Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet HELGA
(getauft 14.01.2014)
Am
14.01.2014 wurde ein Tiefdruckgebiet auf den Namen HELGA getauft, welches sich
bereits in den Tagen zuvor von der Nordwestküste Nordamerikas über den
Nordatlantik verlagerte und sich an seinem Tauftag um 01 Uhr MEZ rund 800 km
südöstlich der Südspitze Grönlands befand.
Bei
einem Kerndruck von etwa 975 hPa besaß das Tief HELGA eine vom Zentrum
ausgehende und nach Südwesten weisende Okklusionsfront, die bis über
Neufundland reichte. Eine Okklusion ist dabei ein Frontentyp, der sowohl Warm-
wie auch Kaltfronteigenschaften aufweist. Knapp östlich des Zentrums befand
sich der sogenannte Okklusionspunkt, an welchem sich die Okklusion in Warm- und
Kaltfront aufspaltet. Die Warmfront verlief bis kurz vor die Nordwestküste
Spaniens, während sich die mehrere Tausend Kilometer lange Kaltfront in
Richtung Südwesten bis über den Westatlantik erstreckte.
Bis
zur darauffolgenden Nacht entwickelte sich in einer Höhe von 5,5 km ein
ausgeprägter und steuernder Höhenwirbel, wodurch am Boden die Zyklone HELGA,
dessen Bewegung folgend, unter Verstärkung nach Osten zog und nun einen
Kerndruck von 965 hPa aufwies. Das Zentrum des Tiefs befand sich derweil ca.
700 km südlich von Island auf der Länge von Reykjavik über dem Nordatlantik. Zu
dem Tief HELGA gehörte ein weitreichendes Frontensystem, welches vor allem das
Wetter auf den Britischen Inseln und in Westeuropa beeinflusste. So fielen bis 07
Uhr MEZ innerhalb von 24 Stunden im irischen Shannon 8 l/m², in Valentia 12
l/m² und im dänischen Skagen sogar 35 l/m² Regen. Der
Wind erreichte dabei besonders zum Abend hin verbreitet Orkanstärke. In
Thorshavn auf den Färöer wurden bis zu 49 m/s, also 176 km/h, gemessen. Zum
Nachmittag und Abend verlagerte sich das Niederschlagsgebiet auch bis nach
Deutschland und brachte dabei leichten Sprühregen und Regen mit sich, welcher
in den Niederungen im Osten auch teils mit Schnee oder Schneegriesel durchsetzt
war. Während bis 07 Uhr MEZ des darauffolgenden Tages im Westen Deutschlands
nur rund 1 bis 5 l/m² Niederschlag zusammen kamen, wurden bis zum selben
Zeitpunkt in der Deutschen Bucht 12-stündige Mengen von 11 bis 12 l/m²
registriert.
Der
Höhenwirbel in der mittleren Atmosphäre verlagerte sich bis zum 16.01. leicht
in Richtung Osten. Dieser Bewegung folgend befand sich das Bodentief HELGA mit
seinem Zentrum um 01 Uhr MEZ nun etwa 200 km vor der Westküste Irlands. Der
Kerndruck betrug zu diesem Zeitpunkt ca. 975 hPa und schwächte sich somit
leicht ab. Vom Kern ging eine bogenförmige Okklusion aus, die in nördlicher
Richtung über die Färöer-Inseln bis über den Nordosten Englands verlief, wo sie
sich in eine Warm- und eine Kaltfront aufspaltete. Die Warmfront wies nach
Süden und reichte bis über Bilbao und die Kaltfront erstreckte sich über den
Südwesten Englands und der westlichen Biskaya bis weit über den zentralen
Nordatlantik. Im Bereich zwischen dem Tief HELGA und dem Hoch BENJAMIN über dem
Norden Skandinaviens kam es aufgrund des Drehsinns der beiden Druckgebiete zu
abermals sehr hohen Windgeschwindigkeiten über der Nordsee und in Dänemark.
Auch an diesem Tag wurde in Thorshavn und Aalborg mit
Spitzenböen von 155 km/h und im ostdänischen Hals mit 170 km/h Orkanstärke
erreicht. Beim Durchzug des Frontensystems fielen vor allem im Westen Europas
nennenswerte Niederschlagsmengen mit 9 l/m² in Plymouth und Stornoway, 10 l/m²
in Valentia, 11 l/m² in Glasgow und 12 l/m² in Bournemouth. In Deutschland
kamen hingegen verbreitet nur 1 bis 4 l/m² Regen oder Schneeregen zusammen.
Lediglich im Norden wurden mit beispielsweise 11 l/m² in Helgoland und 12 l/m²
in Bremerhaven bzw. Emden ähnliche Werte wie in Westeuropa registriert. Durch
die hinter der Warmfront herangeführte maritime Subtropikluft stiegen auch die
Tagesmaxima in Deutschland an. In Nürburg-Barweiler
wurde an diesem Tag mit 5,4°C eine um 3,7 Grad höhere Tageshöchsttemperatur
ermittelt als noch am Tag zuvor. Im nordrhein-westfälischen Ahaus stieg die
Maximaltemperatur von 5,3°C am Vortag auf nun 9,5°C an.
Bis
zum 17.01. bildete sich ein zweiter Tiefdruckkern aus, wodurch der
Tiefdruckkomplex HELGA nun aus einem nördlichen Zentrum über dem Seegebiet
zwischen den Britischen Inseln und Island, welches einen Druck von rund 985 hPa
aufwies und einem südlichen Zentrum über dem Osten Irlands bestand, das einen
Kerndruck von ca. 980 hPa besaß. Dabei gingen vom nördlichen Kern des Tiefs
HELGA zwei Okklusionsfronten aus. Eine verlief nach Nordwesten bis über die
Danmarkstraße, die andere wies in einem Bogen nach Osten und führte über die Nordsee,
Südnorwegen, Dänemark und die Ostsee bis über den Nordwesten Deutschlands, wo
sich der Okklusionspunkt befand. Von diesem erstreckte sich einerseits eine
Warmfront nach Südosten bis über die westliche Ukraine und andererseits eine
Kaltfront nach Südwesten bis über Baden-Württemberg. Dem südlichen Kern der
Zyklone HELGA konnte hierbei kein Frontensystem zugeordnet werden. In der
vorangegangenen Nacht fiel die Temperatur aufgrund der eingeflossenen maritimen
Subpolarluft vor allem bei Aufklaren im Osten und Süden Deutschlands unter die
0°C-Grenze, wodurch gebietsweise leichter Frost beobachtet wurde. In
Doberlug-Kirchhain wurde eine Minimaltemperatur von -2°C gemessen, im Allgäu
sank die Temperatur bis auf -5°C herab. Bis zum Morgen wurden dabei weitreichend
einstellige Niederschlagsmengen registriert. Nur im Norden und an den Küsten
wurden höhere 24-stündige Werte mit beispielsweise 12 l/m² in List auf Sylt und
in St. Peter-Ording sowie 11 l/m² in Schleswig und Boltenhagen gemessen.
Außerhalb Deutschlands wurden ebenfalls nennenswerte Niederschlagsmengen
gemeldet. In England, welches sich in der Nähe des südlichen Zentrums des
Tiefdrucksystems HELGA befand, fielen bis 07 Uhr MEZ dieses Tages in
Bournemouth 16 l/m² und in Plymouth bzw. am Flughafen London-Heathrow 11 l/m²
Regen. Im dänischen Skagen erreichte der Wind
außerdem mit maximal 155 km/h abermals Orkanstärke. Hinzukommend wurden hier
24-stündig 8 l/m² Regen registriert.
Im
weiteren Verlauf bildete sich auch in der Höhe ein zweites steuerndes Höhentief
über der Grönlandsee aus. Das Tiefdrucksystem HELGA am Boden verlagerte sich
ohne weitere Verstärkung derweil nach Nordwesten. Vom nördlichen Zentrum rund
200 km westlich von Island verlief eine Höhenokklusion nach Südosten, welche im
Bodenniveau als Warmfront analysiert wurde und nach der Überquerung der
Nordsee, Dänemarks und dem Nordosten Deutschlands über dem deutsch-polnischen
Grenzgebiet in das Frontensystem eines unbenannten Tiefs über der westlichen
Ukraine überging. Eine Höhenfront stellt dabei einen Frontentyp dar, dessen
Eigenschaften nur in der Höhe und nicht am Boden analysiert werden können. Über
Norddeutschland wurden infolge des Frontdurchzugs bis 07 Uhr MEZ zumeist
24-stündige Niederschlagsmengen von 2 bis 3 l/m² gemessen. Maximal fielen dabei
5 l/m² in Schleswig.
In
der folgenden Nacht verlagerten sich die beiden Tiefdruckzentren ein wenig nach
Südosten. Der wetterwirksamere der beiden Kerne mit Lage knapp nordwestlich der
Britischen Inseln brachte durch seine langgezogene Okklusion mit Verlauf über
Schottland, Ostengland, Frankreich bis weit über das Landesinnere Algeriens
verbreitet Niederschlagsmengen von mehr als 30 l/m² innerhalb von 24 Stunden.
Vor allem im Süden Frankreich wurden beachtliche Werte registriert. Bis 07 Uhr
MEZ am 19.01. fielen in Nizza 32,3 l/m², in Hyeres
44,9 l/m² und in Le Luc sogar 86,2 l/m² Regen. Etwas weiter im Binnenland
wurden im selben Zeitraum 43,3 l/m² in Nimes, 44,8
l/m² in Montelimar und 58,6 l/m² in Aubenas gemessen. Bis 13 Uhr MEZ kamen in Le Luc nochmals
27 l/m² Regen hinzu. In St. Auban-sur-Durance und auf
dem Mont Aigoual kamen in nur 6 Stunden 37 bzw. 32
l/m² zusammen, wobei auf dem Mont Aigoual der
Niederschlag teils in Schnee überging.
Das
zum Bodenwirbel HELGA zugehörige Höhentief schwächte sich bis zum 20.01. ab und
wies auch nur noch ein Zentrum auf. Auch am Boden konnte nur ein Tiefdruckkern
der Zyklone HELGA zugeordnet werden, welcher sich um 01 Uhr MEZ etwa 100 km
südlich von Island befand. Der Kerndruck betrug zu diesem Zeitpunkt ca. 990
hPa. Nach Nordwesten ging vom Zentrum eine kurze Okklusion aus, die über
Westisland bis zur Grönlandsee reichte. Nach Südwesten erstreckte sich eine
weitere Okklusionsfront über Schottland, die Nordsee, Belgien bis über
Nordfrankreich, wo sie zunächst Warmfront- und über den Westalpen
Kaltfrontcharakter annahm, bevor sich diese nordöstlich von Marseille mit der
Warmfront des Tiefs ILONA verband. In Lyon fielen dabei bis
07 Uhr MEZ 12 l/m² Regen innerhalb von 24 Stunden. Im selben Zeitraum wurden in
Clermont-Ferrand 18 l/m² gemessen.
Dies
war gleichzeitig der letzte Tag, an welchem das Tief HELGA auf der Berliner
Wetterkarte analysiert werden konnte. Bis zum Folgetag wurde der Wirbel HELGA
in die Zirkulation eines nachfolgenden, unbenannten Tiefs über dem
nordöstlichen Nordatlantik aufgenommen.
Geschrieben von Sebastian Wölk
Berliner Wetterkarte: 15.01.2014
Pate: Helga Wendt