Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet ILKA
(getauft am 17.01.2020)
Am 15.01.2020
befand sich südlich Grönlands, Höhe Neufundlands, ein Höhentrog in der
mittleren Atmosphäre (500 hPa). Dabei handelt es sich um ein ausgedehntes
Gebiet niedrigen Luftdrucks, dies entsteht oft durch eine Ausbeulung des
Jetstreams nach Süden. Einige tausend Kilometer südwestlich dieses Troges, vor
der amerikanischen Ostküste, hatte sich an einer Wellenstörung ein Bodentief
gebildet. Bei einer Wellenstörung handelt es sich um eine beginnende
Verwirbelung an einer Luftmassengrenze, in diesem Fall ist es die Polarfront
zwischen kalten polaren und warmen subtropischen Luftmassen.
Dieses
Bodentief verlagerte sich in den folgenden Tagen nach Osten und entwickelte
dabei ein Frontensystem. Am 16.01. gelangte es in den Einflussbereich des
Troges über Neufundland und verstärkte sich, d.h. sein Druck nahm ab. Tags
darauf wurde dieses Tief um 01 Uhr MEZ von den Meteorologen der Berliner
Wetterkarte auf den Namen ILKA getauft. Es befand sich nun über dem
Nordatlantik, ca. 2000 km nordwestlich der Azoren mit einem Kerndruck von 1005
hPa. Das Tief war zu diesem Zeitpunkt bereits zum Teil okkludiert, d.h. seine
Kalt- und Warmfront hatten sich vermischt. Die Okklusionsfront, Mischfront,
reichte vom Tiefzentrum ca. 1000 km nach Süden, bis zum Okklusionspunkt, an dem
sich die anderen beiden Fronten verbanden. Die Kaltfront zog sich nach
Südwesten auf einer Länge von etwa 1500 km, bis sie in die Warmfront des
darauffolgenden Tiefs vor der Küste Kanadas überging. Die Warmfront des Wirbels
ILKA war hingegen relativ kurz und reichte rund 1000 km in östliche Richtung.
Auch die Warmfront ging danach ihrerseits wiederum in eine Kaltfront über.
Tags darauf
hatte sich das Tief ILKA weiter nach Osten verlagert und befand sich nun ca.
1000 km westlich der Britischen Inseln, sein Kerndruck betrug 1010 hPa. Seine
Okklusionsfront reichte vom Tiefzentrum etwa 500 km nach Südosten, bis zum
Okklusionspunkt, von dem aus eine kurze Warmfront gute
400 km nach Südosten abzweigte und die Kaltfront ungefähr doppelt so weit nach
Südwesten. Noch hatten die Fronten kein europäisches Festland erreicht und
somit gab es auch noch keine Auswirkungen auf das Wettergeschehen in Europa.
Bis zum
nächsten Tag, dem 19.01. zog das Tief weiter nach Südosten, sodass es um 01 Uhr
MEZ mit einem Kerndruck von knapp 1020 hPa über der Ostküste Spaniens verortet
werden konnte. Im Druckniveau von 500 hPa lag direkt über dem Bodenwirbel noch
ein Höhentief, was darauf hindeutet, dass die Tiefdruckentwicklung nun
abgeschlossen war. Zudem begann sich das Höhentief von der Strömung abzulösen
und selbst ein eigenständiger Wirbel zu werden. Auch der Okklusionspunkt und
das Tiefzentrum lagen fast deckungsgleich über den Balearischen Inseln. Vom Tiefkern südwestlich der Balearen aus verlief die Okklusion
über 1000 km nach Nordwesten quer über die Iberische Halbinsel bis zur
portugiesischen Stadt Porto. Nur ein kurzes Stück (rund 100 km) ging vom Tiefkern nach Süden bis zum Okklusionspunkt. Die Kaltfront
reichte in einem Bogen nach Südwesten über die Straße von Gibraltar sowie die
Nordwestküste Marokkos. Die Warmfront hingegen verlief vom Okklusionspunkt aus
ca. 300 km nach Süden und lagerte über Algerien. Nördlich des Tiefs lag das
Hoch EKART über den Britischen Inseln und östlich, über Italien befand sich ein
unbenannter Tiefdruckwirbel.
Das Tief ILKA
brachte vor allem über der Ostküste Spaniens und den Balearen kräftige
Niederschläge. So fielen z.B. in Barx, rund 50 km
südlich von Valencia, 84.6 mm Regen innerhalb von 24 Stunden. In Porto Colom an
der Ostküste Mallorcas fielen dagegen sogar 147 mm im selben Zeitraum. Ganz im
Norden Spaniens waren die Niederschläge weniger ergiebig: In Tresviso (Kantabrien) fielen immerhin 36.4 mm am gesamten
Tag. Diese Regenfälle waren größtenteils auf die Okklusionsfront des Wirbels
zurückzuführen. Doch vor allem die Kaltfront sorgte für einen spürbaren
Wetterwechsel. Bevor sie über den Süden
der Iberischen Halbinsel hinweg zog, wurden dort meist Höchsttemperaturen zwischen
15 und 20°C gemessen. Am Tag darauf hingegen lagen sie verbreitet unter 15°C,
teilweise waren sie sogar nur einstellig.
Über
Nordafrika machte sich der Durchgang der Kaltfront am Abend durch Gewitter
bemerkbar. Am Flughafen der algerischen Küstenstadt Oran wurde gegen 19 Uhr MEZ
von den Wetterbeobachtern vor Ort ein Gewitter während der letzten Stunde
gemeldet.
Auch über
Spanien konnte 60 km nordwestlich von Murcia in Alicante um 17:21 ein Gewitter,
allerdings ohne Niederschlag an der Station, beobachtet werden.
An der
Warmfront des Tiefs ILKA konnten lediglich etwas Sprühregen und leichter Regen
festgestellt, wobei die Niederschlagsmengen eher gering ausfielen.
Bis zum
20.01. verlagerte sich der Wirbel weiter nach Südosten, sodass er nun über der
algerischen Küste, etwas westlich der Hauptstadt Algier lag und einen Kerndruck
von 1015 hPa aufwies. Vom Druckzentrum aus verlief die um das Tief gewickelte
Okklusionsfront nach Nordosten bis zum Okklusionspunkt, welcher über den
Balearen lag. Von dort aus reichte die ca. 1000 km lange Kaltfront nach Süden,
ins Landesinnere von Algerien, und die etwa gleich lange Warmfront nach Osten,
bis zum Tyrrhenischen Meer. In der Höhe von 500 hPa war nun eine komplett
abgeschlossene Umströmung des Tiefs zu erkennen, was man auch als
Kaltlufttropfen bezeichnet. Weiterhin lag nördlich des Tiefs das Hoch EKART,
welches seinen Einfluss inzwischen auf die Iberische Halbinsel sowie West- und
Mitteleuropa ausgedehnt hatte.
Auf das
Wettergeschehen am Boden hatte das Tief vor allem über Nordafrika aber auch
über den Balearen und der spanischen Ostküste noch einen großen Einfluss.
Erneut fielen auf Mallorca große Mengen Regen, diesmal 100.6 mm in Escorca-Son Torrella an der
Nordwestküste. Auf dem spanischen Festland wurden in Barx
sogar nochmals 188 mm in 24 Stunden gemessen. Außerdem fällt auf, dass die
Isobaren (Linien gleichen Luftdrucks) in der Nähe des Tiefkerns nun deutlich
dichter gedrängt waren, was zu hohen Windgeschwindigkeiten führte. In Valencia
wurde an diesem Tag eine Spitzenböe von 96 km gemessen, was Windstärke 10
entspricht.
Bis zum
nächsten Tag, dem 21.01. blieb das Tief ILKA fast ortsfest und verlagerte sich
nur wenige Kilometer weiter nach Südosten, wobei sein Kerndruck konstant blieb.
Seine Fronten hatten sich nun vollständig okkludiert, es konnte also keine
Warm- und Kaltfront mehr ausgemacht werden. Die Okklusion verlief in einer Art
Halbkreisbogen vom Tiefkern über Algerien nach
Barcelona und über Cagliari, auf Sardinien, nach Tunis und Sfax.
Immer noch
sorgte das Tief für Niederschläge über dem westlichen Mittelmeerraum. Auch
konnten einige Gewitter beobachtet werden, wie z.B. um 01 Uhr MEZ über
Valencia. Aus Teruel (Aragonien) auf 900 m Höhe wurden um 16 Uhr Eiskörner
mäßiger Intensität gemeldet. Ansonsten kam es vielerorts zu Schauern wie etwa
am Nachmittag über Mallorca. An der Südwestküste Frankreichs, nahe der Grenze
zu Spanien fielen im Ort Perpignan 68 mm Regen. Entlang der östlichen
Tiefausläufer waren die Niederschläge nicht so ergiebig. Auf Korsika, in Capo
Bellavista registrierten die Messgeräte nur 10 mm. Die starke Drängung der
Isobaren blieb weiter bestehen. Am Flughafen von Barcelona wurde eine maximale
Windgeschwindigkeit von 89 km/h verzeichnet, was ebenfalls 10 Beaufort
entspricht.
Bis zum 22.01.
passierte etwas Ungewöhnliches, denn das Tief verlagerte sich nach Westen.
Grund dafür war das Hoch EKART, welches weiterhin nördlich von Tief ILKA lag
und an dessen Südseite östliche Winde herrschten. Aufgrund dessen, dass Hochdruckgebiete
sich mit dem Uhrzeigersinn dreht, verlagerte sich das Tief ILKA mit der
Strömung nach Westen. Auf den Wetterkarten dieses Tages wurden nun keine
Fronten mehr eingezeichnet, zudem lag das Druckgebiet jetzt westlich der Straße
von Gibraltar mit einem Kerndruck von 1015 hPa. Die Wetteraktivität über dem
Mittelmeer hatte sehr stark nachgelassen, stattdessen verlagerte sich der
Einflussbereich von Tief ILKA nun zu den Pyrenäen, in den Nordosten Spaniens. Dort
vielen mancherorts weit über 100 mm in 24 Stunden, z.B. in Viladrau
auf 953 m, wo 172.8 mm registriert wurden. Auch konnten noch einige Gewitter
von den Wetterbeobachtern aufgezeichnet werden, wie etwa am Flughafen von
Barcelona um 01 Uhr MEZ oder in Girona, Katalonien um 04 Uhr MEZ.
Am 23.01. war
das Tiefdruckgebiet weiter nach Osten gewandert und befand sich nun über dem
äußersten Süden Portugals mit einem Kerndruck von 1015 hPa. Ein lang gezogenes
Wolkenband, in der BWK als Okklusionsfront gekennzeichnet, erstreckte sich von
dort aus um die Nordwesthälfte der Iberischen Halbinsel herum, bis zu den
Pyrenäen und von dort aus über die Balearen nach Algerien, wie sich auf
Satellitenbildern dieses Tages gut erkennen lässt. Dieses Wolkenband war noch
recht wetterwirksam, sodass beispielsweise um 05 Uhr MEZ Gewitter im
südspanischen Rota, welches 10 km nordwestlich von Cadiz
liegt, beobachtet werden konnten. Im Süden Spanien wurden nun auch die höchsten
Niederschlagsmengen des Landes gemessen. Coin, rund
25 km westlich von Malaga gelegen, meldete 183 mm Tagesniederschlag. Im
Nordosten lagen die Werte nun durchweg unter 100 mm, wobei der höchste
Niederschlag dort an der Bergstation Cadi Nord (2143
m) vermeldet wurde. Diese liegt nahe der Grenze zu Andorra, ungefähr 25 km
südöstlich davon.
Tags darauf,
am 24.01., befand sich das Tiefzentrum mit unverändert 1015 hPa ca. 300 km
weiter westlich als zuvor. Ein halbkreisförmiges Wolkenband, welches in der BWK
als Okklusion analysiert wurde, verlief nach Norden in einem Bogen um die
Iberische Halbinsel herum, nördlich der Pyrenäen und östlich der Balearen
vorbei bis nach Algerien. Jetzt konzentrierten sich die Niederschläge auf den
Süden Spaniens und Portugals. Die höchste 24-stündige Regenmenge betrug 55,4 mm
und wurde in Torremolinos in der Nähe von Malaga gemessen. Weiterhin
erwähnenswert waren Gewitter, die in Tanger, Marokko, um 03 und 15 Uhr MEZ
sowie in Cadiz um 13 Uhr MEZ beobachtet wurden.
Der 25.01.
war der letzte Tag, an dem das Tief ILKA noch auf der BWK eingezeichnet wurde.
Es lag nun knapp 200 km westlich der Südwestspitze Portugals mit einem
Kerndruck von 1015 hPa. Fronten ließen sich nicht mehr ausmachen aber das Tief
führte viel feuchte Meeresluft nach Nordosten, sodass es über Südspanien und
der Straße von Gibraltar noch zu teilweise kräftigen Regenfällen kam. Die
höchste Tagesniederschlagsmenge wurde aus Vejer De La
Frontera, rund 50 km westlich von Gibraltar mit 85 mm gemeldet. Die sonstigen
Niederschlagssummen in der Region lagen jedoch meist deutlich darunter,
besonders nahe der Meerenge Gibraltars. So wurden in Tarifa, an der Südspitze
Spaniens nur noch 11.8 mm von der dortigen Wetterstation erfasst. Wieder
konnten Blitz und Donner beobachtet werden. Am Flughafen von Malaga wurde um 01
Uhr MEZ ein Gewitter in Verbindung mit starkem Regen gemeldet. Innerhalb einer Stunden fielen dort 36.6 mm. Auch Cadiz verzeichnete um 03 Uhr MEZ ein Gewitter, allerdings
ohne Niederschlag an der Station, d.h. es war nur Donner hörbar. Von 06 bis 08
Uhr MEZ gab es gleich mehrere Gewitter: je ein weiteres in Cadiz
und Malaga sowie eins in Jaén. Diese Gewitter waren jedoch schwächer als die
vorherigen und am restlichen Tag gab es keine weitere Gewitteraktivität in der
Region.
Bis zum
nächsten Tag hatte sich das Tief wahrscheinlich aufgelöst.