Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet GYÖRGY
(getauft
am 04.04.2013)
In der Nacht zum 04.04. bildete sich auf der Vorderseite eines
über Südspanien gelegenen Troges im 500 hPa Niveau, einem Kaltluftvorstoß nach
Süden in einer Höhe von 5,5 Kilometern, ein Tiefdruckgebiet über Mallorca.
Dieses wurde noch am selben Tag auf den
Namen GYÖRGY getauft. Vom Zentrum dieses Wirbels, dessen Kern um 00 Uhr UTC,
also 02 Uhr MESZ, einen Druck von rund 1000 hPa aufwies, gingen mehrere Fronten
aus. Eine Warmfront reichte östlich des Kerns über das Mittelmeer bis nach
Tunis, eine ihr nachfolgende Kaltfront lag südwestlich
des Kerns und verlief bis etwa nach Beni-Mellal in
Marokko. Über Spanien verband den Kern eine Okklusionsfront mit dem Zentrum
eines westlich vor Portugal über dem Atlantik liegenden anderen unbenannten
Wirbels. Als Okklusionsfront wird dabei eine Front bezeichnet, die sowohl Warm-
als auch Kaltfronteigenschaften in sich vereint. Im Laufe des Tages verlagerte sich
Tief GYÖRGY nach Nordosten und dabei konnte sich bereits ein mitunter recht
kräftiges Niederschlagsgebiet über Norditalien bilden. Bis
06 Uhr UTC des folgenden Morgens fielen in Bologna 25 Liter und in Piacenza 34 Liter Regen auf einen Quadratmeter. In den
Höhenlagen der Alpen gingen die Niederschläge in Schnee über.
Gegen 00 Uhr UTC des 05.04. lag das Tiefdruckgebiet GYÖRGY mit einem
Druck von weiterhin 1000 hPa über der Bucht von Genua, nördlich von Korsika.
Die Kaltfront hatte bis dahin Teil der Warmfront eingeholt, sodass sich vom Kern ausgehend eine nach Südosten verlaufende
Okklusionsfront gebildet hatte, die über dem Tyrrhenischen Meer ihren
sogenannten Okklusionspunkt hatte. Der Okklusionspunkt beschreibt die Stelle,
an der Warm- und Kaltfront ineinander übergehen und eine Okklusionsfront bilden.
Von diesem Punkt ausgehend überquerte die Warmfront bei dem libyschen Misrata endend die Straße von Messina, während sich die
Kaltfront in südwestlicher Richtung bis weit über Afrika zog. Über dem
nördlichen Italien kam es zu weiteren Niederschlägen, bevor sich das
Niederschlagsgebiet weiter nach Kroatien und den Balkan verlagerte. Wurden in
den 12 Stunden zuvor bei Venedig 13 Liter registriert, kamen in den darauf
folgenden 24 Stunden weitere 21 Liter pro Quadratmeter hinzu. Aus Bologna
wurden zusätzliche 5 Liter und in Piacenza 11 Liter
je Quadratmeter gemeldet. In den von der Adria aus angeströmten Bergketten des
Balkangebirges kam es nun zu Luftmassenstauungen, in deren Folge die Luft
gezwungenermaßen gehoben wurde. Dies führte zu verstärkten Niederschlägen,
welche vor allem im Bereich Kroatiens mitunter recht ergiebig ausfielen. In Senj wurden 34 Liter, in Gospic
28 Liter und bei Zavizan 45 Liter pro Quadratmeter
registriert, die wie in Italien innerhalb von 24 Stunden bis 06 Uhr UTC fielen.
Bis zum 06.04. hatte sich das Zentrum des Wirbels GYÖRGY über das
ukrainisch-rumänische Grenzgebiet verlagert und lag gegen 00 Uhr UTC mit einem
Kerndruck von 1005 hPa nahe Rauhau. Vom Kern aus ging
in nordöstlicher Richtung sowohl eine nahe Luhansk in
die Kaltfront des Tiefs FERY übergehende Warmfront, als auch eine Kaltfront
aus. Diese verlief nach Südwesten über Bukarest bis Athen, wo sie sich
anschließend mit einem westlich von Misrata bei Sirte liegenden unbenannten Wirbel verband. Über Teilen der
Ukraine und später auch über Russland setzte sich das niederschlagsreiche
Wetter fort. Bis 18 Uhr UTC wurden innerhalb von 12 Stunden bei Dnipropetrovsk 5 Liter und in Konotop,
sowie auch in Izium je 7 Liter pro Quadratmeter
registriert. Im russischen Jefremow kam bis 06 Uhr
UTC ein 24-stündiger Niederschlag von 9 Litern und in Jelez
von bis zu 11,6 Litern pro Quadratmeter zusammen. Im Warmluftsektor zwischen
Warm- und Kaltfront, der vom Mittelmeer bis an die mittlere und südliche Wolga
reichte, stiegen die Temperaturen tagsüber und je nach Region auf Werte um
20°C. Während es in Kiew, welches nördlich dieses Gebietes lag, kaum wärmer als
6°C wurde, konnten in Wolgograd Tageshöchstwerte von 18°C, in Odessa von 20°C und in Simferopol
bis 22°C gemessen werden.
Mit einem Druck von weiterhin 1005 hPa befand sich das Zentrum vom
Tiefdruckgebilde GYÖRGY um 00 Uhr UTC des 07.04. nahe Lipezk, südlich von
Moskau. Vom Kern verlief erneut eine sich mit der
Kaltfront des Tiefs FERY verbindende Warmfront nach Nordosten sowie eine Kaltfront,
die südlich des Kerns einen Bogen über Simferopol und
Bukarest beschreibend in die Warmfront einer vor Sardinien liegenden Zyklone
überging. Ohne den Zustrom subtropischer Luftmassen aus dem Südwesten
erreichten die Tageshöchstwerte in Odessa nun wieder für Anfang April übliche
8°C, beziehungsweise 12°C in Simferopol. Bei
Wolgograd wurden noch einmal bis zu 18°C erreicht, wobei auch hier die
Temperatur nachfolgend an den nächsten Tagen auf Höchstwerte bis maximal 8°C sank.
Das dem Tief GYÖRGY zuzuordnenden Regengebiet verlagerte sich mit dem Wirbel
ebenfalls nach Nordosten in Richtung der Wolga, wobei sich die Niederschläge im
Nordwesten des Einflussbereiches zumeist in Schnee wandelten. Die
Niederschlagsintensitäten konnten sich lokal, besonders aber in der Region um
den Mittel- und Oberlauf der Wolga noch einmal etwas intensivieren. In 24
Stunden fielen durch Schauer laut der bei Samara gelegenen zwei Messstationen zwischen
11 und 16 Liter Regen auf einen Quadratmeter, teilweise waren diese mit Gewittern
durchsetzt. Durch mäßigen Regen, der im Laufe des Tages mehr und mehr in
leichten Schneefall überging, wurden im selben Zeitraum in Sergac
20,4 Liter und bei Arsk 22,3 Liter pro Quadratmeter gemessen.
Tief GYÖRGY verlagerte sich zum 08.04. mit einem nahezu gleich
gebliebenen Druck von 1005 hPa weiter nach Osten über das Gebiet um die Stadt
Ischewsk. Vom Kern gingen mehrere Fronten aus. Eine nach Norden verlaufende und
sich wieder mit der Kaltfront des nach Norden abgezogenen Wirbels FERY
verbindende Warmfront, eine sich nach Süden erstreckende und in die Warmfront
eines zu diesem Zeitpunkt über dem Schwarzen Meer befindlich unbenannten Wirbel
übergehende Kaltfront, sowie eine westlich des Kerns entspringende
Okklusionsfront, die über Zentralrussland liegend bis nach Orjol
reichte. Bevor Tief GYÖRGY sich
abschwächend über das Uralgebirge hinweg nach Nordosten verlagerte, brachte das
Regen- und Schneefallgebiet der Region nördlich und östlich von Ishewsk nochmals teils ergiebige Niederschlagsmengen. Bis
15 Uhr UTC kamen während der zurückliegenden 12 Stunden im russischen Wereschtschagino
durch leichte bis mäßige Schneefälle 13 Liter zusammen, Gasow
meldete anhaltenden starken Schneefall und bis
zu 19 Liter pro Quadratmeter. In Perm, welches knapp 100 Kilometer östlich von Wereschtschagino liegt, fiel im Gegensatz dazu der
Niederschlag überwiegend in Form von Regen, der im selben Zeitrum maximal 3
Liter mit sich brachte.
Am 09.04. lag das Tiefdruckgebiet GYÖRGY sich langsam abschwächend
mit einem auf 1010 hPa gestiegenem Kerndruck über Tobolsk,
östlich des Urals. Dort befand sich der Wirbel am äußersten Rand des von der
Berliner Wetterkarte erfassten Analysebereiches, den er im Laufe des Tages auf
einer Zugbahn Richtung Sibirien nach Osten verließ und somit am 10.04. nicht
mehr analysiert werden konnte.
Geschrieben von Christian Ulmer
Berliner Wetterkarte: 05.04.2013
Pate: György Balassa