Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet HILTRUD
(getauft am 12.09.2010)
Am 11. September 2010 erstreckte sich ein ausgedehnter
Trog südlich von Grönland über Neufundland und Labrador. An dessen Vorderseite
lag ein Tiefdruckgebiet mit dem Zentrum über Neuschottland und einem bereits
ausgebildeten Frontensystem. Da der Wirbel für Europa wetterwirksam zu werden
schien wurde er am 12. September auf den Namen HILTRUD getauft.
Das Tief zog auf der Vorderseite des Troges weiter nach
Nordosten und verstärkte sich dabei, sodass es am Morgen des 12. September (00
Uhr UTC) mit einem Kerndruck (Luftdruck im Zentrum des Tiefs) von ca. 995 hPa
südlich von Angmagssalik vor der Küste Grönlands lag.
Vom Kern erstreckte sich eine bereits leicht okkludierte Front, eine Mischfront
mit Warm- und Kaltfrontcharakter, einige hundert Kilometer nach Süden, die sich
wiederum in Warm- und Kaltfront aufspaltete.
Auch am Folgetag blieb der Kern nahezu ortsfest vor der
Küste Grönlands, während der Okklusionsprozess weiter fortschritt. Die Okklusion
reichte nun vom Zentrum nach Osten über den Norden und Osten Islands und
spaltete sich dort in die nach Süden bis vor die irische Westküste laufende
Warmfront und die nach Südwesten laufende Kaltfront, die an ein nachfolgendes
Tief anschloss. Dabei kam es über Island, Irland und Schottland zu leichtem bis
mäßigem Regen und vereinzelt wurden starke bis stürmische Böen mit
Windgeschwindigkeiten um 60 km/h gemessen.
Bis zum Morgen des 14. Septembers (00 Uhr UTC) zog die
Zyklone nach Osten und verstärkte sich dabei zunehmend. Der Kern hatte nun eine
Ausdehnung von mehreren hundert Kilometern und lag mit einem Druck im Zentrum
von unter 990 hPa über dem Osten Islands und dem angrenzenden Europäischen
Nordmeer. Die vom nördlichen Teil des Kerns ausgehende Okklusion reichte in
einem Bogen zunächst nach Osten, dann nach Süden bis vor die Südnorwegische
Küste nahe Bergen. Dort verlief die Warmfront nach Süden über die Nordsee und
die Niederlande bis nach Belgien. Die Kaltfront erstreckte sich dagegen
südwestlich über die Nordsee und Südschottland, sowie den Norden Irlands bis
auf den Nordatlantik, wo sie an den Ausläufer eines nachfolgenden Tiefs
anschloss. Im Nordseeraum kam es dabei zu starkem bis stürmischen Wind und
verbreitetem leichtem Regen oder Nieselregen, sowie flächendeckend zu stark
bewölktem bis bedecktem Himmel. Im Tagesverlauf wurde Nord- und
Mitteldeutschland dann sowohl von der Warm- als auf von der Kaltfront
überzogen, was vielerorts zu mäßigem Regen mit zweistelligen
Niederschlagsmengen führte. Das Maximum lag dabei im südlichen Harz mit 22
Liter Regen pro Quadratmeter binnen 12 Stunden.
In der Nacht zum 15. September zog HILTRUD weiter nach
Osten und intensivierte sich dabei, sodass der Kern des Zentrums mit einem
Luftdruck von etwa 985 hPa über Trondheim an der Norwegischen Westküste lag.
Der Wirbel hatte eine rückläufige Okklusion ausgebildet, die vom Zentrum aus
etwa 100 km nach Nordwesten verlief und dort an das nachfolgende Tief IMOGEN
anschloss. Die voranlaufende Okklusion verlief dagegen nach Süden über das
schwedisch-norwegische Grenzgebiet bis nach Malmö im Süden Schwedens, wo sie
sich in Warm- und Kaltfront aufteilte. Die Warmfront reichte südöstlich über
die Ostsee nach Polen und Tschechien bis an den Bayrischen Wald und sorgte für
leichten Regen. Die Kaltfront erstreckte sich dagegen nach Südwesten über die
dänischen Inseln, Nordwestdeutschland und Belgien, sowie den Norden Frankreichs
nahe Paris und die Bretagne nach Westen auf den Nordatlantik und schloss sich
dort der Warmfront eines weiteren Tiefs an. Dabei sorgte das Tief HILTRUD vor
allem über Dänemark, Deutschland und Nordfrankreich fast überall für dichten
Wolken und leichten bis mäßigen Regen.
Auch am folgenden Tag verstärkte sich die Zyklone immer
weiter, sodass der Kerndruck auf ca. 975 hPa fiel. Das Zentrum verblieb dabei
nahezu ortsfest. Im Nordwesten schloss sich eine Okklusion an, die in einem
Bogen vor die nordnorwegische Küste nahe der Lofoten zog. Von dort verlief
östlich eine Warmfront über Nordskandinavien, die Halbinsel Kola und den Norden
Russlands bis zum Mittelural, wo sie an ein
voranlaufendes Tief anschloss. Diese sorgte für einige Schauer weit verbreitet
Nebel um das Weiße Meer. Südöstlich erstreckte sich die Okklusion weiter über
Finnland bis östlich von St. Petersburg. Dort schloss sich eine nach Süden laufende Warmfront an,
die über Westrussland und die Ukraine bis an das nördliche Schwarze Meer
reichte. Außerdem erstreckte sich westlich von der Warmfront eine ausgedehnte
Kaltfront in einem großen Bogen über Weißrussland, Südpolen und Tschechien bis
nach Österreich und dort nördlich der Alpen über Süddeutschland, die Schweiz
und Südfrankreich auf den Golf von Biscaya bis zum
Atlantik. Dort schloss sie an die Warmfront eines nachfolgenden Tiefs an.
Entlang des Frontensystems kam es häufig zu leichtem Regen und vereinzelten
Schauern. Dabei vermeldeten einige Stationen in Europa, vor allem in
Skandinavien und Polen zweistellige Niederschlagssummen. Das Maximum ganz
Europas lag dabei in Trondheim mit 27 l/m² binnen 24 Stunden.
Am 17. September (00 Uhr UTC) lag der Kern von HILTRUD im
Süden Norwegens über Bergen. Dort fielen innerhalb eines Tages 39 l/m². Nach
Norden verlief eine Okklusion in einem Bogen entlang der Norwegischen Küste
über das Nordkap und die Halbinsel Kola bis zum Weißen Meer, wo sie sich in
Warm- und Kaltfront aufspaltete. Die Warmfront verlief nach Südosten über
Zentralrussland und den mittleren Ural nach Sibirien und sorgte in ihrem
Einflussgebiet für vereinzelte Schauer. Die Kaltfront erstreckte sich in einem
Bogen zunächst nach Süden über Russland nahe Moskau und die Ukraine, dann
westlich über die Karpaten und Ungarn, sowie entlang der Südalpen bis nach
Südfrankreich und Nordspanien auf den Atlantik. An dieser kam es vor allem im
Alpenraum zu leichtem Regen, während es in Russland und der Ukraine zu Schauern
kam.
Bis zum Morgen des 18. Septembers veränderte sich die
Struktur von HILTRUD stark, da das Frontensystem zunehmend okkludierte. Im
ausgedehntem Zentrum über Südskandinavien stieg der Luftdruck um 20 hPa auf 995
hPa an. Im Westteil des Kerns verlief eine Okklusion von der südnorwegischen
Westküste nahe Trondheim nach Norden entlang der Küste über das Nordkap und die
Halbinsel Kola und schloss sich dort einem voranlaufendem Tiefdruckgebiet an.
Entlang der Küste kam es zu leichten bis mäßigen Regen.
Am 19. September verlagerte sich der Kern von HILTRUD
nach Osten und lag westlich von Helsinki. Dieser sorgte im Süden Finnlands für
fast überall bedeckten Himmel und ein paar Schauer.
Bis zur Nacht auf den 20. September (00 Uhr UTC) zog das
Tief sein Zentrum nur leicht nach Norden bis nach Rovaniemi,
wo es nochmals schauerte. Dabei stieg der Kerndruck auf 1000 hPa an. Die
Zyklone wurde jedoch von einem nordwestlich liegendem Tiefdruckgebiet zunehmend
verdrängt.
Am 21. September wurde HILTRUD nicht mehr als
eigenständiges Tief auf der Wetterkarte geführt.
Geschrieben am
27.09.2010 von Benjamin Siebert
Wetterkarte:
15.09.2010
Wetterpate: Hiltrud Fittkau-Nikel