Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet  GRETE

(getauft am 19.07.2004)

 

 

Gegen Mitte Juli hatte sich über Europa eine interessante Höhenströmung etablieren können. So trennte eine kräftige Südwestströmung Luftmassen polaren Ursprungs über dem Nordostatlantik von Luftmassen subtropischen Ursprungs über Mittel- und Osteuropa. Folglich bildete sich eine scharfe Luftmassengrenze aus, die von Skandinavien über die Beneluxstaaten bis hin nach Nordspanien reichte und beide Luftmassen voneinander trennte. An solch einer intensiven - als Front bezeichneten – Grenze können sich rasch intensive Tiefdruckgebiete entwickeln. So zog am 19.7. das Wellentief FILOMENA über Deutschland mit schweren Gewittern hinweg und verursachte in Duisburg sogar einen Tornado.

Am gleichen Tag sollte an dieser Luftmassengrenze über den Pyrenäen aber bereits das nächste Wellentief entstehen, welches in der Berliner Wetterkarte auf den Namen GRETE getauft wurde. Dieses zog mit der straffen Südwestströmung unter rascher Intensivierung am Folgetag bis nach Zentralfrankreich und erreichte in der Nacht zum 21.7. begleitet von Gewittern den äußersten Westen Deutschlands. Im Tagesverlauf bildete sich dann eine immer stärker werdende Gewitterlinie mit einem nachfolgenden Starkregenband, das von Westen her Deutschland überquerte. Zum späten Nachmittag und Abend erreichte diese Gewitterlinie dann den Höhepunkt ihrer Entwicklung bei der Überquerung des Ostteils von Deutschland. So wurden verbreitet über 30 Liter Regen pro Quadratmeter registriert und Hagelkorngrößen bis zu 4cm gemessen. Das Berliner Stadtgebiet wurde am Abend zudem von einem der blitzreichsten Schwergewitter seit Beginn der Aufzeichnungen heimgesucht, was den Ausfall zahlreicher Ampeln und auch Wetterstationen zur Folge hatte. Ferner konnten Berliner Meteorologiestudenten über dem Zentrum der Hauptstadt eine rotierende Wolkenbasis aufzeichnen, welche allgemein als Vorstufe zu einem Tornado interpretiert wird.

Am 22.7. verlagerte GRETE durch die südwestliche Höhenströmung ihr Zentrum unter leichter Abschwächung bis nach Südschweden. Auf ihrem Weg dahin wurde vor allem Nordpolen erneut von unwetterartigen Gewittern mit hohen Niederschlagssummen heimgesucht. In Danzig fielen beispielsweise in zwölf Stunden 34 Liter pro Quadratmeter Regen.

In den Folgetagen verlor GRETE zunehmend die aufrechterhaltende Wirkung der Höhenströmung. Somit verlagerte sie sich nur noch sehr langsam und erreichte über die Baltischen Staaten (23. und 24.7.) am 25. Juli mit ihrem Zentrum schließlich den Norden Skandinaviens. Bis auf vereinzelte Schauer erreichte GRETE dabei allerdings nicht mehr ihren früheren Unwettercharakter und wurde daher an diesem Tag auch letztmalig auf der Berliner Wetterkarte als eigenständiges Tiefdruckgebiet analysiert.


Geschrieben am 03.08.2004 von Marcus Boljahn

Wetterkarte: 21.07.2004

Pate: Konrad Haschke