Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet HEDI
(getauft am 24.03.2016)
In den Abendstunden des 23.03.2016 entwickelte sich
auf der Ostseite eines steuernden Tiefdruckwirbels mit Zentrum über der
Labradorsee im Bereich der Okklusionsfront an der Südspitze Grönlands eine
Tiefdruckwelle. In der Meteorologie bezeichnet eine Okklusion oder
Okklusionsfront eine Mischfront aus Kalt- und Warmfront, die entsteht, wenn die
nachfolgende und schneller ziehende Kaltfront die vorhergehende Warmfront
einholt. Der Punkt, an dem die Kalt- und Warmfront zusammenlaufen, heißt
Okklusionspunkt. Diese Tiefdruckwelle verlagerte sich im Laufe der Nacht
ostwärts und befand sich am Morgen des 24.03.2016 ca. 500 km westlich der
isländischen Küste. Der Luftdruck im Zentrum des Tiefs war dabei auf unter 975
hPa gefallen. Da die Frontausläufer des Tiefdruckgebiets in den folgenden Tagen
das Wettergeschehen in Mitteleuropa beeinflussen sollten, wurde in den
Vormittagsstunden des 24.03. das Tief in der Prognose für den Folgetag auf den
Namen HEDI getauft. Vom Tiefdruckzentrum weg führte die Okklusion bis westlich
vor Irland, wo sie sich am Okklusionspunkt in eine nach Südwesten bis zu den
Azoren reichende Warmfront und eine über den Nordatlantik reichende Kaltfront
aufspaltete. Zeitgleich setzte über Irland und Nordirland an der Okklusion
kräftiger und länger anhaltender Regen ein, welcher von einzelnen stürmischen
Windböen begleitet wurde. Auf der Rückseite der Front entstanden zudem in der
einfließenden maritimen Arktikluft zahlreiche Regenschauer. Bis zum Mittag um
13 Uhr MEZ konnten sich die Niederschläge mit der weiteren Westwärtsverlagerung
der Okklusion bis nach Wales, England und Schottland ausbreiten. Das Tiefdruckzentrum
war unterdessen auch weiter ostwärts gezogen und befand sich auf Breite der
isländischen Hauptstadt Reykjavik. In den darauffolgenden Stunden zog der Kern
des Tiefs HEDI unter leichter Abschwächung über Island hinweg, die Fronten
bewegten sich dabei ebenfalls weiter in Richtung Mitteleuropa. Am Abend
erreichte die Okklusion den Norden Frankreichs und sorgte auch dort für
einsetzende Regenfälle.
Bis 01 Uhr MEZ des 25.03. war das Tiefdruckgebiet HEDI
weiter bis über das Europäische Nordmeer gezogen, der Luftdruck war dabei
wieder leicht gefallen und betrug nun etwa 975 hPa. Die Okklusion verlief vom
Kern aus erst nach Südosten bis zur Küste Norwegens, wo ebenfalls Regen
eingesetzt hatte, bis nach Südengland. Von dort aus reichte die Warmfront über
die Bretagne, den Golf von Biskaya und den Nordwesten der Iberischen Halbinsel
bis westlich von Portugal, die Kaltfront beschrieb ca. 100 km weiter westlich
einen ähnlichen Verlauf. In der zweiten Nachthälfte des 25.03. regnete es in
einem Streifen von Island bis zum Westen Norwegens, über der Nordsee, den
Beneluxstaaten, Südengland und dem Norden Frankreichs. Im Laufe der Frühstunden
zogen diese Niederschlagsgebiete ostwärts beziehungsweise südostwärts weiter
und intensivierten sich besonders über dem Norden und der Mitte Frankreichs
nochmals. Auch der Westen Deutschlands wurde von den Regenfällen an der
Okklusion von Tief HEDI erfasst. Bis 07 Uhr MEZ wurden dabei innerhalb von 6
Stunden in Densborn in der Vulkaneifel
3,0 mm Niederschlag gemessen und an der Station Bielefeld-Deppendorf 2,8 mm.
Zudem waren im Zusammenhang mit dem Tief HEDI im walisischen Capel Curig im Zeitraum von 24
Stunden 23,6 mm Niederschlag gefallen, in High Wycombe
westlich von London 11,4 mm und im französischen Brest 9,5 mm. In Bergen in
Norwegen waren ebenfalls 15,2 mm Niederschlag gemessen worden und in Gufuskalar auf Island 7,4 mm. Das Tief HEDI war
mittlerweile komplett okkludiert. Im Laufe des Vormittags breiteten sich die
stärkeren Niederschläge über ganz Deutschland aus, wobei es in den
Mittelgebirgen anfangs noch schneite. Über dem westlichen Skandinavien hingegen
schwächten sich die Niederschläge ab, lediglich in einigen Fjorden im Stau des
Skandinavischen Gebirges kamen noch höhere Niederschlagssummen zusammen. Am
Vormittag waren über Deutschland die stärksten Niederschläge noch im Bereich
des Ruhrgebiets und der westlichen Mittelgebirge aufgetreten, zum Nachmittag
und Abend verlagerte sich der Schwerpunkt nach Baden-Württemberg und Bayern.
Die Okklusion über Frankreich, welche in der ersten Tageshälfte dort noch
einige Millimeter Niederschlag gebracht hatte, schwächte sich stark ab, ebenso
wie das Tief HEDI insgesamt. Der Luftdruck im Zentrum des Tiefdruckwirbels war
bis zum Abend um 19 Uhr MEZ auf etwas unter 985 hPa angestiegen. Am späten
Abend regnete es noch über dem südöstlichen Bayern und am Alpenrand kräftiger,
über den übrigen Gebieten Deutschlands ließen die Niederschläge langsam nach.
Auch im gesamten Ostseeumfeld, welches von der Okklusion überquert wurde,
regnete es, über dem nördlichen Schweden trat der Niederschlag auch
gebietsweise in Form von Schnee auf.
Bis 01 Uhr MEZ des 26.03.2016 war das Tiefdruckgebiet
HEDI nordostwärts in Richtung norwegischer Küste weitergezogen, hatte sich
dabei aber soweit abgeschwächt, dass kein eindeutiges Tiefdruckzentrum mehr
ausgemacht werden konnte. Die Okklusion verlief südlich an der
Nordatlantikinsel Jan Mayen vorbei in Richtung Nordnorwegen und von dort
südwärts entlang der schwedischen Ostseeküste und über Polen bis zum nördlichen
Balkan. Im südlichen Bereich der Okklusion verlagerten sich die stärksten Niederschläge
nach Österreich, ansonsten kam es noch über dem Norden Polens zu stärkeren
Regenfällen. Bis 07 Uhr MEZ wurden so in Freudenstadt im Schwarzwald im
Zeitraum von 24 Stunden 18,1 mm Niederschlag gemessen, an der Station Kaisersbach-Cronhütte 15,9 mm und in München 14,5 mm. Im
österreichischen Kufstein wurden sogar 22,0 mm registriert. Zusätzlich fielen
im norwegischen Takle 10,5 mm und Seljelia 12,0 mm.
In den darauffolgenden Stunden schwächte sich das Tief HEDI weiter stark ab und
löste sich infolgedessen zum Mittag des 26.03. auf und konnte nicht weiter
analysiert werden.
Insgesamt hatten die Fronten des Tiefs HEDI zwei Tage
lang für Regen und Schauer über West- und Mitteleuropa gesorgt, wobei vor allem
über Süddeutschland und dem nördlichen Alpenraum teilweise hohe
Niederschlagssummen gefallen waren.
Geschrieben am 09.06.2016 von Maximilian Steinbach
Berliner Wetterkarte: 25.03.2016
Pate: Ute Dauber