Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet ILSE

(getauft am 25.06.2010)

 

Auf der 0 UTC (2 Uhr MESZ) Bodenanalyse des 22.06. wurde ein Wellentief mit Kern über den Neufundland-Inseln sichtbar, welches sich mit seinen Fronten von der Nordamerikanischen Ostküste bis weit auf den Nordatlantik erstreckte. Bis zum 24.06. zog der Wirbel gen Osten, sodass er mit seinem Kern mittig zwischen Neufundland und den Britischen Inseln lag. Dabei verstärkte er sich um ca. 15 hPa auf einen Kerndruck von knapp unter 1000 hPa. Ausgehend vom Kern erstreckte sich eine ca. 100 km lange Okklusion (Mischfront mit Warm- und Kaltfroneigenschaften) nach Südosten, die sich in eine über den Atlantik rücklaufende Kaltfront und eine kurze nach Osten verlaufende Warmfront spaltete. An die Warmfront schloss zudem eine, dem Tiefdrucksystem vorgelagerte, in einem Bogen von Nord nach Süd verlaufende, Okklusion an. Im Laufe des Tages schloss sich diese vorlaufende Okklusion dem Kern des Tiefs an und vereinigte sich dort mit der ursprünglichen Okklusionsfront.

Um 0 UTC des Folgetages lag der Kern des Tiefs an nahezu gleicher Position wie am Vortag. Die angeschlossene Okklusion verlief im Uhrzeigersinn um den Kern und spaltete sich ca. 100 km vor der Küste Irlands in zwei Warmfronten auf. Eine der beiden verlief gen Süden entlang der Irischen Küste, die zweite schwenkte hakenförmig nach Norden, wo sie sich nach wenigen Kilometern mit einer nachfolgenden, sich quer über den Atlantik erstreckenden, Kaltfront verband. Da die Prognosen zeigten, dass der Wirbel mit seinen Fronten in den nächsten Tagen in das mitteleuropäische Wettergeschehen eingreifen würde, wurde er noch am selben Tag auf den Namen ILSE getauft.

ILSES Zentrum blieb bei leichter Intensivierung zunächst nahezu stationär. Das zugehörige Frontensystem veränderte sich dagegen stark, sodass es bis zum Morgen des 26.06. vollständig okkludiert war, d.h. keine getrennte Warm- und Kaltfront mehr aufwies. Die sehr lang ausgebildete Okklusion verlief spiralförmig aus dem Kern heraus und erstreckte sich von Nord nach Süd über Irland, bevor sie vor der Nordwestküste Spaniens in eine nachfolgende Kaltfront überging.

Die Zyklone ILSE konnte aufgrund des über Dänemark, Norddeutschland und der Nordsee liegenden und blockierenden Hochs XERXES auch in den darauffolgenden 24-Stunden nur wenig nach Osten ziehen, sodass der Kern am 27.06. noch immer ca. 200 km westlich der Schottischen Westküste lag. Die Okklusion ging wiederum bogenförmig vom Kern aus und reichte bis zu den Britischen Inseln, wo sie Kaltfrontcharakter annahm und sich weiter gen Süden bis zur Nordspanischen Küste erstreckte, wo sie über den Festland nach Westen schwenkte und vor der Südwestspitze der Iberischen Halbinsel endete. Vor allem in Spanien kam es im Frontbereich zu starken Windrichtungsänderungen. So wurde um 0 UTC in Madrid, vor der Front, ein Südwestwind gemeldet, während A Coruña, zu diesem Zeitpunkt bereits hinter der Front, Nordostwind meldete. Im Laufe des Tages schloss sich ILSE mit dem über dem Nordmeer liegenden Tiefdruckwirbel HEIKE zusammen.

Vom kurz vor der Schottischen Westküste liegenden Kern aus, erstreckte sich am 28.06. um 0 UTC weiterhin spiralförmig die Okklusion, allerdings zu diesem Zeitpunkt nur noch in der 850 hPa-Karte sichtbar. Etwa 150 km vor der Norwegischen Küste, auf der Breite der Stadt Bergen, spaltete sich die Okklusion in eine Warmfront, die quer über Südskandinavien und die Ostsee verlief und sich über dem Baltikum mit der Kaltfront des Wirbels HEIKE verband, sowie eine Kaltfront, die in südliche Richtung über die Nordsee, London und die Bretagne verlief, wo sie Warmfronteigenschaften annahm, um bei Bordeaux wieder an eine Kaltfront, die über Südfrankreich und Teilen des Mittelmeers lag, anzuschließen.

Im groß aufgespannten Warmluftsektor, der u.a. Polen, Deutschland, die Benelux-Staaten und weite Teile Frankreichs einschloss, war noch immer das Hoch XERXES wetterbestimmend. An der Front über der Bretagne wurde jedoch die Eigenschaft eines Tiefs als Luftmassengrenze deutlich. Vor der Front wurden um 0 UTC noch Temperaturen um 20°C gemessen. So z.B. Paris mit 22°C. Mit Durchgang der Front sanken die Temperaturen auf 14 - 18°C. So meldete Brest zur gleichen Zeit nur noch 14°C.

Der Wirbel verlagerte sich in den darauffolgenden Stunden leicht nach Nordosten, sodass der Kern am Morgen des 29.06. nördlich von Schottland, auf der Breite Bergens lag. Ausgehend vom Kern erstreckte sich eine Okklusion gen Nordosten, die sich nahe der Norwegischen Stadt Trondheim in eine Warmfront und eine Kaltfront aufspaltete. Die Warmfront verlief, wie am Vortag, ostwärts über Skandinavien und nahm bei Helsinki Kaltfrontcharakter an. Die Verbindung zum vorlaufenden Tief HEIKE hatte sich dabei gelöst, sodass die Front in Nordwestrussland endete. Die Kaltfront zog sich über Südnorwegen, Jütland, entlang der Deutsch-Niederländischen Grenze, bis in den Raum Brüssels. Beeinflusst durch das sich abschwächende, aber noch immer im Warmluftsektor liegende, Hoch XERXES waren die Fronten kaum wetterwirksam. Am weiter westlich liegenden Okklusionspunkt wurden dagegen Schauer registriert. Trondheim meldete um 6 UTC eine 24-stüdige Niederschlagsmenge von 10 l/m², Bergen von 4 l/m².

Bis zum darauffolgenden Tag zog der Kern nur wenige Kilometer nach Norden und lag auf der Breite von Trondheim. Die Okklusionsfront erstreckte sich nun bis zu den Lofoten, wo sie sich in stark verkürzte Fronten aufspaltete. Die Warmfront verlief von Nordnorwegen über Nordschweden und Finnland bis zum Weißen Meer. Die Kaltfront verlief in einem Bogen über Norwegen nach Schweden, wo sie bereits über Mittelschweden in die Warmfront des nachfolgenden Tiefs JUTTA mündete. Mit den geringer ausgeprägten Fronten und einem Kerndruck von etwas unter 1015 hPa hatte sich ILSE in den vergangen Stunden stark abgeschwächt und war in Nordskandinavien kaum noch wetterwirksam, sodass das intensivere Tief JUTTA zunächst die Steuerung und im Tagesverlauf auch das komplette Tief ILSE übernahm. Somit war der 30.6. der letzte Tag, an dem Tief ILSE auf der Analysekarte der Berliner Wetterkarte geführt wurde.


Geschrieben von Katrin Krüger am 23.09.2010

Berliner Wetterkarte: 28.06.2010

Pate: Ilse Krüger