Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet HANSI

(getauft am  05.04.2013)

 

Am frühen Morgen des 05.04. bildete sich entlang einer Luftmassengrenze, die Tags zuvor von Grönland bis nach Norwegen reichte, ein Wellentief aus, welches anhand der Analysekarte für 00 Uhr UTC, also 02 Uhr MESZ, auf den Namen HANSI getauft wurde. Vom Kern des Tiefs HANSI, dessen Zentrum mit einem Druck von knapp unter 1025 hPa östlich von Island lag, gingen sowohl eine Warm-, als auch eine Kaltfront aus. Die Warmfront verlief wenige Hundert Kilometer nach Süden in Richtung der Färöer und endete über dem Nordatlantik. Die Kaltfront hingegen zog sich entlang der Südküste Islands nach Westen und endete über der Irmingersee.

In den folgenden 24 Stunden verlagerte sich Tief HANSI unter leichter Verstärkung nach Osten in Richtung Norwegen und lag gegen 00 Uhr UTC, d.h. 02 Uhr MESZ, des 06.04. mit einem auf 1015 hPa gesunkenem Kerndruck etwa 300 Kilometer westlich von Trondheim. Vom Kern ging nach Süden eine Okklusionsfront aus, die nahe der Südspitze Norwegens in den Charakter einer Kaltfront wechselte und sich in einem Bogen über Nordschottland nach Island zog, bevor sie nordwestlich von Reykjavik endete. Als Okklusionsfront wird dabei eine Front beschrieben, die sowohl Warm- als auch Kaltfronteigenschaften in sich vereint. Über Süd- und Zentralnorwegen setzten leichte bis mäßige, mitunter auch schauerartig verstärkte Schneefälle ein, die sich im Tagesverlauf auf Schweden ausbreiteten. Bergen meldete bis 06 Uhr UTC des nächsten Morgens bei Tageshöchstwerten von 6°C einen 24-stündigen Niederschlag von 2 Litern pro Quadratmeter, in Liarvatn und im schwedischen Jarnasklubb waren es bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt je 11 Liter pro Quadratmeter.

Das Hoch MONIKA blockierte eine Verlagerung nach Süden und so zog das Zentrum des Tiefdruckwirbels HANSI über Norwegen hinweg und lag am 07.04. mit einem um 5 hPa gefallenem Druck nahe der ostschwedischen Küstenstadt Sundsvall. Eine Okklusionsfront verlief vom Kern über Schweden nach Gotland, wo sie in eine Kaltfront überging. Von Gotland beschrieb die Kaltfront einen Bogen über Ost- und Nordsee nach Nordwesten bis Schottland, wo sie Warmfrontcharakter annehmend südlich von Island über dem Atlantik endete. Das Schneefallgebiet, welches mit dem Wirbel HANSI verbunden war, griff im Laufe des Vormittages auf Finnland und das Baltikum über. Bei Höchsttemperaturen zwischen 2°C und 4°C fielen in 24 Stunden bis 06 Uhr UTC in Zoseni nahe Riga 1,5 Liter, in Tallinn 3 Liter und in Helsinki 4 Liter Niederschlag je Quadratmeter. Westlich von Helsinki, in Uto, wurden sogar bis zu 9 Liter pro Quadratmeter gemessen. In Zoseni betrug die Schneedecke gegen 06 Uhr UTC etwa 50 Zentimeter und in Tallinn 19 Zentimeter. Auf der Rückseite des Wirbels HANSI floss arktische Kaltluft nach Skandinavien ein, wodurch nachts die Temperaturen stark zurück gingen. Im norwegischen Karasjok fiel das Qucksilber auf -13°C und im schwedischen Nattavaara auf unter -20°C. Im Gegensatz dazu lagen die Temperaturen im baltischen Raum zwischen -2 und -5°C.

Zum 08.04. blieb Tief HANSI nahezu stationär. Mit einem Kerndruck von 1005 hPa lag sein Zentrum gegen 00 Uhr UTC unweit von Uto über Finnland, und befand sich somit knapp 250 Kilometer östlich seiner Position vom Vortag. Vom Kern in südöstliche Richtung ausgehend zog sich eine Okklusionsfront über Tallin bis Lettland, wo sie erneut in eine Kaltfront überging. Diese verlief entlang der deutschen Ost- und Nordseeküste bis nach Edinburgh, wo sie den Charakter einer Okklusionsfront annehmend nach Westen verlief und auf der Schnittlinie von Riga mit Reykjavik über dem Atlantik endete. Über dem Baltikum kam es zu weiteren Schneeschauern, die besonders im lettischen Raum örtlich ergiebig ausfielen. So wurden in Zoseni im selben Zeitraum wie Tags
zuvor 8 Liter und in Aluksene 9,5 Liter pro Quadratmeter registriert, wodurch die bereits vorhandene Schneedecke in Zoseni und Aluksene
auf je 60 Zentimeter anwuchs. Die polare Kaltluft, die weiterhin auf der Rückseite des Tiefdruckgebietes HANSI nach Skandinavien gelangte, griff nun auch auf das Baltikum über. Bereits ab den Mittagsstunden sanken die Temperaturen in Jelgava unter den Gefrierpunkt und hatten in der zweiten Nachthälfte mit -11°C ihren Tiefstpunkt erreicht, im estnischen Valke-Maarja lag dieser bei -17°C. Besonders bei längerem Aufklaren sanken die Temperaturen nachts im skandinavischen Raum mitunter drastisch, im schwedischen Nattavaara fiel die Temperatur auf unter -22°C und im norwegischen Karasjok wurden sogar -27°C knapp unterschritten.

Am 09.04., dem letzten Tag seines Bestehens, lag der sich allmählich auflösende Tiefdruckwirbel HANSI mit einem Kerndruck von etwas unter 1015 hPa um 0 Uhr UTC wenige Kilometer östlich von Riga. Die Okklusion erstreckte sich vom Kern ausgehend wenige Hundert Kilometer nach Süden, bevor sie bei Minsk in den Charakter einer Kaltfront wechselte. Diese beschrieb einen Bogen von Minsk bis Warschau. Im Laufe des Tages verlagerte sich Tief HANSI weiter nach Osten und schwächte sich dabei soweit ab, dass es auf der Berliner Wetterkarte für den 10.04. nicht mehr analysiert werden konnte. Mit dem Tief befand sich auch das Schneefallgebiet in Auflösung. Ein letzter Rest konnte sich noch bis nach Russland über die Region westlich von Moskau verlagern. Sie ergaben innerhalb von 12 Stunden bis 18 Uhr UTC in Velikie Luki 1 Liter und in Pleskau 1,1 Liter Niederschlag je Quadratmeter. Diese letzten dem Tief HANSI zuzuordnenden Schneefälle addierten sich mit den bereits vorhandenen Schneemassen zu einer Gesamtschneehöhe von
45 Zentimetern in Pskow beziehungsweise von 26 Zentimetern in Velikie Luki. Im weiteren Verlauf löste sich das Tief HANSI schließlich komplett auf und konnte daher nicht weiter auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden.

 

 


Geschrieben von Christian Ulmer

Berliner Wetterkarte: 08.04.2013

Pate: Dr. Hans Riegel (www.haribo.com)