Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet HELGA

(getauft am 24.01.2012)

 

Über dem Westatlantik bildete sich ein auch in der Höhe von ca. 5,5 km stark ausgeprägtes Tiefdruckgebiet, das sich in den folgenden Tagen unter Verstärkung ostwärts verlagerte. Am 24.01.12 wurde der Wirbel, der mit seinem Kern südlich von Grönland lag, mit einem Druck von etwa 980 hPa auf den Namen HELGA getauft.

Zu diesem Zeitpunkt waren seine Fronten teilweise okkludiert, d.h. sie verbanden die Eigenschaften einer Warm- und Kaltfront. Die Okklusion lag vor der isländischen Westküste und brachte dort bei leichtem Dauerfrost starken Schneefall. Südlich von Island, westlich der Nordküste Schottlands, teilte sie sich in eine Warmfront, die die irische Westküste erreichte und dort bei zweistelligen Plusgraden leichten Regen brachte und in eine Kaltfront, die über dem Atlantik lag.

Bis zum 25.01. hatte sich die Zyklone in drei Zentren geteilt. Der gesamte Tiefdruckkomplex lag südöstlich von Grönland und südwestlich von Island, wobei die drei Zentren die Form eines Dreiecks bildeten. In diesem gedachten Dreieck lag das Tief HELGA I mit einem Kerndruck von etwa 989 hPa an der südwestlichen Spitze des Dreiecks über dem Atlantik, südlich der grönländischen Stadt Angmagssalik und auf der Breite der schottischen Nordspitze. Seine Front war komplett okkludiert und verband sich mit der Okklusion des zweiten Wirbels an der gedachten Nordspitze des Dreiecks. Dieses Zentrum lag mit ca. 980 hPa knapp westlich von Island. Über der Ostküste Islands teilte sich die Okklusion in eine Warmfront, die über dem Nordmeer lag, und eine weitere Okklusion, die sich bei Edinburgh in eine Warmfront und eine sehr kurze Kaltfront teilte. Die Warmfront reichte über die Nordsee und Belgien bis nach Südfrankreich. Der Wirbel HELGA III lag bei gleichem Druck mit seinem Kern über der Südküste Islands und war somit die östliche Spitze des gedachten Dreiecks. Seine Okklusion lag über dem Atlantik und spaltete sich westlich der Nordküste Schottlands in eine Warmfront, die bis nach Nordschottland reichte und eine Kaltfront, die westlich von Irland verlief und bis westlich der Azoren über den Atlantik verlief. Im Bereich der Warmfront gab es in Schottland bei Höchstwerten im zweistelligen Plusbereich teils starken Regen, mit maximal 19,2 mm in Skye/Lysa. Mit Durchzug der Kaltfront ging die Temperatur in Irland teilweise deutlich zurück. Während die Temperatur um 6 Uhr noch bei 10 bis 11°C lag, war sie um 18 Uhr auf durchschnittlich 4°C gefallen.

Da über Russland das Hochdruckgebiet COOPER stark ausgeprägt war, konnte sich das Tiefdrucksystem mit seinen drei Zentren im weiteren Verlauf nur wenig nordöstlich verlagern. Auf der Vorderseite des Systems nahm aufgrund der zunehmenden Drängung der Isobaren, also Linien gleichen Drucks, die Windstärke zu. So wurden in Norwegen in Lista Fyr um 6 Uhr Böen bis 115 km/h gemessen, dies entspricht der Windstärke 11, also orkanartigem Sturm. Im Laufe des Tages nahm der Wind jedoch wieder ab. Während die Zyklone HELGA I mittlerweile mit einem Kerndruck von etwas unter 980 hPa südwestlich von Island lag, war der zweite Kern unter leichter Druckvertiefung über Island hinweg gezogen und lag an diesem Tag mit knapp 980 hPa über der Nordostküste Islands. Das Tief HELGA III lag bei einem Kerndruck von ca. 985 hPa nördlich von Schottland, östlich von Island über dem Europäischen Nordmeer. Wie die Tiefzentren waren auch die Frontensysteme nur wenig ostwärts vorangekommen, allerdings erreichte der Regen nun auch Westdeutschland.

Am 27.01. war das Zentrum HELGA I südostwärts gezogen und lag nun zwischen Island und Irland. Bei einem Kerndruck von ca. 998 hPa hatte es keine Fronten mehr und war daher wetterunwirksam. Der Wirbel HELGA II lag mit seinem Kern bei einem Kerndruck von etwa 990 hPa über Jan Mayen. Seine vollständig okkludierte Front lag über dem Atlantik, hatte also keinen Einfluss auf das Europäische Wetter. Seine vorgelagerte Warmfront reichte von Spitzbergen bis zum Nordmeer und brachte dort bei Temperaturen im leichten Frostbereich Schnee. Bei Niederschlagsmengen von 20,6 mm in Ny Alesund II wuchs dort die Schneemenge auf 22 cm an. Der dritte Wirbel hatte sich nur wenig südostwärts verlagert. Auch seine Front war komplett okkludiert und reichte über die Nordsee und Westdeutschland, sowie Ostfrankreich bis nach Spanien. Während die Tiefsttemperatur in Norddeutschland bei Werten um -3°C lag, gab es im Süden eine deutliche Frostabschwächung. Während am Vortag in Garmisch-Partenkirchen um 6 Uhr noch -10,9°C gemessen wurden, lag die Temperatur zum selben Zeitpunkt nun bei -2,9°C. Das Niederschlagsgebiet zog weiter ostwärts und erreichte nun auch den Osten Deutschlands. Während der Niederschlag im Westen noch meist als Regen fiel ging er nach Osten hin immer mehr in Schnee über. Dabei fielen zum Beispiel in Wiesenburg 3 cm Neuschnee.

Am 28.01. hatte sich die Zyklone HELGA I nur wenig ostwärts verlagert. Sie hatte sich zwar weiter auf einen Kerndruck von etwa 1020 hPa abgeschwächt, aber nochmals eine komplett okkludierte Front entwickelt, die von der Westküste Norwegens über Dänemark, Ostdeutschland, bis über den Golf von Genua reichte. Dabei trennte sie milde subpolare Meeresluft im Westen Deutschlands von kontinentaler Kaltluft im Osten. Dadurch kam es in Deutschland zu einem starken Temperaturgefälle von West nach Ost. Während die Temperatur in Lahr auf +5,3°C steig wurden in Feldberg maximal -5,1°C erreicht, hier herrschte also wie auch im übrigen Osten Deutschlands ein Eistag. Im Bereich der Front kam es verbreitet zu Niederschlägen, in Ostdeutschland auch tagsüber in Form von Schnee, im Westen ging der Regen erst in der Nacht in Schnee über. Auch in Berlin gab es nun die erste messbare Schneedecke von 1 cm. In Leipzig/Halle wurden sogar 10 cm Neuschnee gemessen. Auch in den Alpen nahm die Schneedecke im Laufe des Tages um durchschnittlich 4 cm zu und erhöhte sich somit auf 132 cm auf dem Feldberg und sogar auf 460 cm auf der Zugspitze. Im Harz lagen auf dem Brocken 175 cm Schnee.

Der Wirbel HELGA II hatte sich, während er mit seinem Zentrum nördlich von Spitzbergen gezogen war, weiter abgeschwächt und hatte nun einen Kerndruck von ca. 1000 hPa.  Seine Okklusionsfront reichte von der Ostküste Spitzbergens bis zum Nordmeer. Auf seiner Vorderseite führte er sehr milde Atlantikluft bis in die Arktische See, sodass die Temperatur dort auf Höchstwerte von 4 bis 6°C stieg. Normal für Januar wären Werte im zweistelligen Minusbereich. Dagegen hatte sich Tief HELGA III, während es mit seinem Zentrum über den Ärmelkanal gezogen war, beinahe vollständig aufgefüllt und besaß keine Fronten mehr.

Im weiteren Verlauf füllten sich die Zyklonen HELGA I und HELGA III komplett auf, während der zweite Wirbel weiter nordwärts, hinaus aus dem Analysebereich der Berliner Wetterkarte zog, sodass das Tiefdrucksystem HELGA am 29.01.2012 nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte geführt werden konnte.

 


Geschrieben am 09.03.2012 von Diana Schmiedel

Berliner Wetterkarte: 27/28.01.2012

Pate: Helga Stadermann