Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet IGOR

(getauft am 17.08.2013)

 

Mitte des Monats August bildete sich über dem Nordatlantik ein neues Tiefdruckgebiet aus. Als ersichtlich wurde, dass dieses für das Wettergeschehen in Europa von Bedeutung sein sollte, wurde es am 17.08. auf den Namen IGOR getauft.

An diesem Tag befand sich der Wirbel IGOR um 01 Uhr MEZ mit seinem Zentrum über dem östlichen Nordatlantik, ca. 800 km westlich der schottischen Westküste. Der Kerndruck des Tiefdruckgebietes lag etwas unter 985 hPa. Das Tief IGOR verfügte zu diesem Zeitpunkt über eine Okklusionsfront, welche vom Kern ausgehend ungefähr 500 km in Richtung Südost bis zum sogenannten Okklusionspunkt reichte, an dem sich die Okklusionsfront wieder in eine Warm- und eine Kaltfront aufspaltete. Beim Prozess der Okklusion holt die nachfolgende Kaltfront die vorlaufende Warmfront ein, wodurch sich eine Mischfront – die sogenannte Okklusionsfront – ausbildet. Die Warmfront des Tiefs verlief einige hundert Kilometer vom Okklusionspunkt aus in einem Bogen nach Südwest bis über den östlichen Nordatlantik. Die Kaltfront des Tiefs IGOR reichte vom Okklusionspunkt aus ebenfalls in einem südwestlichen Bogen bis weit über den zentralen Nordatlantik. In Gebieten, die von den Fronten überzogen wurden, kam es zu teils ergiebigen Niederschlägen und kräftigen Winden. So fielen etwa an der schottischen Wetterstation Stornoway und an der englischen Station Plymouth innerhalb von 24 Stunden bis 07 Uhr MEZ des Folgetages rund 8 l/m² an Sprühregen und Regen, wobei der Regen zum Teil auch als Schauer den Erdboden erreichte. In der schottischen Hauptstadt Glasgow waren es zwischen 07 und 19 Uhr MEZ sogar knapp 11 l/m² an Niederschlägen, ebenfalls aus Sprühregen und Regen. In Plymouth erreichte der Wind gegen 19 Uhr MEZ Geschwindigkeiten von etwa 32 m/s, was der Windstärke 11 auf der Beaufort-Skala und somit einem „orkanartigen Sturm“ entspricht.

Bis zum Folgetag, dem 18.08., verlagerte sich das Sturmtief IGOR etwa 900 km weiter nach Nordosten und lag mit seinem Kern über dem südlichen Europäischen Nordmeer. Der Druck im Zentrum des Wirbels war weiter bis auf knapp unter 980 hPa gesunken, was auf eine Verstärkung des Druckgebildes hindeutete. Die Okklusionsfront von Tief IGOR reichte in einem Bogen in südlicher Richtung um den Kern des Wirbels herum und über die Nordsee hinweg bis nach London und war von zwei Kaltfrontwellen durchsetzt, eine über der norwegischen Westküste und eine über Englands Südküste. Diese zeigen im Allgemeinen ein Voranschreiten kälterer Luftmassen in Richtung Osten an und gehen häufig mit Schauern oder Gewittern einher. Vom Okklusionspunkt aus reichte die Warmfront nach Südwesten über die französische Bretagne hinweg, wohingegen die Kaltfront in einem südwestlichen Bogen bis weit über den Nordatlantik verlief. Die Fronten überzogen an diesem Tag weite Teile Norwegens, die Beneluxstaaten sowie Teile Nord- und Westdeutschlands, wobei es verbreitet zu ergiebigem, z.T. auch schauerartig verstärktem Regen kam. An der norddeutschen Wetterstation Bremerhaven wurden zum Beispiel bis 07 Uhr MEZ des Folgetages innerhalb des 24-stündigen Bezugszeitraumes ca. 14 l/m² Regen registriert. Bad Marienberg im Westerwald meldete im gleichen Zeitraum sogar 25 l/m². Auch in Luxemburg fiel in der gleichnamigen Hauptstadt von 19 bis 07 Uhr MEZ des Folgetags eine beachtliche Regenmenge von 18 l/m², größtenteils aus Regenschauern. Die an der Nordsee gelegene norwegische Stadt Bergen meldete neben einer 24-stündigen Regenmenge von 16 l/m² auch gegen 19 Uhr MEZ Windstärken um 15 m/s. Dies entsprich der Windstärke 7, bzw. in Worten einem „steifen Wind“.

Bis zum 19.08. verlagerte sich der Tiefdruckwirbel rund 700 km in Richtung Norden. Er lag mit seinem Kern, welcher über einen Druck von etwas über 980 hPa verfügte, nun ca. 350 km nordöstlich der isländischen Ostküste. Die Okklusionsfront des Tiefs verlief vom Kern aus in einem südlichen Bogen über Norwegen hinweg bis zur schwedischen Hauptstadt Stockholm. Die Warmfront erstreckte sich vom dortigen Okklusionspunkt aus in Richtung Süden bis in die zentrale Slowakei. Die Kaltfront reichte hingegen in südwestlicher Richtung über die Ostsee und Norddeutschland hinweg bis in die Nähe von Köln. Außerdem spaltete sich gut 300 km westlich der norwegischen Westküste eine zusätzliche Warmfront von der Okklusionsfront ab, die nach Osten verlief. Nahe den Fronten kam es vor allem im finnischen Raum erneut zu Niederschlägen. An einer Wetterstation der finnischen Hauptstadt Helsinki registrierten die Messgeräte innerhalb der 6 Stunden von 07 bis 13 Uhr MEZ rund 6 l/m² Niederschlag, vor allem aus Regenschauern. Am Abend überquerte die Kaltfront das russische Murmansk und brachte zwischen 19 und 01 Uhr MEZ noch immerhin 0,6 l/m² Niederschlag aus Regenschauern. Hier wurde mit etwa 12 m/s gegen 19 Uhr MEZ die Windstärke 6 und ein sogenannter „starker Wind“ erreicht.

Zum 20.08. hin hatte sich das Tief IGOR etwa 250 km weiter in Richtung Nordwest verlagert und lag nun nahe der norwegischen Insel Jan Mayen. Dein Kerndruck betrug nun knapp unter 990 hPa. Um 01 Uhr MEZ dieses Tages verfügte das Tief über ein weitreichendes Frontensystem. Die Okklusionsfront verlief in Richtung Nordost und spaltete sich in zwei Okklusionsfronten auf, wovon die eine in einem südwestlichen Bogen an der norwegischen Westküste entlang lief und sich nahe der Stadt Bergen in eine Kaltfront umwandelte, die bis ca. 200 km nördlich von Schottland verlief. Die andere Okklusionsfront führte über die Südküste der Inselgruppe Spitzbergen hinweg und reichte anschließend, die westliche Barentssee passierend, bis nach Murmansk, wo sie in eine Kaltfront überging, die sich bis zum Baltikum erstreckte. Von dieser zweiten Okklusionsfront spaltete sich erneut eine Warmfront ab, die über der Nordküste Spitzbergens hinweg zuerst in Richtung Nordosten wies, um anschließend bogenförmig die russische Insel Nowaja Semlja zu überqueren, bevor sie über dem Kama-Stausee im Westen des zentralen Uralgebirges endete. Niederschläge brachte der Tiefdruckwirbel vor allem im Bereich Spitzbergens mit sich. In Barentsburg fiel von 07 Uhr MEZ dieses Tages eine 24-stündige Niederschlagsmenge von rund 5,3 l/m² aus Regen und Regenschauern.

Am 21.08. befand sich das Tief IGOR um 01 Uhr MEZ ca. 650 km nordöstlicher als am Vortag über dem Europäischen Nordmeer. Der Kerndruck hatte sich weiter bis auf knapp unter 1000 hPa stabilisiert. Das Druckgebilde ist nun fast vollständig okkludiert, wobei seine Okklusionsfront vom Zentrum aus in einem nördlichen Bogen über Spitzbergen hinweg und anschließend nach Süden bis zu den zentralen Skanden verlief, von wo aus die Front nun weiter als Kaltfront bis etwa 300 km nordöstlich der schottischen Nordküste reichte.

Bis zum Folgetag verschob sich der Wirbel IGOR nochmals weiter nach Nordosten und befand sich mit seinem Zentrum, welches einen Druck von nunmehr über 1005 hPa aufwies, über der Westküste Spitzbergens. Seine Okklusionsfront verlief nördlich um die Inselgruppe herum bis sie sich ca. 300 km westlich der Westküste von Nowaja Semlja am dortigen Okklusionspunkt in Warm- und Kaltfront aufspaltete. Die Warmfront verlief über die Insel hinweg bis weit hinein ins russische Festland. Die Kaltfront erstreckte sich hingegen über die Halbinsel Kola und die skandinavischen Staaten hinweg bis zur schottischen Nordküste.

Dies war der letzte Tag, an dem das regenreiche Sturmtief IGOR auf der Berliner Wetterkarte zu beobachten war, da es sich bis zum darauffolgenden Tag weiter in nordöstlicher Richtung verlagerte und somit nicht weiter in dem Analysebereich der Berliner Wetterkarte erkennbar war.


 

Geschrieben am 24.09.2013 von Gregor Meusel

Wetterkarte: 18.08.2013

Pate: Heiko Faller