Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet HEIKE

(getauft am 26.11.2012)

 

Am 26.11.2012 bildete sich an der Vorderseite eines Troges, einem Kaltluftvorstoß nach Süden in ca. 5,5 km, im Bereich der Kaltfront von Tief GABRIELE im Bodenniveau eine Welle, die in der Prognose für den Folgetag auf den Namen HEIKE getauft wurde.

Am 27.11.2012 befand sich das Zentrum des Wirbels HEIKE mit einem Kerndruck von etwas unter 1010 hPa über Ibiza. Sein Frontensystem bestand aus einer Warmfront, die sich etwa bis Bern erstreckte und dort in die Kaltfront des Tiefs GABRIELE überging. Zudem wies Tief HEIKE eine Kaltfront auf, die in westlicher Richtung, südlich an der Meerenge von Gibraltar vorbei über den Atlantik verlief und südwestlich von Madeira endete. Im Laufe des Tages verlagerte sich die Zyklone HEIKE in nordöstlicher Richtung, wobei die über dem Mittelmeer aufgenommenen Wassermengen ergiebige und zum Teil gewittrige Niederschläge brachten. In Pisa fielen bis um 06 Uhr UTC, das entspricht 07 Uhr MEZ, des Folgetages 45 l/m² in 24 Stunden, im Stauungsgebiet der Alpen erreichte Mailand sogar 71 l/m².

Um 0 Uhr UTC des 28.11.2012 befand sich das Kerngebiet des Wirbels HEIKE mit einem Druck von nun nur noch rund 1000 hPa über Korsika. Sein Frontensystem war s-förmig, die Warmfront verlief vom Kern in nordöstlicher Richtung. Sie führte vorbei an Prag und ging bei Posen in die Kaltfront des Tiefs GABRIELE über. Die Kaltfront der Zyklone HEIKE überquerte Sardinien verlief dann weiter in südlicher Richtung über Tabarka in Tunesien und endete schließlich außerhalb des Analysegebietes der Berliner Wetterkarte über der Sahara. Entlang der Kaltfront kam es vermehrt zur Beobachtung von Gewittern, z.B. verzeichnete die Wetterstation von Annaba im Nordosten Algeriens im Zeitraum von 18 bis 21 Uhr UTC westlich der Station ein Gewitter als auftretendes Wetterleuchten ohne Donner, da das Gewitter die Station selbst nicht erreichte.

Das Tiefdruckgebiet HEIKE verstärkte sich weiterhin deutlich. Bis zum 29.11.2012 war der Kerndruck auf knapp unter 985 hPa gefallen. Zudem hatte sich neben dem ursprünglichen Kern über dem Golf von Genua ein zweiter Kern bei Venedig und dem Ostalpenraum ausgebildet. Vom ersten Kern über dem Golf von Genua verlief eine Okklusion bis zum zweiten Kern, bei dem sich auch der Okklusionspunkt befand. Eine Okklusion ist eine Mischfront aus Warm- und Kaltfront, die entsteht wenn die Kaltfront die voranlaufende Warmfront im Okklusionspunkt einholt. Sie vereint dabei die Eigenschaften von Warm- und Kaltfront. Vom Okklusionspunkt teilte sich die Okklusion in eine Warmfront, die in östlicher Richtung über Budapest bis zu den Karpaten reichte wo sie in die Kaltfront eines vorherigen Tiefs überging. Die Kaltfront des Wirbels HEIKE verlief in südlicher Richtung entlang der Adriaküste und ging zwischen Italien und Griechenland in die Warmfront eines weiteren Tiefs über. Einhergehend mit dem Sinken des Kerndruckes kam es zu einer Verstärkung des Luftdruckgradienten, einer Drängung der Isobaren, über Südfrankreich und den Pyrenäen. Die Wetterstation Cap Béar am Leuchtturm von Port-Vendres meldete anhaltende Windstärken von 77 Knoten, was 142 km/h, bzw. 12 Beaufort und somit Sturm über mehrere Stunden entspricht. Mit der Verlagerung des nördlichen Kerns des Tiefdrucksystems HEIKE wurde deutlich wärmere Luft bis nach Russland geführt, so stieg die Temperatur in Moskau auf -3°C, zuvor betrug die Temperatur um 15 Uhr UTC nur -8°C. Nördlich des Einflussbereiches des Tiefdruckkomplexes HEIKE lag die Temperatur deutlich tiefer, zum Beispiel in Kojnas mit -31°C. Im Grenzbereich dieser beiden Luftmassen kam es zu teils kräftigen Niederschlägen, in Moskau fielen beispielsweise 16 l/m² Regen, der in der Nacht zum Folgetag in Glatteisregen überging.

Bis zum 01.12.2012 blieb der südliche Wirbel, HEIKE II mit einem Kerndruck von etwas unter 1005 hPa, stationär über Korsika. Der Wirbel HEIKE I lag weiterhin über dem Baltikum, sein Zentrum erstreckte sich dabei von der Bucht von Riga nach Moskau. Der Kerndruck hatte sich wieder auf etwas unter 1005 hPa abgeschwächt. Sein mehrfach verzweigtes Frontensystem erstreckte sich dabei von Russland bis Griechenland. Im Mittelmeerraum sorgte das Tief HEIKE weiterhin für Gewitter, beispielsweise in Rom und auch in Palermo. In Rom fielen dabei in nur 3 Stunden 16 l/m² Niederschlag. In Moskau, im Bereich des Warmsektors zwischen Kalt- und Warmfront, stieg die Temperatur tagsüber auf Höchstwerte um 4°C, während Tallinn, welches im Bereich des Tiefzentrums lag, -11°C erreichte.

Auf der Rückseite des Tiefs HEIKE I wurde durch eine nördliche Strömung in den Morgenstunden des 02.12.2012 im norwegischen Ort Geilo eine Tiefsttemperatur von -31°C gemessen. Die beiden Zentren der Wirbel HEIKE I und HEIKE II schwächten sich weiterhin langsam ab und wiesen nun jeweils einen Druck von etwas unter 1010 hPa auf. Der Kern von HEIKE I befand sich dabei weiterhin über dem Baltikum, über der Bucht von Riga, während der Kern von Tief HEIKE II sich ein wenig südwärts verlagerte und über Sardinien lag. Das Frontensystem der Zyklone HEIKE I bestand aus einer vom Kern bis nach St. Petersburg reichenden Okklusion, die sich dort aufspaltete. Zum einen, in eine nach Osten verlaufende Warmfront, und eine einen engen Bogen über Polen beschreibende Kaltfront, die über der Ostsee nördlich von Stettin in die Warmfront eines unbenannten Tiefs überging. Tief HEIKE II wies dagegen eine Front auf, die in nordöstliche Richtung reichte und dabei immer wieder ihren Charakter zwischen Okklusion, Warm- und Kaltfront wechselte, ehe sie südwestlich von Perm, über dem Vorland des Urals, in die Warmfront des Wirbels HEIKE I überging. Dies bescherte Russland einen ausgeprägten Temperaturgradienten. Während in Moskau bei leichtem Nieselregen +4°C gemessen wurden, betrug die Tageshöchsttemperatur in St. Petersburg lediglich -8°C.

Aufgrund der voranschreitenden Abschwächung wurde das Tiefdrucksystem HEIKE im weiteren Verlauf von dem nachfolgenden Tief IRIS und Hoch PENG verdrängt, wodurch es nicht weiter auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden konnte.

 

Geschrieben am 29.01.2012 von Patrick Ilmer

Berliner Wetterkarte : 29.11.2012

Pate: Heike Herrmann