Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
GRISCHA
(getauft am
27.10.2017)
Entlang eines
sich von West nach Ost über das Nordmeer ziehenden und sich wellenförmig
deformierenden Troges, also einem Kaltluftvorstoß nach Süden, im Bereich des
dortigen Höhentiefs, bildete sich ein neues Bodentief aus. Dieses wurde am 27.10.2017
in der Prognose für 12 Uhr UTC des folgenden Tages, das entspricht 13 Uhr MEZ,
auf den Namen GRISCHA getauft.
In den ersten
Stunden des 28.10.2017 hatte der Wirbel GRISCHA die norwegische Küste nördlich
von Trondheim ungefähr auf halber Strecke zu den Lofoten erreicht. An dieser
Position wies der Kern einen Druck zwischen 990 und 985 hPa auf und war damit
unwesentlich schwächer ausgeprägt als tags zuvor prognostiziert. Vom Kern aus
verlief in südwestlicher Richtung eine Bodenkaltfront, welche über der Nordsee
vor der schottischen Küste in die Warmfront des Islandtiefs HERWART überging.
In nordöstlicher Richtung des Kerns verlief die Warmfront in einem engen Bogen
um den Bottnischen Meerbusen, vorbei an Helsinki und weiter in südlicher
Richtung bis zur polnischen Ostseeküste bei Słupsk.
Die dem Tief
GRISCHA zugehörigen Niederschlagfelder erstreckten sich entlang der westnorwegischen
Gebirgsketten, über Nordschweden sowie generell den Ostsee-Anrainerstaaten.
Durch Aufgleitprozesse entlang der norwegischen Gebirge fielen dort die
Niederschlagsereignisse mit Abstand am kräftigsten aus. Die Station von Innerdalen auf 405 m Höhe meldete demnach bis 18 Uhr UTC
rund 21 l/m² an Niederschlägen. Mit Einsetzen der Nacht und dem Absinken der
Temperaturen unter den Gefrierpunkt fielen in den darauffolgenden 12 Stunden
abermals 20 l/m² an Wasseräquivalenz. Dieser Wert wird genutzt um die bei
Schneefall gefallenen Niederschlagsmengen vergleichbar zu machen und entspricht
der Menge an geschmolzenem Schnee pro Quadratmeter. Somit ergibt sich eine Gesamtniederschlagsmenge
von 41 l/m² in 24 Stunden bis zum 06 Uhr UTC-Termin des folgenden Tages. Die
Station von Fiskabygd meldete während des Aufzugs der
Zyklone GRISCHA über 48 l/m² an Niederschlägen und zum Morgen des 29. nochmals
31,5 l/m². In Oslo wurden innerhalb von nur 6 Stunden bis um 12 Uhr UTC des
28.10.2017 47 l/m² verzeichnet, deutlich geringer fielen die
Niederschlagsmengen demgegenüber in Polen aus. Koszalin, welches den polnischen
Spitzenwert erreichte, verzeichnete 27,3 l/m².
Der Wirbel
GRISCHA verlagerte sich in der Folge nur wenig nach Osten und hatte bis um 01
Uhr UTC des 29.10.2017 die estländische Küste westlich von Tallinn erreicht.
Der Kerndruck war nochmals leicht auf unter 980 hPa abgefallen. Das gesamte
Frontensystem des Wirbels GRISCHA bestand nun ausschließlich aus Okklusionsfronten,
die sowohl in nördlicher als auch südlicher Richtung des Kernes verliefen. Unter
einer Okklusion wird dabei eine Mischform der Warm- und Kaltfront verstanden, bei
welcher die langsamer ziehende Warmfront von der Kaltfront eingeholt und die
warme Luft vom Boden angehoben wird. Die sich nach Norden erstreckende
Okklusionsfront führte östlich vorbei an Murmansk bis fast nach Nowaja Semlja,
wo sie in das Frontensystem eines unbenannten Tiefs über der Barentssee
überging. Die nach Süden führende Front erstreckte sich vorbei an Minsk bis
nahe der Karpaten.
Der
29.10.2017 war zugleich auch der letzte Tag an dem das Tief GRISCHA auf der
Berliner Wetterkarte analysiert werden konnte. Die 6-stündig generierten Karten
des Deutschen Wetterdienstes zeigten das die Zyklone GRISCHA bereits um 06 Uhr
UTC sämtliche Fronten verloren hatte, obwohl sich der Kerndruck nochmals auf
unter 975 hPa hat verstärken können. Somit konnte es nur noch lokal Einfluss
auf das Wettergeschehen nehmen. Die Station von Tallinn meldete neben
vereinzeltem Niederschlag 5,0 l/m² innerhalb von 24 Stunden bis 22 Uhr UTC des
29.10. sowie dichte Bewölkung mit Tendenzen zu feuchtem Dunst. Ab 12 Uhr UTC
begann dann auch der Aufnahmeprozess des Tiefs GRISCHA in die Zirkulation des Sturmtiefs
HERWART, welcher zunächst mit einer Abschwächung des Kerndruckes begann. Um 18
Uhr UTC wies der dem Tief zugehörige Kern nur noch einen Druck knapp über 980
hPa auf.
Zum 00 Uhr
UTC-Termin des 30.10.2019 konnte das Tiefdruckgebiet GRISCHA schließlich nicht
mehr auf der Berliner Wetterkarte verzeichnet werden.
Geschrieben
am 12.12.2017 von Patrick Ilmer
Berliner
Wetterkarte: 28.10.2017
Pate:
Richard Thiel