Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet HUBERT

(getauft am 29.01.2017)

 

In den letzten Tagen des Januars 2017 zog vom nördlichen Atlantik her ein Tiefdruckkomplex Richtung Europa, der sich im späteren Verlauf zum Tiefdruckgebiet INBEOM entwickelte. Aus diesem Komplex bildete sich am 29.01.2017 eine Wellenstörung heraus, sodass Tief HUBERT in der Prognose von der Berliner Wetterkarte getauft und für den 30.01.2017 über Mitteleuropa vorhergesagt wurde.

Am 30.01.2017 befand sich die Zyklone HUBERT um 00 Uhr UTC, was 01 Uhr MEZ entspricht, mit einem Kerndruck von ca. 1006,5 hPa über Südengland. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Tief HUBERT bereits eine Okklusion ausgebildet, welche von dessen Kern aus weiter nach Süden über Nordfrankreich und die Biskaya verlief. Eine Okklusionsfront, auch Mischfront genannt, entsteht, wenn die Kaltfront die vorangehende, langsamer ziehende Warmfront einholt und anhebt. Der Punkt, an dem dies jeweils geschieht, heißt Okklusionspunkt. An dieser Mischfront gehen kräftige Hebungsprozesse vonstatten, sodass es in Südengland, Belgien, den Niederlanden und Nordfrankreich zu mäßigen Sprühregen- und Regenfällen kam, wie z.B. um 00 Uhr UTC im französischen Abbeville mit 17 l/m² Regen innerhalb der letzten sechs Stunden. Im Tagesverlauf verlagerte sich das Tiefdruckgebiet HUBERT mitsamt seiner Okklusion nach Osten, woraufhin es am selben Tag auch in ganz Deutschland zu Sprühregen, Regen und in höheren Lagen auch zu gefrierendem Regen und Schneefall kam. So fielen im niedersächsischen Rastede zwischen 06 und 18 Uhr UTC 17 l/m² Regen und auch an der baden-württembergischen Messstation Baiersbronn-Mitteltal wurden 16 l/m² Regen gemessen. Gebietsweise kam es sogar zu Glatteis, da der Niederschlag auf dem noch sehr kalten Boden zu frieren begann.

Bis zum 31.01.2017 verlagerte sich die Zyklone HUBERT entlang des zonalen Grundstromes weiter nach Osten und lag um 00 Uhr UTC nun vollständig über Deutschland. Der Druck im Zentrum betrug etwa 1010,7 hPa. Bodennah war der Wirbel HUBERT nahezu in Auflösung, jedoch verblieb er in größeren Höhen von 5,5 km als sogenannter Kaltlufttropfen, also als Höhentief, das sehr kalte Luft mit sich führt. Von der Ostseeküste aus erstreckte sich die Okklusionsfront des Tiefs HUBERT über die deutsch-polnische Grenze und verlief weiter nach Westen über Süddeutschland und Frankreich. Von dort ging sie in die Warmfront der Zyklone INBEOM über und verlief weiter nach Nordwesten. Während in weiten Teilen Deutschlands Nebel vorherrschte, ereigneten sich entlang der Okklusionsfront weiterhin teils leichte, teils mäßige Niederschläge. Diese fielen in Süddeutschland größtenteils als Regen, der am Boden gefror und zu erheblichen Verkehrseinschränkungen führte. In Baden-Württemberg wurden in der Gemeinde Breitnau bis 19 Uhr UTC 33,6 l/m² Regen innerhalb der letzten zwölf Stunden gemessen, im bayrischen Balderschwang waren es im gleichen Zeitintervall sogar 34,6 l/m². In den östlichen Gebieten Deutschlands wurden aufgrund der Temperaturen um den Gefrierpunkt vorwiegend gefrierender Regen, Schneeregen und Schnee verzeichnet, die ab 06 Uhr UTC innerhalb von 24 Stunden Neuschneehöhen von bis zu 13 cm bewirkten, wie etwa im sächsischen Nossen.

Am Folgetag, dem 01.02.2017, lag das Tief HUBERT mit einem Kerndruck von rund 1020 hPa um 00 Uhr UTC weiter südöstlich über Österreich. Bodennah war es bis auf leichte Ausbuchtungen der Isobaren kaum auf der Wetterkarte zu erkennen, umso ausgeprägter war dafür das zugehörige Höhentief, das sich über dem Südosten Deutschlands, über Südpolen, Tschechien, der Slowakei und Österreich ausdehnte. Die Mischfront des Tiefdruckgebiets HUBERT verlief um 00 Uhr UTC über die Alpen und ging etwa über der Schweiz in die Warmfront des Tiefs INBEOM über. Die Okklusion sorgte zunächst über den Alpen für reichlich Niederschlag, so wurden beispielsweise in der Schweiz an der Station Ricken um 00 Uhr UTC 32,4 l/m² Regen und Schneeregen innerhalb der letzten sechs Stunden gemessen und auf dem Berg Säntis fielen in 2502 m Höhe bis 06 Uhr UTC 44 cm Neuschnee innerhalb der letzten 24 Stunden. Auch in den weiter östlich gelegenen Ländern wie in Tschechien, der Slowakei, Ungarn und Kroatien wurden entlang der ostwärts ziehenden Mischfront Regen und Schnee beobachtet. So etwa auf dem ungarischen Berg Kekesteto in 1015 m Höhe, wo um 18 Uhr UTC 18 l/m² starker Schneeregen innerhalb der letzten zwölf Stunden gemessen wurden.

Weiter nordostwärts ziehend erstreckte sich die Zyklone HUBERT am 02.02.2017 in einer Höhe von 500 hPa über Südpolen und die Slowakei. Auch an diesem Tag war sie auf der Bodenwetterkarte kaum erkennbar. Der geringste Druck am Boden betrug um 00 Uhr UTC ca. 1021 hPa, was ein sehr hoher Druck ist, denn der mittlere Bodendruck über Europa entspricht ca. 1013 hPa. Vom Kern aus erstreckte sich die Okklusion zunächst nach Süden und bog sich etwa über der südlichen ungarischen Grenze nach Westen, bis sie über den Alpen als Warmfront bis hin über die Westküste Norwegens verlief und dort in die Kaltfront des Tiefs INBEOM überging. Entlang der Okklusionsfront kam es im Süden Polens weiterhin zu mäßigem und starkem Schneefall. Die Warmfront über Deutschland war sehr markant anhand der Temperaturen um 12 Uhr UTC erkennbar. Im Osten überwogen die polaren Luftmassen, die das Höhentief HUBERT mit sich brachte. So betrugen die Temperaturen in Brandenburg vielerorts um die -2°C, während etwas weiter westlich durch Südwind mildere Luft herantransportiert und so an der Warmfront in Bad Harzburg bei Goslar Temperaturen von 7,9°C gemessen wurden, was einen Temperaturunterschied von rund 10°C bedeutet.

Am 03.02.2017 war der Wirbel HUBERT nur wenig weiter nach Osten gezogen und erstreckte sich nun mit seinem Zentrum über den Westen der Ukraine und Weißrusslands. Dafür hatte sich sein Kerndruck wieder etwas abgeschwächt und betrug um 00 Uhr UTC etwa 1015,8 hPa. Ausgehend vom Zentrum zog sich die Okklusion ca. 400 km nach Süden und verlief von dort aus als Warmfront bogenförmig zunächst nach Westen bis über Prag, ab dort weiter nordwärts bis hin zum dänischen Nordjütland. In der sehr kalten Luft vor der Warmfront brachte die Okklusion weiterhin kräftigen Schneefall mit mindestens 4 cm Neuschnee in vielen Gebieten der Ukraine, an der weißrussischen Wetterstation Vasilevici wuchs die Schneedecke von 10 cm um 06 Uhr UTC innerhalb 24 Stunden sogar auf 28 cm an.

Nach Auflösung der bisher bestehenden Okklusionsfront durchlief das Tiefdruckgebiet und bisheriger Kaltlufttropfen HUBERT erst ab dem 04.02.2017 den typischen Verlauf eines Bodentiefs. Es hatte sich am vorigen Tag weiterhin verstärkt und lag am 04.02.2017 um 00 Uhr UTC mit einem Kerndruck von knapp 1010 hPa ziemlich genau über der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Vom Zentrum aus erstreckte sich auf der Vorderseite der Zyklone HUBERT eine ca. 550 km lange Warmfront nach Süden bis zur Küste der ukrainischen Oblast Odessa. Entlang dieser bildeten sich Regenwolken, die z.B. in der ukrainischen Stadt Konotop mit leichtem Regen bis 18 Uhr UTC zwölfstündig für 7 l/m² Niederschlag sorgten. Außerdem verlief vom Kern aus eine Kaltfront in Bogenform zunächst nach Südwesten bis über die Karpaten und das Slowakische Erzgebirge, von dort zog sie sich als Warmfront weiter nordwestwärts bis über Berlin. Auch diese brachte reichlich Regen mit sich, beispielsweise in der Slowakei in der Stadt Heiligenkreuz an der Gran, wo bis 12 Uhr UTC innerhalb der letzten sechs Stunden 10 l/m² Regen fielen.

Auch zum 05.02.2017 hin hatte sich Tief HUBERT weiter verstärkt und befand sich mit ca. 1005 hPa um 00 Uhr UTC über der östlichen Grenze der Ukraine zu Russland. Zu dieser Zeit waren Warm- und Kaltfront schon etwas okkludiert, sodass sich eine ungefähr 400 km lange Mischfront vom Okklusionspunkt nach Norden erstreckte und mäßigen bis starken Schnee in Westrussland brachte. Die Warmfront verlief weiter nach Süden bis über das Kaukasusgebirge. Dadurch fiel leichter Regen im Südwesten Russlands bis an die Küste des Schwarzen Meeres. Dagegen zog sich die Kaltfront nun nach Westen hin über Teile des Asowschen Meeres und den Süden der Ukraine. Ab der ukrainisch-moldawischen Grenze erstreckte sie sich erneut als Warmfront weiter nach Nordwesten bis über die polnische Hauptstadt Warschau. Außer vereinzeltem Sprühregen, großflächigem Nebel oder feuchtem Dunst über gesamt Osteuropa war diese Front aber nicht besonders wetterwirksam.

Der 05.02.2017 war der letzte Tag, an dem das Tiefdruckgebiet HUBERT namentlich auf der Berliner Wetterkarte erschien. In den folgenden Tagen zog es nach Russland weiter und verschwand bald darauf aus dem Bereich der Berliner Wetterkarte.

 


Geschrieben am 31.03.2017 von Verena Kruschwitz

Berliner Wetterkarte: 31.01.2017

Pate: Hubert Reh