Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet HELENA

(getauft am 26.09.2018)

 

Am Abend des 26.09.2018 entwickelte sich westlich von Schottland ein Tief, das an einer Wellenstörung auf der Rückseite des Tiefdruckkomplexes GERTRAUD entstand. Da das neu entstandene Tief entlang des zonalen Grundstromes in ca. 5,5 km Höhe weiter ostwärts ziehen sollte, war eine Einflussnahme auf das Wettergeschehen in Europa absehbar. So wurde das Tiefdruckgebiet in der Prognose  für den 27.09. auf den Namen HELENA getauft.

Die Zyklone HELENA befand sich am 27.09. um 02 Uhr MESZ mit einem Kerndruck von ca. 1018 hPa über Schottland. Dies ist ein vergleichsweise hoher Druck, da der durchschnittliche Luftdruck auf Meeresspiegelniveau bei etwa 1013 hPa liegt. Tief HELENA war Teil einer Zyklonenfamilie, also mehreren Tiefdruckgebieten, welche über ein ausgedehntes Frontensystem miteinander verknüpft waren. Östlich befand sich das steuernde Tief GERTRAUD über Finnland und im Westen gehörte der ehemalige Hurrikan ex-LESLIE dazu. Vom Zentrum des Wirbels HELENA führte eine Warmfront nach Osten, welche die Nordsee überquerte und über Dänemark in die Kaltfront des Tiefs GERTRAUD überging. Die eigene Kaltfront des Tiefs HELENA war nach Südwesten gerichtet, wobei sie über dem Atlantischen Ozean in eine Warmfront des ehemaligen Hurrikans mündete. Warm- und Kaltfront bezeichnen hierbei die Grenze zwischen zwei unterschiedlich temperierten Luftmassen, die sich durch die Drehung gegen den Uhrzeigersinn eines Tiefdruckgebietes vorwärtsbewegen. Durch die schwache Ausprägung des Wirbels HELENA waren die registrierten Niederschlagsmengen im Vergleich zu anderen Tiefdruckgebieten wie das vorherige Tief GERTRAUD eher gering. Im Norden Großbritanniens fielen im zehnstündigen Intervall 9 mm Regen an der Station Aultbea und in Loch Glascarnoch 14 mm. An der Westküste Norwegens wurden am Morgen des 27.09 ebenfalls größere Regenmassen festgestellt, diese wurden aber nicht direkt durch einen Frontdurchgang hervorgerufen. Hierbei ist die Rotationsbewegung von Tiefdruckgebieten auf der Nordhalbkugel entscheidend. Dadurch wird warme und feuchte Luft auf der Ostseite nach Norden transportiert und musste an den Bergen Norwegens aufsteigen, wobei es zu Wolkenbildung und Niederschlag kam. In Fossmork wurden z.B. 24 mm Regen im genannten Zeitraum gemessen und in Furuneset über den gesamten Tag 36 mm. Zudem gab es vor allem in Schottland Windböen mit Orkanstärke. Um 10 Uhr MESZ wurde auf der Bergkette Cairngorms eine Windgeschwindigkeit von knapp 150 km/h erreicht, also deutlich über dem Mindestwert von Orkanböen mit 118 km/h. Die höchste gemessene Windböe dieser Station stammt aus dem Jahr 1984 mit einer Geschwindigkeit von 284 km/h. An der Südwestküste Norwegens war es dagegen ruhiger und die 100 km/h Marke wurde nicht übertroffen. Trotzdem stürmte es vereinzelt, z.B. in Eigerøya mit 98 km/h gegen 22 Uhr MESZ. Außerdem gab es im Tagesverlauf aufgrund des Frontendurchganges bedeutende Temperatureinbrüche. So beispielsweise auf dem knapp 1000 m hohen Berg Cairnwall in Schottland. Dort erreichte die Temperatur mit 7,8°C seinen Höchstwert bereits um 12 Uhr MESZ. Im Normalfall steigt die Temperatur am frühen Nachmittag noch an, durch die Kaltfront sank die Temperatur bis 15 Uhr MESZ allerdings auf 2,8°C.

Am nächsten Tag hatte sich Wirbel HELENA mit beachtlicher Geschwindigkeit, verursacht durch die starke Westströmung, bis 02 Uhr MESZ bis über Riga verlagert. Außerdem hatte sich die Zyklone deutlich intensiviert bzw. war der Kerndruck um rund 15 hPa auf unter 1000 hPa gesunken. Vom Kern aus verlief eine kurze Okklusion etwa 200 km in westliche Richtung. Diese wird auch als Mischfront bezeichnet und es handelt sich dabei um den Zusammenschluss von Warm- und Kaltfront, welcher die Eigenschaften beider Typen aufweist. Die Mischfront kann nur entstehen, weil die Kaltfront schneller vorwärtszieht als die Warmfront und diese nach einiger Zeit einholt. Der Punkt, an dem sich beide Fronten treffen, wird als Okklusionspunkt bezeichnet. Die Warmfront verlief nun am 28.09. vom Okklusionspunkt in südliche Richtung bis südlich von Minsk. Die Kaltfront erstreckte sich nach Südwesten über Hamburg, Amsterdam und London. Über dem Atlantik mündete sie wie bereits am Vortag in die Warmfront des Tiefs ex-LESLIE. Die Kaltfront erreichte in den Morgenstunden Deutschland, wobei sie nicht genug Feuchtigkeit mitbrachte, um für den dringend benötigten Niederschlag zu sorgen. Es wurde zwar verbreitet Niederschlag registriert, dieser lag aber in vielen Teilen leider bei kaum messbaren Werten. Der Pegelstand vom Rhein hatte zu dem Zeitpunkt fast den Rekord von 2003 erreicht und sank Anfang Oktober noch weiter. Im Kernbereich der Zyklone HELENA waren die Niederschlagswerte deutlich höher. Viljandi maß insgesamt 36 mm an Niederschlag, ansonsten gab es auch besipielsweise in Virtsu 26 mm Regen. Auffallend war zudem die Temperaturkurve vom 27.09. tagsüber bis 16 Uhr MESZ des 28.09. In Berlin-Dahlem fiel die Temperatur in diesem Zeitraum von 23°C auf 16°C. In anderen Gebieten kühlte sich die Luft sogar um 12 K ab wie z.B. in Saalfeld von 24°C auf 12°C.

Am Samstag, den 29.09. um 02 Uhr MESZ befand sich das Tiefdruckgebiet HELENA über der russischen Oblast Kirow. Der Kerndruck hatte sich nochmals um 5 hPa verringert und somit auf unter 995 hPa verstärkt. Die Mischfront verlief in einem leicht konvexen Bogen nach Südwesten und erstreckte sich über Kiew, Budapest, Südtirol und Bordeaux bis über die Biskaya. Vielerorts traten leichte Regenschauer mit 2 bis 8 mm Niederschlag auf, dabei konnten im mazedonischen Dorf Bučin 13 mm Regen verzeichnet werden. Zudem gab es erneut eine starke Abkühlung durch die Kaltfront, welche sich von Deutschland nach Südosteuropa verlagerte. Ein Beispiel ist die Station Eber im Südosten Tschechiens, bei welcher die Tageshöchsttemperatur von 21°C vom Vortag auf 15°C am 29.09. fiel. Den größten Temperatursprung gab es in der Niederen Tatra auf dem rund 2000 m hohem Chopok. Dort fiel die Temperatur von 9°C auf -3°C. Im Südwesten Russlands und im Zentrum gab es an den Fronten auch etwas Niederschlag. Südwestlich von Woronesch fielen über den Tag ca. 13 mm Regen, nordöstlicher vereinzelt auch zweistellige Werte wie in Biser mit 16 mm.

Über dem russischen Festland schwächte sich der Westwind ab, sodass sich die Fortbewegungsgeschwindigkeit von Zyklone HELENA ebenfalls verringerte. Der Wirbel bis zum 30.09. wieder etwas abgeschwächt und befand sich mit einem Kerndruck von knapp 1000 hPa um 02 Uhr MESZ 300 km südöstlich von Workuta. Die Okklusionsfront verlief in konvexem Bogen nach Süden und ging südlich von Tobolks in die Warmfront eines unbenannten Tiefs südlich von Perm über. Das verursachte Wettergeschehen war mittlerweile meist auf Regionen im tiefen Russland begrenzt. In Kogalyn beispielsweise fielen ganztägig 33 mm Regen, und an den Stationen Dalym und Dem Janskoe waren es 27 mm und 23 mm.

Bis zum nächsten Tag verlagerte sich das Tief HELENA noch weiter ostwärts und verschwand damit aus dem Analysebereich der Berliner Wetterkarte.