Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet HYPATIA

(getauft am 02.04.2018)

 

Von Neufundland zog am 01.04.2018 ein Tiefdruckgebiet ostwärts über den Atlantik und bildete im Verlauf zusammen mit der voranziehenden Zyklone GABI einen Tiefdruckkomplex, welches in den folgenden Tagen das Wetter in Europa bestimmen sollte. So wurde in der Analyse vom 02.04.2018 das Tief auf den Namen HYPATIA getauft.

Am 02.04.2018 lag der Wirbel HYPATIA um 00 Uhr UTC, was 02 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit (MESZ) entspricht, mit einem Kerndruck von knapp 985 hPa mitten über dem Nordatlantik. Durch das Zentrum verlief eine Okklusionsfront, welche sich vom Okklusionspunkt über den nördlichen Azoreninseln bis über die Labradorsee erstreckte. Okklusionsfronten werden auch Mischfronten genannt und entstehen, wenn eine Kaltfront eine in gleiche Richtung ziehende Warmfront einholt und sich die kalte Luft aufgrund ihrer höheren Dichte unter die wärmere schiebt. Der Punkt, an dem dies jeweils geschieht, heißt Okklusionspunkt. Da die Wärmere Luft zum Aufsteigen gezwungen wird, kühlt sich diese ab und die in der Luft enthaltene Feuchtigkeit kondensiert zu Wolken. Daher kommt es an Okklusionsfronten häufig zu Niederschlägen. Vom Okklusionspunkt verlief eine Warmfront Richtung Süden bis über die zentrale Gruppe der Azoren. Außerdem erstreckte sich eine Kaltfront nach Südwesten bis vor die nordamerikanische Ostküste.

Bis zum 03.04.2018 verlagerte sich die Zyklone HYPATIA entlang des zonalen Grundstromes weiter nach Osten und lag somit um 00 Uhr UTC mit ihrem Kern über dem Nordostatlantik, während der voranziehende Wirbel GABI des Tiefdruckkomplexes bereits kurz vor dem Südwesten Irlands lag.

Die Zyklone HYPATIA hatte zu dieser Zeit einen Kerndruck von ca. 985 hPa. Das Frontensystem des Vortages hatte sich bis auf Weiteres aufgelöst, sodass sich zu dieser Zeit nur die Okklusionsfront der Zyklone GABI von deren Kern zunächst nach Westen und dann in südöstliche Richtung um das Zentrum des Tiefdruckgebietes HYPATIA herumwandte.

Erst zum 04.04.2018 hatte sich ein eigenes Frontensystem des Wirbels HYPATIA ausgebildet. Mit gleichbleibendem Kerndruck befand er sich um 00 Uhr UTC nun über der Keltischen See, während der Okklusionspunkt, von welchem sich eine Mischfront nach Westen bis zum Tiefzentrum zog, etwas weiter ostwärts über dem Ärmelkanal lag. Eine Warmfront verlief vom Okklusionspunkt westwärts, bis sie etwa über der westdeutschen Grenze in die Kaltfront des Tiefs GABI überging. Zudem erstreckte sich, ebenfalls vom Okklusionspunkt ausgehend, eine Kaltfront Richtung Süden bis über den Golf von Valencia und bog sich dann nach Südwesten bis über die Nordwestküste Marokkos. Diese Front überquerte im Tagesverlauf Frankreich und Deutschland und brachte teils starke Niederschläge und in Deutschland auch die ersten Gewitter des Jahres mit sich. So wurden z.B. in Gardelegen 16,5 l/m² von 16 bis 20 Uhr UTC gemessen und auch in Grieben wurden mit 15,3 l/m² von 18 bis 21 Uhr UTC im Verhältnis zur Dauer beträchtliche Regenmengen verzeichnet. Zudem traten auf dem Brocken auch Windböen über 100 km/h auf, doch auch in tiefer gelegenen Regionen wie z.B. im fränkischen Oberlauter wurden Windgeschwindigkeiten von 98 km/h, also bis zu Stärke 10 auf der Beaufort-Skala, gemessen.

Bis zum Folgetag schwächte sich das Tiefdruckgebiet HYPATIA etwas ab. So lag es am 05.04.2018 um 00 Uhr UTC mit knapp unter 995 hPa mit seinem Kern über der Nordsee. Auch das Frontensystem war weiter ostwärts vorangekommen, sodass nun die Mischfront zwischen Nordsee und deutscher Ostseeküste verlief, wo sich auch der Okklusionspunkt befand. Die Warmfront war nur noch gering ausgeprägt und verlief von dort entlang der polnischen Ostseeküste und ab dem Baltikum als Kaltfront des Wirbels GABI. Die Kaltfront der Zyklone HYPATIA erstreckte sich im Bogen über Polen, Tschechien, den Osten Österreichs und Slowenien, wo sie in die Warmfront eines unbenannten Tiefs über Italien überging. Durch das Frontensystem kam es im Baltikum und vor allem im südlichen Skandinavien wiederum zu Regenfällen bzw. in den nördlicher gelegenen Gebieten zu Schneefall. So z.B. an der norwegischen Bergstation Mannen mit 20,4 l/m² innerhalb von 24 Stunden bis zum Folgetag 06 Uhr UTC, oder an der Station Tingvoll-Hanem im selben Zeitraum mit 19,5 l/m². Ebenfalls wetterwirksam war eine weitere Okklusionsfront des Wirbels HYPATIA, die sich erst zu diesem Tag ausgebildet hatte. Sie erstreckte sich von der Nordsee Richtung Süden über die Benelux-Staaten bis über die französische Region Centre und sorgte ebenfalls für leichten Regen, jedoch auch wieder stürmischen Wind, während sie im Verlauf von West nach Ost über Deutschland hinweg zog.

Zum 06.04.2018 um 00 Uhr UTC hatte sich Tief HYPATIA nicht nur weiter nach Nordosten verlagert, sondern zudem auch in zwei Kerne aufgespalten. Davon lag der Kern des Tiefs HYPATIA I mit einem Minimaldruck von 994,7 hPa über der Region Stockholm. Von dort erstreckte sich auch die am Tag zuvor neu ausgeprägte Okklusionsfront in Richtung Süden, teils als Mischfront, teils als Kaltfront, bis kurz vor die Karpaten, brachte selbst aber kaum nennenswerte Wettererscheinungen. Wirbel HYPATIA II hingegen war bereits etwas weiter vorangekommen und befand sich um 00 Uhr UTC mit einem ähnlichen Kerndruck über dem Bottnischen Meerbusen, von wo sich eine Warmfront nach Osten bis über die russische Dwinabucht erstreckte und bis 18 Uhr UTC zwölfstündige Regenmengen bis zu 12 l/m² im russischen Bologoje brachte. Die Kaltfront hingegen verlief vom Zentrum bogenförmig über Sankt Petersburg, Weißrussland und die Karpaten bis über das Dinarische Gebirge und bescherte vor allem den ehemals jugoslawischen Staaten ergiebige Regenmengen, wie z.B. vierundzwanzigstündig in Serbien mit 23,8 l/m² in Kraljevo bis zum Folgetag 06 Uhr UTC oder in Leskovac mit sogar 26,7 l/m² in derselben Zeitspanne. An diesem Tag löste sich die Schwesternzyklone GABI auf, sodass das Tief HYPATIA mit seinen beiden Kernen ab dem Folgetag als eigener Tiefdruckkomplex weiter nach Osten zog.

Am 07.04.2018 und 08.04.2018 verlagerte sich der Wirbel HYPATIA entlang des nördlichen Polarkreises immer weiter gen Osten. Dabei verlief die Zugbahn des Kerns HYPATIA I etwas südlicher als der Polarkreis, nämlich mit einem Kerndruck von knapp 1000 hPa über den Onegasee bis zur russischen Region Perm am Uralgebirge. Tiefzentrum HYPATIA II zog hingegen mit etwa 990 hPa nördlich des Polarkreises von der Halbinsel Kola bis über die Petschorasee. Der Tiefdruckkomplex HYPATIA umfasste ein Frontensystem, das an beiden Tagen aus, meist nordsüdwärts verlaufenden, Warm-, Kalt- und Okklusionsfronten bestand. Dabei brachten diese weiterhin leichte Niederschläge, die aufgrund der geografischen Breite auch häufig als Schnee fielen.

Beide Kerne des Tiefs HYPATIA schwächten sich im Verlauf immer weiter ab. So betrug der Minimaldruck am 09.04.2018 nur noch etwa 1005 hPa für Tief HYPATIA I und 995 hPa für den Kern der Zyklone HYPATIA II. Dabei spalteten sich beide auch immer weiter voneinander ab, zumal das Tiefzentrum von HYPATIA I über der russischen Oblast Tjumen lag, Zentrum HYPATIA II dagegen über der Karasee. Dies war der letzte Tag, an dem das Tiefdrucksystem HYPATIA auf der Berliner Wetterkarte erschien, ehe es weiter ostwärts ziehend aus dem Analysegebiet verschwand.