden, so zum Beispiel 2 l/m² in Barcelona.
Nach wie vor blieben die Temperaturen in der sich nur zögerlich erwärmenden
Luftmasse und unter dichten Regenschauerwolken an beiden Tagen knapp über oder
unterhalb der 15°C-Marke und damit unterhalb der jahreszeitüblichen Werte für
die dritte Märzdekade.
Erst ab dem 28. März kam es über der
Iberischen Halbinsel mit steigendem Luftdruck zu einer Wetterberuhigung und
einem allmählichen Temperaturanstieg. Tief GREGOR konnte indes in den
Frühstunden dieses Tages mit Zentrum einige Hundert Kilometer südwestlich von
Irland letztmalig analysiert werden. Der Wirbel wurde in den folgenden Stunden
in die Zirkulation eines neuen, kräftigen Atlantiktiefs aufgenommen und konnte somit
nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte namentlich verzeichnet werden.
Geschrieben
am 26.05.2017 von Gregor Pittke
Berliner Wetterkarte: 24.03.2017
Pate: Anna Ganska