Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet IGNAZ

(getauft am 25.01.2011)

 

Der Ausgleich von Temperaturunterschieden zwischen Polargebieten und tropischen Gefilden erfolgt hauptsächlich durch die Tiefdruckgebiete der Westwindzone in den mittleren Breiten. Dieses Gebiet wird auch Frontalzone genannt und verändert fortlaufend ihre Lage. Am 25.01.2011 zeigte dies sich durch eine Anreihung von Tiefdruckgebieten im Bodenniveau der Atmosphäre. Beginnend in Neufundland, über Grönland nach Schottland bis zur Ostsee herrschte wolkenreiches Wetter mit Niederschlägen vor. In höheren Atmosphärenschichten bildet sich über der Frontalzone ein Starkwindband, auch Jetstream oder Strahlstrom genannt. Dieses Gebiet mit hohen Windgeschwindigkeiten erreichte am 25.01.2011 über Ostgrönland 160 km/h in 5500m Höhe. Bei bestimmten Strömungsverhältnissen entstehen daraus Tiefdruckgebiete. Das geschah auch an diesem Tag, als sich weiter stromabwärts das Tiefdruckgebiet IGNAZ nordöstlich von Schottland bildete. Mit einem Kerndruck von 1008 hPa lag das Zentrum der Zyklone am 26.01. vor der Küste Südnorwegens und trennte damit kalte arktische Luftmassen über Skandinavien von den warmen subtropischen Luftmassen des Hochs BARBARA über dem Atlantik. Dabei sorgte die nach Süden ziehende Kaltfront in Großbritannien für vereinzelten Regen oder kurze Schauer bei Temperaturen zwischen 8 und 10°C. Bis zum nächsten Tag verlagerte sich das Bodenhoch BARBARA mit seinem ausgeprägten Keil in der Höhenströmung weiter nordostwärts, sodass die Frontalzone sich nun von Skandinavien, über England bis nach Spanien erstreckte. Eingebettet in diese Strömung verlagerte sich das Tief IGNAZ, sodass es am 27.01. um 01 Uhr MEZ mit seinem Zentrum über Galizien lag. Jetzt war der Tiefdruckwirbel nicht mehr nur in den Bodenwetterkarten erkennbar, sondern zeigte auch im 500 hPa Niveau der Höhenkarten einen eigenständigen Trog. Da sich der Keil von Hoch BARBARA jedoch einen Tag später noch weiter bis zur Ostsee ausdehnte, trennte sich das zum Wirbel IGNAZ gehörende Höhentief von der allgemeinen Frontalzone ab und bildete einen abgetropften Höhentrog, der sich von nun an, abgeschnitten von der Westwindzone, nur langsam verlagern sollte. Auf seinem Weg nach Süden führt die Zyklone viele Wolke und Regen mit sich. Deutschland streifte er dabei nur im äußersten Westen. Mehr Regen viel in Paris mit 6 mm in 24h am 26.01 bei maximal 5°C. Da Tief IGNAZ nach Südeuropa abgezogen war, konnte sich auf seiner Nordseite Ostwind einstellen, der arktische Luftmassen nach Mitteleuropa führte und in nahezu ganz Deutschland wieder für Nachtfrost sorgte. Am kältesten wurde es dabei in Kiel mit bis zu -9°C am Morgen des 27.01. Am 28. und 29.01. lag der Wirbel nahezu stationär über der Iberischen Halbinsel. Während im Norden etwas Regen fiel, kam es im Süden Spaniens und in Marokko zu Schauern und örtlichen Gewittern. So fielen am 28.01. in Chefchaouen (Marokko) 80 mm Niederschlag in 24h. Der Kerndruck der Zyklone IGNAZ erhöhte sich innerhalb dieser beiden Tage von 1001 hPa auf 1008 hPa. Dies war schon das erste Zeichen, dass sich die Aktivität des Wirbels langsam abschwächte und das Tiefzentrum begann sich aufzufüllen. Grund dafür war die fehlende Höhenströmung und der damit nicht vorhandene Antrieb zur weiteren Intensivierung des Tiefdruckgebiets. Bis zum 30.01. wanderte das Tief aber noch mal mit seinem Zentrum etwas weiter nach Osten bis Korsika. An seiner Warmfront, die vom Zentrum bis südlich von Kreta reichte, wurden subtropische Luftmassen langsam nach Norden transportiert. Auf der Höhe von Italien trafen diese auf Luftmassen polaren Ursprungs und sorgten so nochmals für Regen und Gewitter. Dabei fielen im Rom am 29.01. 20 mm Regen bei einer Höchsttemperatur von 14°C. Gleichzeitig herrschte in Deutschland zum Teil strenger Nachtfrost, so wurden in Plauen am Morgen des 30.01. -16°C gemessen. Am 31.01. war die Warmfront bereits okkludiert, hatte Süditalien überquert und lag über der Adria mit dichten Wolkenfeldern. Der Kerndruck des Tiefs IGNAZ war auf 1013 hPa angestiegen. Damit war das Tiefdruckgebiet im Bodendruckfeld kaum noch als eigenständiges Tief auszumachen. Durch kalte Höhenluft und einen erneuten Antrieb durch den subtropischen Strahlstrom sank der Kerndruck bis zum 02.02. auf unter 1005 hPa und sorgte nochmals mehrere Tage in Nordafrika für gewittrigen Regen. So fielen vom 31.01.-02.03. in Algier jeden Tag 20-23 mm Niederschlag, gleichzeitig war es hier dadurch vergleichsweise kühl bei nur 12°C Höchsttemperatur. An der Küste und auf den Mittelmeerinseln kam es mit den Schauern und Gewitter immer wieder zu hohen Windgeschwindigkeiten. So wurde bei einem Schauer auf Malta in der Nacht zum 02.02. um 01 Uhr MEZ ein Mittelwind von ca. 60 km/h gemessen. Während es am 03. und 04.02. über der Iberischen Halbinsel wieder sternenklare Nächte gab, bestimmte Tief IGNAZ mit seinen feuchten Luftmassen das östliche Mittelmeer, mit Regen in Griechenland und weiteren Schauern und Gewittern in Nordafrika. Nach der letzten Intensivierung des Tiefs am 01.02. schwächte sich der Wirbel IGNAZ erneut ab. Die Niederschlagsgebiete beschränkten sich auf immer kleinere Gebiete, zuletzt wurden auf Rhodos am 04.02. nochmals 10 mm Regen gemessen. Die Zyklone grenzte sich jetzt kaum noch von den umgebenden Druckgebieten ab, sodass das Tiefdruckgebiet einen Tag später über der südwestlichen Türkei das letzte Mal auf der Wetterkarte zu sehen war, bevor es sich endgültig aufgelöste.

 


Geschrieben am 17.01.2011 von Thomas Schubert

Berliner Wetterkarte: 26.01.2011

Pate: Deutschland Trikot