Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
IGOR
(getauft am
14.03.2019)
Am Abend des 13.03.2019 erreichten
erste Ausläufer einer Zyklonenfamilie, ausgehend von Tief GEBHARD, den
europäischen Kontinent. Eine Zyklonenfamilie bezeichnet in der Meteorologie
eine Folge von Tiefdruckgebieten an derselben Frontalzone, einer
Luftmassengrenze zwischen kalter und warmer Luft. In dieser Zyklonenfamilie
entwickelte sich ein Randtief, welches noch am 14.03. in Prognose für den
Folgetag auf den Namen IGOR getauft wurde.
Am 15.03. um 01 Uhr MEZ lag die
Zyklone IGOR mit einem Kerndruck von unter 1015 hPa zentral über dem
Nordatlantik. Die Kaltfront verlief westlich bis südwestlich und ging in die
Warmfront eines weiteren, unbenannten Randtiefs über. Die Warmfront hingegen
verlief vom Kern aus Richtung Nordosten, wo sie in die Kaltfront des
Tiefdruckgebietes HEINZ überging.
Am 16.03. beeinflusste die Zyklone
IGOR zum ersten Mal das Wetter in Europa. Um 01 Uhr MEZ lag der Kern des
Tiefdruckgebietes mit einem sich intensivierenden Druck von nun ca. 995 hPa
westlich von Irland. Die Kaltfront verlief weiterhin Richtung Südwesten über
den Atlantik. Die Warmfront hingegen zog sich nach Osten über Irland und London,
bis sie südlich von Brüssel in die Kaltfront der Zyklone HEINZ überging. Man
erkennt eine Warmfront anhand des Temperaturunterschiedes vor und nach der
Front. Da die Warmfront nordwärts zog, wurden südlich der Front beispielsweise
am Flughafen Exeter bereits 11,9°C um 01 Uhr MEZ erreicht, wohingegen auf der vor
der Front, am Militärflugplatz Spadeadam etwas weiter nördlich, noch 4,2°C
gemeldet wurden.
Bis zum 17.03. intensivierte sich die
Zyklone IGOR auf 970 hPa. Ihr Kern befand sich um 01 Uhr MEZ über der Nordsee
und es hatte sich bereit eine kurze Okklusionsfront gebildet. Eine
Okklusionsfront ist eine Mischform aus Kalt- und Warmfront, welche
Eigenschaften beider in sich vereint. Die Okklusionsfront zog sich vom Kern aus
leicht bogenförmig südostwärts bis vor die Küste Dänemarks und ging dort in
Warm- und Kaltfront über. Dieser Punkt wird als Okklusionspunkt bezeichnet. Vom
Okklusionspunkt aus zog sich die Warmfront in südöstliche Richtung bis über die
Westkarpaten. Die Kaltfront verlief vom Kern aus nach Südwesten entlang des
Ärmelkanals über die Bretagne und die Biskaya, bis sie über dem Atlantik in die
Warmfront eines noch unbenannten Tiefs überging. Im Bereich um Deutschland und
die Alpen brachte Tief IGOR einige Niederschläge mit sich, so zum Beispiel am
Schweizer Grimselpass, wo zwölfstündig bis 07 Uhr MEZ des Folgetages 17 mm
Niederschlag verzeichnet werden konnte. Auch starke Windböen konnten
registriert werden, zum Beispiel an der Station Beg Melen an der Westküste
Frankreichs, wo gegen 00 Uhr MEZ Windgeschwindigkeiten bis zu 102 km/h gemessen
wurde, was Stärke 10 auf der Beaufort-Skala entspricht.
Am 18.03. um 01 Uhr MEZ lag die
Zyklone IGOR mit einem leicht gestiegenen Kerndruck von gut 980 hPa über
Südschweden. Die Fronten waren weiter okkludiert und die Okklusionsfront
erstreckte sich vom Kern aus bogenförmig nordostwärts an Helsinki vorbei bis
zum Okklusionspunkt, welcher sich östlich der finnischen Hauptstadt befand.
Warm- und Kaltfront verliefen vom Okklusionspunkt aus in südliche
beziehungsweise südwestliche Richtung. Das Tief IGOR brachte einiges an
Niederschlag mit sich, wie beispielsweise 13,0 l/m² an der Station in Västmarkum
oder 18,0 l/m² in Wyborg, jeweils zwölfstündig bis 07 Uhr MEZ. Auch war es in
Mitteleuropa weiterhin recht windig, so wurden um 00 Uhr MEZ nahe Wien erneut
Windböen der Stärke 10 gemeldet.
Zum 19.03. teilte sich das Tief IGOR
in zwei Tiefdruckkerne auf. Der Kern IGOR I lag mit einem Kerndruck von nur
noch knapp 1005 hPa um 01 Uhr MEZ südlich von Helsinki und bildete keine
Fronten aus, wohingegen die Zyklone IGOR II mit ähnlichem Kerndruck südlich von
Murmansk zu verorten war. Die nun fast vollokkludierte Front reichte bogenförmig
vom Kern aus erst Richtung Nordosten und anschließend Richtung Südwesten bis
zum Okklusionspunkt östlich von Minsk. Von dort aus verlief eine relativ kurze
Warmfront nach Süden und eine nachfolgende Kaltfront nach Westen. Die Windgeschwindigkeiten
gingen aufgrund des abgeschwächten Kerndruckes zurück und auch die
Niederschläge fielen nun deutlich geringer aus. Die Stationen Welisch und Orscha
nahe Minsk waren dabei noch vergleichsweise niederschlagsreich mit 3,0 l/m²
innerhalb zwölf Stunden bis 07 Uhr MEZ. Einzig in Finnland regnete es noch ein
wenig mehr mit Niederschlagswerten bis 5,0 l/m² in Pelma
und Lohja.
An den beiden Tagen bis zum 21.03.
verlagerten sich die beiden Tiefs IGOR I und IGOR II in östliche Richtung, bis sie
um 01 Uhr MEZ dieses Tages mit einem Kerndruck von knapp 1000 hPa nordöstlich
und nordwestlich der russischen Stadt Workuta nördlich des Polarkreises zu
verorten waren. Die nun vollokkludierte Front, welche vom Kern IGOR I ausging,
reichte in südwestliche Richtung über Russland bis über das Schwarze Meer. Dabei
war das Tiefdrucksystem IGOR kaum noch wetterwirksam und so lösten sich beide Tiefzentren
bis zum 22.03. auf.