Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet GUDRUN

(getauft am 19.06.2010)

 

Am 19.06. überquerte eine niederschlagsreiche Kaltfront des Skandinavien-Tiefs FRIEDERIKE von Nordwesten kommend den Alpenraum und induzierte über dem Golf von Genua ein neues eigenständiges Tiefdruckgebiet, die so genannte Genua-Zyklone, welche hin und wieder bei scharfen Trog-Vorstößen über das Gebirge in jener Golfregion entsteht. Sie wurde noch am Entstehungstag auf den Namen GUDRUN getauft und hatte in ihrem Kern einen Luftdruck von ca. 996 hPa. Im Alpenraum sorgte das Tief für weitere Niederschläge, die zum Teil wieder so ergiebig waren, wie schon während des Kaltfrontvorstoßes am Vortag. In Bregenz fielen beispielsweise innerhalb 24 Stunden 41 l/qm, am Vortag waren es bereits 89 l/qm.

Während in der Schweiz die Niederschlagstätigkeit allmählich nachließ, lebte sie in der Nacht zum 20.06. vor allem in Österreich wieder auf, wobei Kärnten besonders betroffen war, so meldete Villach 44 l/qm in 12 Stunden. Auch in Slowenien regnete es kräftig, wie in Ljubljana mit 35 l/qm in 12 Stunden. Zeitweise erfasste das Niederschlagsfeld auch Bayern, wobei auf dem Wendelstein Schnee fiel und am Morgen des 20.06. eine Schneedecke von 3 cm lag. Auf der Zugspitze erhöhte sich die Schneedecke um etwa 20 cm auf insgesamt 250 cm. Am 20.06. driftete GUDRUN entlang der italienischen Westküste etwas nach Süden, wobei der Kerndruck zwischen der Toskana und Korsika nun bei etwa 1003 hPa lag. Dabei kam es zu einer Verwirbelung des Tiefs und zu einer weiteren Verlagerung der Kaltfront über das Mittelmeer bis nach Nordafrika, wobei auch Sizilien und das restliche Italien in den Einflussbereich der Front gerieten. Ergiebige Niederschläge von bis zu 50 l/qm innerhalb 12 Stunden gab es jedoch nur im nördlichen Italien und dem gesamten nördlichen Adriaraum, ebenso nochmals im Alpengebiet bis hinauf nach Südbayern, wo wieder ähnliche 24-stündige Mengen erreicht wurden, wie am Vortag, z.B. meldete Wendelstein 12 l/qm und die Zugspitze 28 l/qm. Dabei wuchs die Schneedecke auf der Zugspitze um weitere 15 cm auf jetzt 265 cm.

Am nunmehr dritten Tag, dem 21.06., kam es schließlich zu einer zügigen Verlagerung des Tiefs GUDRUN nach Osten, welche zusammen mit dem Höhenwirbel, der über dem westlichen Mittelmeer austropfte, einherging: vom Tyrrhenischen Meer über die Adria und das Dinarische Gebirge bis in den Karpatenraum. Die Kaltfront, welche ursprünglich von Nordwesteuropa aus den Alpenraum querte, drang dabei bis über das östliche Mittelmeer vor, bildete vor dem türkischen Marmarameer eine Wellenstörung, aus der sich dort ein weiteres Tiefzentrum bildete, der Kerndruck beider Zentren bei ca. 1002 hPa.

Die Schwerpunkte des Niederschlags verlagerten sich dabei ebenfalls nach Osten, so dass nun in Kroatien, Serbien und im Westen Bulgariens und Rumäniens ergiebige Regenmengen fielen, bis zum Morgen des 22.06. stellenweise wieder über 50 l/qm innerhalb 12 Stunden. Im Alpenraum klang währenddessen die Niederschlagstätigkeit nahezu völlig ab. Am 22.06. wanderte GUDRUN, bei gleich bleibendem Kerndruck, weiter zum westlichen Schwarzen Meer. In ihrem Bereich gab es wieder Schauer und Gewitter, die größte Regenmenge wurde dabei im Donaudelta gemessen, Tulcea meldete 57 l/qm in 12 Stunden. Während sich die südlich des Tiefs rasch ostwärts verlagernde Kaltfront nun bis über die Türkei vorarbeitete, verhielt sich die nördlich anschließende, immer noch mit dem Tief FRIEDERIKE verbundene Frontenschleppe recht stationär über der Ukraine, Weißrussland und dem nordwestlichen Russland, wo sie mit einem Bogen über die Jamal-Halbinsel und Novaja Semlja den Anschluss zum Tiefzentrum über dem Nordkap fand. Diese Frontlinie trennte nun schon seit einigen Tagen die kontinentale Warmluft über Russland von der deutlich kühleren Meeresluft über dem östlichen Mitteleuropa.

Am 23.06. kam es zu einer leichten Verstärkung der Tiefdruckzone über dem Schwarzen Meer, wobei das dominierende Zentrum, mit einem Kerndruck von etwa 998 hPa, jetzt am Westkaukasus lag und das schwächere Zentrum, welches weiterhin dem Tief GUDRUN zugeordnet wurde, vor der Halbinsel Krim, wo es bis zum 24.06. mit 1001 hPa verharrte.

Danach folgte unter erneuter Abschwächung eine Verlagerung des Kerns über die westliche Ukraine und Moldawien zum Karpatenraum, so dass es am 25.06. im Stau der Karpaten noch einmal länger anhaltende Niederschläge gab, beispielsweise in Bacau mit 43 l/qm in 24 Stunden. Mit einem Kerndruck von nur noch 1009 hPa begann sich GUDRUN aber schon allmählich aufzulösen, weshalb am 27.06. nur noch eine schwach abzugrenzende Luftdruckdepression über der Ukraine verblieb, welche bald verschwand.

 

 


Geschrieben am 05.08.2010 von R. Löwenherz

Wetterkarte: 21.06.2010

Pate: Gudrun Rügner