Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet GUDRUN
(getauft am 13.01.2016)
Mitte
Januar 2016 wurde das Wetter Europas von einem ausgedehnten Langwellentrog in
einer Höhe von 5,5 km, also auf einer Druckfläche von 500 hPa, der von
Nordeuropa über West- und Mitteleuropa hinweg bis zum Mittelmeerraum reichte,
bestimmt. In einem Trog werden kalte Luftmassen nach Süden transportiert. Bodennah
lag der hoch reichende Tiefdruckwirbel CAROLINA über der Nordsee, welcher sich aber
mehr und mehr auflöste. Im Laufe des 13. Januar spaltete sich von Tief CAROLINA
ein kleines Tiefdruckgebiet am Boden über dem nordeuropäischen Raum ab und wurde
zum 00 Uhr UTC Termin, also um 01 Uhr MEZ, in der Analyse auf den Namen GUDRUN
getauft.
Das
Tiefdruckgebiet GUDRUN lag zu diesem Zeitpunkt mit Kern und einem Kerndruck von
etwa 1000 hPa ein paar Kilometer nordöstlich der schottischen Küste über der
Nordsee und besaß kein Frontensystem. Im Laufe des Tauftages blieb das Tief
GUDRUN quasistationär, verlagerte sich also nur um wenige Kilometer Richtung
Nordosten weiter über die Nordsee hinaus. Da das Tief GUDRUN auch von der
Ausdehnung sehr klein war, beeinflusste es umliegende Länder um Schottland nur wenig.
Das Tief GURDRUN führte maritime Arktikluft über dem
Nordmeer heran. Diese kühlen Luftmassen gelangten aufgrund der zyklonalen Drehung, also die Drehung des Tiefdruckgebietes
gegen den Uhrzeigersinn auf der Nordhalbkugel, direkt in den Norden
Schottlands. Durch den Kaltluftzustrom konnte es sich in Schottland an diesem
Tag auf nur 1 bis 5°C erwärmen. In höheren Lagen der Highlands wie z.B. auf dem
1130 m hohen Aonach Mor
wurden sogar nur -5°C registriert. Richtung Süden erwärmten sich die Luftmassen
über dem Britischen Festland. Daher konnten im Süden Englands maximale
Temperaturen von 6 bis 10°C verzeichnet werden. In Aberdeen und Kinloss schien bis zu 4 Stunden die Sonne. Einige
Wolkenfelder wurden von dem von Irland herannahenden Tief EMMA herangeführt und
sorgten in Verbindung mit der kalten Polarluft von Tief GUDRUN am Abend auf der
Insel Tiree, eine der Insel der inneren Hebriden in
Schottland, und in Strathallan für leichten bis
mäßigen Schneefall, später teilweise auch in Regen übergehend, und ebenso in
Edinburgh für einige Regentropfen. So kamen Niederschlagssummen bis um 00 Uhr
UTC des Folgetages in Edinburgh von 2 l/m² und auf den Tiree
Islands von 7 l/m² zusammen. An der West- und Nordküste Schottlands wurden
teilweise stürmische Windböen bis 70 km/h, beispielsweise auf der Sule Skerry, eine unbewohnte
nordatlantische Insel, gemessen.
Bis
zum 14. Januar um 00 Uhr UTC zog der Tiefdruckwirbel GUDRUN unter
gleichbleibendem Luftdruck bis zu den Shetlandinseln, eine zu Schottland
gehörige Inselgruppe im Nordatlantik zwischen Norwegen, der Orkney-Insel
und den Färöern. Zu diesem Zeitpunkt verlief eine Okklusionsfront, also eine
Mischfront aus Warm- und Kaltfront, östlich vom Kern südostwärts
bis auf die Höhe von Oberfranken im Norden Bayerns. Verursacht durch die
Okklusionsfront kam es am frühen Morgen in Ost- und Nordostdeutschland zu leichten
Schneefall mit Regen. So wurden innerhalb von 6 Stunden um 06 Uhr UTC in
Leipzig 2 l/m², in Brandenburg und Berlin 0,1 l/m², 1 l/m² in Neuruppin
registriert. Im Kerngebiet von Tief GUDRUN gab es viele Wolken und vermehrt
Regen-, Schneeregen- und Schneeschauer. Auf den Shetlandinseln schien die Sonne
an diesem Tag gar nicht, auf den umliegenden Inseln und in Südnorwegen wurde
nur eine geringe Sonnenscheindauer gemessen, wie z.B. auf den Orkney-Inseln mit 2
Stunden. Bis 18 Uhr UTC registrierten die Stationen Lerwick
auf den Shetlandinseln 13 l/m², die Färöern-Inseln
0,3 l/m² und in Fossmark an der nordatlantischen
Küste Südnorwegens geringe 0,1 l/m². Weiterhin wurden stürmische Windgeschwindigkeiten
von 54 bis 78 km/h registriert.
Am
15. Januar um 00 Uhr UTC befand sich das Tief GUDRUN unverändert stationär mit
leicht erhöhtem Luftdruck von circa 1005 hPa über den schottischen
Shetlandinseln. Die herangeführten kühlen Luftmassen sorgten für Höchstwerte
von bis zu 4°C auf den Shetlandinseln, in Bergen bis zu 1°C und auf dem
Flughafen in Kirkwall leicht erwärmt auf 6°C. Im Bereich des Kerns gab es viele
Wolken mit gelegentlichen Schauern. Geringe Niederschläge von bis zu 0,4 l/m²
in Baltasound wurden registriert. Dagegen wurden an
der Küste Norwegens Niederschlagshöhen von 3 bis 14 l/m² in Form von Schnee und
Regen gemessen. Da jedoch die Temperaturen an der Küste zwischen 1 und 3°C
schwankten, blieben nur im kälteren Hinterland die Schneefälle liegen. Nur in
Bergen wurde an diesem Tag eine dünne Schneedecke von 2 cm gemessen.
Bis
zum Folgetag zog das Tief GUDRUN über die Nordsee gen Süden bis kurz vor die
Küste der Beneluxstaaten. Im Verlauf entwickelte sich die Zyklone GUDRUN zu
einem Wellentief, was bedeutet, dass es kein abgeschlossenes Tiefdruckgebiet
mehr war, sondern ein kleinräumiges und relativ flaches Luftdruckminimum ohne
eigenständige Zirkulation. Der Luftdruck hatte sich erneut erhöht und lag etwas
unter 1020 hPa. Damit war das Tief GUDRUN nur noch schwach aktiv. Im Verlauf
des 16. Januars sorgte das Hoch BENNO, westlich von Tief GUDRUN und westlich
der Biskaya, durch die Drehung im Uhrzeigersinn, dass sich die polaren kühleren
Luftmassen aus dem Norden über dem Land erwärmten. Mit dem Heranführen
maritimer Subpolarluft konnte sich im Verlauf des Vormittags eine
Konvergenzlinie über den Beneluxstaaten ausbilden. Als Konvergenz wird das
Zusammenströmen von Luftmassen bezeichnet. In diesem Bereich werden also
Luftmassen verstärkt zum Aufsteigen gezwungen, wodurch sich Schauer und
Gewitter bilden können. Bis zum Ende des Tages zog das Tief GUDRUN mit dieser
Konvergenzlinie, später als Okklusionsfront ausgeprägt, von den Beneluxländern
über Nordwestdeutschland Richtung Südosten. Damit nahmen die 24-stündigen
Niederschlagswerte bis um 00 Uhr UTC des Folgetages von Nordwest nach Südost
deutlich ab. Im Bereich der Konvergenz fiel in den Niederlanden bei 1 bis 3°C als
Höchsttemperatur an der Küste bei Lauwersoog bis zu
11 l/m² und in Nieuw Beerta
14 l/m². In der Nordhälfte Deutschlands war es mit 0 bis -2°C etwas kälter.
Daher blieb dort der Niederschlag vielerorts als dünne Schneedecke liegen. So
fielen im gleichen Zeitraum in Braunschweig 13 l/m². Dort kam es zu einer
Neuschneehöhe von 9 cm. Auch auf dem Fichtelberg im Erzgebirge kamen 5 cm
Neuschnee bei einer Niederschlagmenge von 3 l/m² zusammen. Besonders in
Mecklenburg-Vorpommern und an der Nordseeküste konnten 1 bis 5 cm hohe
Schneedecken registriert werden. Im Verlauf des Abends füllte sich der Kern
mehr und mehr mit Kaltluft auf und löste sich schließlich vollständig auf. Somit
war das Tiefdruckgebiet GUDRUN am 16. Januar das letzte Mal auf dem
Analysebereich der Berliner Wetterkarte verzeichnet.
Geschrieben
am 03.05.2016 von Lisa-Marie Schulze
Berliner
Wetterkarte: 15.01.2016
Pate:
Gudrun Nibbe