Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
HEINI
(getauft
am 16.11.2015)
In dem Gebiet um Neufundland und Grönland
entstehen häufig Tiefdrucksysteme, da dort kalte Luftmassen arktischen
Ursprungs auf die durch den Golfstrom erwärmten Luftmassen treffen. Die Druckunterschiede
werden in den mittleren Breiten unter anderem durch die Bildung von
Tiefdruckwirbeln aufgehoben.
Die Frontalzone, eine Übergangszone
zwischen zwei unterschiedlichen Luftmassen, verlief stark gebündelt von
Nordamerika, dem Nordatlantik bis über Mitteleuropa hinweg nach Osteuropa. Rückseitig
des ehemaligen tropischen Wirbelsturms KATE und innerhalb der Frontalzone entstand
über der Nordostküste der Vereinigten Staaten ein kräftiger Tiefdruckwirbel,
welcher sich der Höhenströmung folgend weiter nach Osten verlagerte und am
15.11.2015 über Neufundland lag. Am Folgetag um 01 Uhr MEZ befand sich das
okkludierte Tiefdrucksystem weiter östlich von Neufundland. Dessen Okklusion,
eine Mischfront, welche die Eigenschaften einer Warm- und Kaltfront vereint,
verlief bis zu einem weiter südöstlich gelegenen Kern. Okklusionsfronten
entstehen, wenn die schneller ziehende Kaltfront die Warmfront einholt. Da das
Tiefdrucksystem Einfluss auf das Wetter Mitteleuropas nehmen sollte, wurde der südöstliche
Kern des Systems am 16.11. auf den Namen HEINI getauft. Vom Zentrum des zukünftigen
Sturmtiefs HEINI, in dem ein Kerndruck von etwa 1000 hPa herrschte, verlief die
Okklusion, welche den Kern mit dem Zentrum weiter nordwestlich verband, weiter
nach Südosten und spaltete sich dann in eine kurze nach Südosten reichende
Warmfront und eine weiter westlich gelegene Kaltfront auf, welche in einem
Bogen weiter nach Südwesten verlief und sich mit der Warmfront eines
unbenannten, nachfolgenden Tiefs verband.
Zum 17.11. verlagerte sich das Sturmtief
HEINI in der zonalen Westströmung rasch ostwärts und verstärkte sich auf unter
985 hPa. Dessen Okklusion verlief bis zum Okklusionspunkt über der Breite von
Brüssel. Von dort verlief eine Kaltfront, welche teilweise nur in der Höhe erkennbar
war, in einem Bogen weit hinaus über den Atlantik aus dem Analysebereich der
Berliner Wetterkarte. Die Warmfront verlief bogenförmig nach Südsüdosten.
Nördlich des Wirbels HEINI verlief eine Luftmassengrenze, welche sich mit dem
Wirbel ex-KATE nördlich von Schottland verband. Im
Tagesverlauf verlagerte sich die Zyklone HEINI weiter rasch nach Osten und
griff mit ihren Niederschlägen auf Frankreich und England über. Das Tief HEINI traf
Großbritannien mit voller Orkanstärke bei Böen bis Windstärke 11. Das Windfeld
erreichte in den Nachtstunden auch Deutschland, so dass auf dem Brocken um 23
Uhr MEZ 162 km/h registriert werden konnten. Auf der 1493 m hohen Station am
Feldberg wurden 101 km/h gemessen. Auch auf der Wasserkuppe und an der
Nordseeküste wurden orkanartige Böen mit mehr als 100 km/h gemessen. Im
Tiefland wurden Böen noch bis Windstärke 10 verzeichnet. Neben der milden
Witterung mit Temperaturen um 16°C fielen gebietsweise intensive Niederschläge.
Bis zum Morgen des Folgetages fielen im thüringischen Neuhaus am Rennweg
innerhalb von 24 Stunden 39 l/m². Auch in der Eifel und dem westlichen
Niedersachsen fielen die Niederschläge recht ergiebig aus. Dort wurden bis zu
22 l/m² wie in Schneifelforsthaus oder Meppen
gemessen.
Am 18.11. um 01 Uhr MEZ lag das Zentrum des
Tiefdruckgebietes HEINI knapp vor der Westküste Dänemarks. Der Kerndruck lag
bei unter 990 hPa. Seine Okklusion erstreckte sich von der zentralen Nordsee
bis zum Okklusionspunkt bei Dänemark. Die Warmfront verlief über Südschweden,
der Ostsee, Polen bis über die österreichischen Alpen. Die weiter westlich
gelegene Kaltfront verlief quer über Deutschland und Frankreich nach Südwesten
und ging über dem Atlantik in eine Warmfront über. In Dänemark und Südschweden
summierten sich die 24-stündigen Niederschläge bis zum Abendtermin um 19 Uhr MEZ
bis auf 18 l/m², wie in Billund/Lufthavn. In Malmö
und Helsingborg wurden jeweils 16 l/m² registriert. Die Höchsttemperaturen erreichten
in der eingeflossenen maritimen Polarluft bis zu milde 12°C, wie im dänischen
Odensee. Zum Abend setzte stürmischer Wind mit Spitzenböen der Stärke 9 ein. In
Norddeutschland wurden an der Station Alte Weser Leuchtturm sogar 115 km/h
gemessen. An der Ostsee kam es in exponierten Lagen sogar zu Orkanböen von bis
zu 137 km/h, wie in Dornbusch auf Hiddensee. Auf dem Brocken wurde eine
Spitzenböe von 170 km/h gemessen, auf dem Fichtelberg 137 km/h sowie auf dem schweizerischen
Säntis 120 km/h. Auch in Berlin und Brandenburg wurden verbreitet schwere
Sturmböen registriert. In Berlin-Dahlem lag die höchste Böe bei 83 km/h,
Schönefeld meldete 91 km/h und Potsdam sogar 101 km/h. In Frankreich wurden nur
im äußersten Nordosten Böen über 100 km/h gemessen. Im Tagesverlauf zog das
Sturmfeld weiter nach Polen, so dass dort auch sehr hohe Böen gemeldet wurden,
während sich zum Nachmittag in Deutschland der Wind legte. In Polen wurden
Spitzen der Windstärke 10 registriert, wie in Elbing.
Auch in Tschechien und der Slowakei wurde es schwer stürmisch mit Böen bis 133
km/h in Chopok oder 108 km/h in Lysa
Hora. Die größten Niederschlagssummen wurden aus Nord- und Mitteldeutschland
gemeldet mit 17 l/m² in Quickborn, 20 l/m² aus Meppen und Braunlage, auf dem
Brocken fielen 19 l/m² und Trollenhagen sowie Rostock
meldeten 10 l/m² bis 19 Uhr MEZ für einen Beobachtungszeitraum von 24 Stunden. Im
Süden Deutschlands und in der Schweiz dagegen schien längere Zeit die Sonne, in
Oberbayern sogar bis zu 9 Stunden lang. So stiegen dort die Höchstwerte der
Temperatur bis auf 19°C in Garmisch-Partenkirchen, meist wurden jedoch
Höchsttemperaturen mit 16 bis 17°C gemessen. An der Nord- und Ostseeküste
stiegen die Temperaturen bei starker Bewölkung nur auf Werte um 11 bis 12°C. Somit
war es auch dort für diese Jahreszeit zu mild.
Im weiteren Verlauf verlagerte sich das
Sturmtief HEINI mit seinem Kern von Dänemark bis nach Estland. Damit legte die
Zyklone HEINI innerhalb von einem Tag 1200 km zurück. Das entspricht einer
durchschnittlichen Geschwindigkeit von 50 km/h. Der Kerndruck blieb unverändert
bei etwa 990 hPa. Dessen Okklusion erstreckte sich über Weißrussland und
verlief bogenförmig über den Raum St. Petersburg weiter gen Süden bis zum
Schwarzen Meer und endete über Griechenland. Dem Tief voran verlief eine
Warmfront. An der Okklusion des Wirbels HEINI fielen in Osteuropa weitere
Niederschläge. Die 12-stündigen Niederschläge summierten sich bis 19 Uhr MEZ
auf 5 l/m² in Tallinn, 4 l/m² in Riga, 11 l/m² in Laukuva
in Litauen und 7 l/m² in Wilna. In Weißrussland fielen im gleichen Zeitraum bis
zu 8 l/m², in der Ukraine nur im äußersten Süden noch 2 l/m², sonst fielen die
Summen geringer aus. Der Wind ließ im Einflussbereich der Zyklone HEINI nach,
so dass nur noch Spitzenböen der Stärke 7 registriert werden konnten, wie 58
km/h in Kaliningrad.
Im Tageslauf des löste sich das
Tiefdruckgebiet HEINI über dem Nordwesten Russlands weitestgehend auf und wurde
daher auf der Berliner Wetterkarte am Folgetag namentlich nicht weiter
aufgeführt.
Geschrieben
am 22.11.2015 von Natja Bublitz
Berliner
Wetterkarte: 18.11.2015
Pate:
Heini Wernli