Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
HERGEN
(getauft
am 11.12.2011)
Am
11.12.2011 entstand über dem westlichen Nordatlantik nordöstlich von
Neufundland ein Tiefdruckgebiet, das auf den Namen HERGEN getauft wurde. Die
Kaltfront des noch jungen Tiefs erstreckte sich über ungefähr 2000 km
südwestwärts. Seine etwa halb so lange Warmfront verlief in südöstlicher
Richtung hinaus bis über den Nordatlantik. In den folgenden Stunden verstärkte
sich die Zyklone und verlagerte sich weiter nordostwärts. Am 12.12.2011 um 00
Uhr UTC, das entspricht 01 Uhr MEZ, lag
das Tief HERGEN knapp südöstlich von Grönlands Südspitze und wies einen
Kerndruck von etwa 980 hPa auf.
Das
auf der Vorderseite eines Höhentroges gelegene und schon recht gut ausgeprägte
Bodentief HERGEN vertiefte sich in den folgenden 24 Stunden nochmals erheblich und
wies am 13.12.2011 um 00 UTC einen Kerndruck von annähernd 945 hPa auf. Aufgrund
dieses sehr tiefen Luftdrucks, bildete die Zyklone HERGEN ein Orkanfeld aus und
erreichte den Höhepunkt seiner Entwicklung. Das nun sogenannte Orkantief HERGEN
mit lag mit seinem Kern über dem Seegebiet westlich von Schottland und südlich
von Island. Die Okklusion, das ist eine Mischfront
aus Kalt- und Warmfront, erstreckte sich vom Zentrum aus bogenförmig bis nach
England. Von dort aus verlief die zugehörige Kaltfront südwestwärts bis weit
hinaus über den Nordatlantik und seine Warmfront in Richtung Süden bis zu den
Pyrenäen. Weiterhin bezog das Tief HERGEN in dieser Nacht das ehemalige
Orkantief GÜNTER in seine Zirkulation mit ein und die zugehörigen Ausläufer des
neuen Steuerungszentrums HERGEN überquerten bis zum Morgen Großbritannien
ostwärts. Dies führte dort zu ergiebigem Regen mit Mengen von teils über 30 mm.
Capel Currig meldete beispielsweise 34 mm Niederschlag. In den Morgenstunden
erreichte der Regen auch den Westen Deutschlands. Bis 06 UTC waren in Essen 7
mm und in Xanten am Rhein 5 mm Niederschlag gefallen. Schon am Vormittag
erreichte das Regengebiet dann auch den Berliner Raum. Dabei frischte der Wind
stark auf und es kam im Flachland zu stürmischen Böen. Vor allem am Nachmittag
und Abend des 13.12.2011 wurde nahezu ganz Großbritannien vom Sturmfeld des
hochreichenden Wirbels HERGEN erfasst. Auch einzelne Flachlandstationen meldeten
Spitzenböen der Windstärke 12, wie z. B. Great Dun Fell mit 66 kn. Das
schottische Bergland wurde innerhalb weniger Tage somit erneut von einem schweren
Orkan erfasst. Die Bergstation Cairngorm Summit meldete um 18 UTC Spitzenböen
von 97 kn, was in etwa 180 km/h entspricht.
Die
Zyklone HERGEN zog mit ihrem okkludierenden Frontensystem sehr rasch über
Mitteleuropa ostwärts hinweg. In Deutschland kam es tagsüber verbreitet zu
Regen, aufgrund des Warmluftvorstoßes schneite es nur noch in den höchsten
Mittelgebirgslagen. Auf dem Brocken erhöhte sich die Schneedecke beispielsweise
auf 62 cm. Der meiste Niederschlag fiel in der Eifel mit Mengen von 10 bis 15
mm bzw. in den Bergstaulagen wie auf dem Kahlen Asten mit 16 mm oder in
Schierke im Harz mit 24 mm. Die Temperatur stieg am Oberrhein bis auf 12°C an.
Nur in Niederbayern hielt sich im Donautal noch kältere Luft. Das Maximum in
Regensburg lag bei nur 3°C.
Auch
in der Nacht zum 14.12.2011 regnete es noch gebietsweise. Unter allmählicher
Abschwächung bis auf knapp unter 955 hPa zog das Sturmtief HERGEN weiter und
lag um 00 UTC bei den Shetland-Inseln. Seinem Frontensystem folgte rückseitig
zunächst etwas mildere Meeresluft. Folglich blieb es in der Nacht überwiegend
frostfrei.
Bis
zum Folgetag verstärkte sich die Strömung in der mittleren Troposphäre, d.h. in
einer Höhe von etwa 5500 m, über dem Nordatlantik und Mitteleuropa noch etwas.
Dabei blieb in allen Höhenschichten der Wirbel HERGEN über dem Nordmeer das
Steuerungszentrum für das europäische Wettergeschehen. In seinem Bereich gab es
im Luv der norwegischen Gebirge zum Teil erhebliche Niederschlagsmengen, die im
Bergland überwiegend als Schnee niedergingen. Die tiefer gelegene Station
Bergen meldete 24-stündig 30 mm Regen, ebenso die Station Souda mit 46 mm und
Takle sogar mit 49 mm. In Oslo lag am Morgen des 15.12.2011 der Schnee immerhin
noch 14 cm hoch. Etwas weiter nördlich, auf 542 m Höhe an der Station
Vest-Torpa waren es 34 cm und am Westabhang des Gebirges an der auf 560 m Höhe
liegenden Station Reimegrend sogar 74 cm Schnee.
Der
Nordmeerwirbel HERGEN blieb bis zum frühen Morgen des 16.12.2011 nahezu
stationär. Seine Okklusion erstreckte sich vom Tiefzentrum aus in nördlicher
Richtung und reichte bis zur Barentssee. Da sich das Frontensystem nun
ausschließlich über dem europäischen Nordmeer befand, war der Einfluss von Tief
HERGEN auf das europäische Festland nun beendet. Jedoch gab es noch recht
deutliche Auswirkungen auf der Insel Spitzbergen. Im Laufe des Tages
entwickelte sich die Okklusion zur Warmfront und überquerte die Inselregion,
was eine im Verglich zum Vortag um knapp 8 Grad höhere Tageshöchsttemperatur
von 2°C mit sich brachte. Außerdem gab es relativ kräftige Windböen von rund 45
kn, welche zu Schneefegen führten.
In
den darauf folgenden 48 Stunden verlagerte sich das Tiefdruckgebiet HERGEN nur
wenig weiter südöstlich und befand sich nun frontenlos rund 400 km westlich der
norwegischen Küstenstadt Bodö. Es schwächte sich außerdem weiter ab und wies
dabei einen Kerndruck von ca. 990 hPa auf. Bis zum 19.12.2011 stieg der Kerndruck
weiter bis auf etwa 998 hPa an, was auf eine voranschreitende Auflösung des
ehemaligen, großräumig wetterbestimmenden Orkanwirbels HERGEN hindeutet. Bereits
am Folgetag konnte das Tief HERGEN nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte analysiert
werden.
Geschrieben am 11.01.2012
von Jasmin Krummel
Berliner Wetterkarte: 13.12.2011
Pate: Claudia Schneider