Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
HARRY
(getauft
am 23.06.2011)
Bereits am 17.06. rückte über der
Labrador-Halbinsel ein Tiefdruckgebiet mit einem Kerndruck von 1010 hPa in den
Analysebereich der Berliner Wetterkarte, von wo es sich in den Folgetagen allmählich
weiter nach Westen bewegte und im Kern auf fast 1000 hPa verstärkte. Bei der
langsamen Überquerung Neufundlands am 20. und 21.06. erreichte das Tief dabei schon
ein Okklusionsstadium, d. h. die schnellere Kaltfront holt die Warmfront ein
uns es entsteht eine Mischfront. Jedoch bildete sich am 22.06. am vorgelagerten
Okklusionspunkt, dort wo sich die Okklusionsfront in Kalt- und Warmfront teilt,
über dem Nordatlantik ein zweites Tiefzentrum, das am Morgen des 23.06. auf den
Namen HARRY getauft wurde. An jenem Tag lag das gesamte Tiefdrucksystem quer
über dem Nordatlantik und reichte von Neufundland bis fast nach Irland. Dabei
führte das Tief HARRY an seiner Rückseite ein weiteres, unbenanntes
Tiefdrucksystem mit sich. Das vorlaufende Zentrum des Wirbels HARRY verstärkte
sich dabei und dominierte am 24.06. das System, da sich das nachfolgende
Zentrum gleichzeitig auf 1010 hPa abschwächte. Die erneut okkludierenden
Fronten der Zyklone HARRY erreichten am 24.06. zunächst Irland und reichten am
25.06. bis nach Britannien, während das Tiefzentrum vor den Britischen Inseln verharrte
und im weiteren Verlauf nach Norden in Richtung Island abdriftete. Grund dafür
war ein blockierender Höhenhochkeil, der vom westlichen Mittelmeer bis zu den
Britischen Inseln reichte und mit dem Bodenhoch GERTRAUD über Frankreich
korrespondierte. Am 25.06. drang dabei weiterhin der noch nicht okkludierte
Teil der Warmfront im nördlichen Randbereich des Hochs GERTRAUD mit feuchter
Meeresluft subtropischen Ursprungs bis nach Westdeutschland vor. Beim
Auftreffen auf die kühlere Meeresluft, kam es dabei zunächst über England zu
verbreitetem Regen, der im Westen des Landes örtlich mehr als 20 mm innerhalb
12 Stunden brachte. Bei Erreichen Westdeutschlands hatte sich das Regengebiet
allerdings schon soweit abgeschwächt, dass hier wesentlich geringere Mengen
registriert wurden. Am 26.06. zog die Warmfront weiter nach Ostdeutschland,
wobei sich das Regengebiet vollkommen auflöste und auch die Bewölkung fast
vollständig verschwand. Erkennbar war die Frontlinie nur noch an der
Temperaturdifferenz zwischen Ost- und Westdeutschland. So wurden gegen 14 Uhr
in Mecklenburg-Vorpommern bei wolkenlosem Himmel nur 16°C registriert, zur
gleichen Zeit wurden in Niedersachsen bei wolkigem Himmel 24°C gemessen. Das Tief
HARRY verharrte derweil südlich von Island und verstärkte sich dort im Kern auf
vorübergehend 995 hPa. Das nachfolgende schwächere Tiefzentrum im Schlepptau
der, noch über den Britischen Inseln liegenden, Kaltfront driftete südlich von
Irland weiter auf Frankreich zu, wo es am Morgen des 27.06. auf den Namen IANTO
getauft wurde und in den Folgetagen als eigenständiges Tiefdruckgebiet
feuchtheiße Luftmassen nach Mitteleuropa lenkte. Die Kaltfront über den
Britischen Inseln brachte immer noch Schauer, allerdings nur noch mit geringen
Mengen von oft weniger als 1 mm. Nachdem es dort Temperaturen bis 27°C gab,
folgte nun vor allem über Irland eine Abkühlung auf unter 20°C. Der Warmsektor des
Tiefs HARRY, welcher jetzt im Bereich des Hochs GERTRAUD lag, dehnte sich am
27.06. von Deutschland bis nach Lappland aus, wo zwei Tage später Temperaturen
bis 30°C gemessen wurden, am wärmsten war es am 29.06. mit 30,2°C in Vidsel in Schwedisch Lappland. Zuvor jedoch bildete sich am
Okklusionspunkt der Fronten vor den Lofoten ein weiteres Tiefzentrum, welches
am Morgen des 29.06. auf den Namen HARRY II getauft wurde und noch am selben
Tag rasch nach Osten bis zur Karasee zog, während das Zentrum HARRY I vor der
Südküste Islands stationär blieb und sich dort ohne Ausbildung von Fronten allmählich
auflöste. Die lange Kaltfront war nun mit dem Wirbel HARRY II verbunden und lag
quer über der russischen Eismeerküste, sowie in meridionaler Ausrichtung über
ganz Skandinavien, wo sie in das Tief IANTO überging. Am 30.06. war die Zyklone
HARRY I mit knapp 1020 hPa nur noch als schwache Tiefdruckanomalie über Jan
Mayen erkennbar. Das Tief HARRY II hingegen driftete unter weiterer Verstärkung
von ursprünglich 1010 hPa auf nun 1000 hPa bis zur Gydan-Halbinsel
an den Rand der Berliner Wetterkarte, wobei das inzwischen in zwei Zentren
aufgespaltete Tief IANTO weiterhin ein Anhängsel der langen Frontenschleppe
über Skandinavien und Nordrussland bildete. Am 01.07. hatte sich der Wirbel HARRY
I schließlich als frontenlose Tiefdruckanomalie nach
Spitzbergen verlagert, wo es an diesem Tag bei 1015 hPa Regen und teilweise
auch Schneefall gab. Im weiteren Tagesverlauf löste sich der Wirbel HARRY I schließlich
komplett auf. Die Zyklone HARRY II hatte dagegen den Analysebereich der Wetterkarte
soweit verlassen, sodass eine erneute Tiefdruckbildung über der Gydan-Halbinsel am 02.07. nicht mehr eindeutig dem Tief HARRY
II zugeordnet werden konnte.
Geschrieben am 02.08. 2011 von R. Löwenherz
Wetterkarte: 26.06. 2011
Pate: anonym