Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet IMELDA
(getauft am 24.06.2014)
Anfang
der zweiten Junidekade 2014 spaltete sich westlich der Iberischen Halbinsel ein
Tiefdruckgebiet in einer Höhe von rund 5,5 km von der Hauptströmung ab. Zu
diesem Höhentief gehörte eine Zyklone im Bodenniveau, die sich fast genau
unterhalb von jenem Wirbel in der mittleren Atmosphäre befand. Bis zum 24.06.
verlagerte sich der Höhenwirbel nur wenig und lag um 02 Uhr MESZ über dem Süden
Portugals. Das korrespondierende Bodentief konnte derweil mit einem Kerndruck
von ca. 1017 hPa über dem Grenzgebiet zwischen dem Nordosten Portugals und
Spanien analysiert werden. Aufgrund seines prognostizierten Einflusses auf das
Wettergeschehen in Mitteleuropa wurde dieses Bodentief noch am selben Tag auf
den Namen IMELDA getauft.
Der
Wirbel besaß zu diesem Zeitpunkt eine vom Kern ausgehende Okklusion, also eine
Mischfront mit Warm- und Kaltfronteigenschaften, die bogenförmig nach Nordosten
bis zu ihrem Okklusionspunkt, d.h. dem Ort, an welchem sie sich in Warm- und
Kaltfront aufspaltet und der sich über der Biskaya befand, verlief. Von diesem
erstreckte sich eine Warmfront nach Nordosten über Frankreich und die Schweiz
bis zu den südbayrischen Alpen. Außerdem führte eine Kaltfront nach Süden über
das spanische Festland bis nach Almería. Bereits bis
zur Nacht davor führte die Zyklone vor allem im Alpenraum durch die zusätzliche
orographische Hebung von Luftmassen zu Gewitterschauern, die auch Starkregen
und Sturmböen mit sich brachten. Dabei fielen in Klagenfurt Hagelkörner mit
einem Durchmesser von 3 bis 5 cm und bis zum nächsten Morgen insgesamt
45 l/m² Niederschlag im Verlauf des vergangenen Tages. Im Süden
Deutschlands wurden am Abend einstündige Niederschlagsmengen von 15 l/m²
in Sigmaringen und 13 l/m² in Garmisch-Partenkirchen registriert. Mit 29 l/m²
bis 08 Uhr MESZ am 24.06. wurde in Immenstadt-Reute
im Allgäu deutschlandweit der höchste Niederschlagswert der vorangegangenen 24
Stunden gemeldet. Auch in Zürich wurde dieser Wert erreicht. Weiter westlich im
Süden Frankreich kamen in Toulouse im selben Zeitraum sogar insgesamt 60 l/m²
zusammen.
Das
Tief IMELDA zog im weiteren Verlauf nach Osten und lag in der Nacht zum
Folgetag mit seinem Zentrum und einem Kerndruck von etwa 1010 hPa über der Cote
d'Azur. Westlich des Kerns wies eine kurze Okklusion nach Osten und spaltete
sich nördlich von Monaco in eine Warm- und eine Kaltfront auf. Die Warmfront
verlief teils verwellt nach Osten über die Alpen, Slowenien, den Norden
Kroatiens bis nach Serbien, wo sie südöstlich von Belgrad in die Kaltfront
eines unbenannten und über der Ukraine liegenden Wirbels überging. Die
Kaltfront erstreckte sich hingegen in einem Bogen nach Südosten und überquerte
dabei den Norden Italiens und das Tyrrhenische Meer, bis sie nördlich von
Tunesien über dem Mittelmeer endete. Dabei traten vor allem in der Alpenregion
abermals vermehrt Schauer und Gewitter auf. Diese führten lokal zu erheblichen
Niederschlagsmengen. So wurden in Österreich bis 08 Uhr MESZ in 24 Stunden
30 l/m² in Klagenfurt, 39 l/m² in Feistritz Ob
Bleiburg, 43 l/m² in Pörtschach am Wörthersee und 48 l/m² an der Station Eisenkappel gemessen. Eine Station in Ljubljana meldete
sogar eine Regenmenge von insgesamt 50 l/m² innerhalb von 24 Stunden. Im weiter
nordöstlich gelegenen Celje fielen in nur 12 Stunden
allein 44 l/m². Auch in Kroatien und Serbien wurden erhebliche
Niederschlagsmengen registriert. In Belgrad kamen 24-stündig 20 l/m² und in
Zagreb 23 l/m² zusammen. Des Weiteren meldeten einige kroatische Stationen in einem
Zeitraum von 12 Stunden bis 08 Uhr MESZ nennenswerte und teils durch Schauer
verursachte Regenmengen von 18 l/m² in Slavonski Brod, 23 l/m² in Varazdin und 28 l/m² in Osijek. Im weiter südlich
gelegenen Dubrovnik fiel dagegen gar kein Niederschlag. In Folge des
Kaltfrontdurchzuges sanken die Temperaturen im Einflussbereich des Tiefs
IMELDA. In Zagreb wurde an diesem Tag eine Höchsttemperatur von 17°C erreicht,
obwohl sie am Tag zuvor noch 26°C betrug. In Rijeka fiel der Maximalwert von
29°C am Vortag auf nun 22°C herab. Auch im Norden Italiens machte sich der
Frontdurchgang an der Temperatur bemerkbar. In Venedig wurde ein im Vergleich
zum Tag davor um 7 Grad niedrigerer Höchstwert von nun 21°C gemessen.
Der
Wirbel IMELDA verlagerte sich in seiner weiteren Entwicklung langsam nach Osten
und erreichte bis zum Morgen des 26.06. mit unverändertem Kerndruck Rumänien,
wo er Teil eines aus mehreren Kernen bestehenden und durch ihre Frontensysteme
miteinander verbundenen Tiefdruckkomplexes wurde, welcher sich von Italien über
den Balkan bis über den Nordwesten Russlands erstreckte. In seiner Bewegung in
Richtung Rumänien überquerte die zum Tiefdruckgebiet IMELDA zugehörige
Kaltfront Südslowenien und Kroatien, wo sie kräftige Schauer und Gewitter
auslöste und somit Niederschlagsmengen von häufig über 40 l/m² in 12
Stunden bis 20 Uhr MESZ hervorrief, wie dies zum Beispiel im Ogulin mit 41 l/m², in Parg und
dem slowenischen Portoroz mit jeweils 42 l/m² oder an
der Station Zagreb/Pleso mit 47 l/m² der Fall war.
Die Intensität der Schauer und Gewitter entlang der Luftmassengrenze lässt sich
durch die Temperaturunterschiede in Europa erklären. Die Front trennte die
kühle und feuchte Subpolarluft über Mitteleuropa von den subtropischen, weiter
im Südosten auch tropischen Luftmassen, über Südeuropa, die das Tief IMELDA
aufgrund seines Drehsinns nach Norden beförderte. Während also in Mitteleuropa Werte
von 20 bis 25°C die Temperaturmaxima darstellten, wurde es im Süden
gebietsweise sehr heiß, wie beispielsweise in Antalya mit 39°C, im griechischen
Larissa und Lamia mit ebenfalls jeweils 39°C oder in
Saloniki bzw. in Heraklion auf Kreta mit 37°C.
Am
27.06. befand sich die Zyklone IMELDA um 02 Uhr MESZ nach nordwestlicher
Zugrichtung über der östlichen Ukraine. Der Kerndruck verstärkte sich derweil
auf ca. 997 hPa. Vom Zentrum des Tiefs führte eine Okklusion etwa 800 km nach
Osten und gliederte sich am Okklusionspunkt in eine bis zum Südural weisende
Warmfront und eine über den Südwesten Russlands verlaufende und bis über das
westliche Schwarze Meer reichende Kaltfront auf. Auch an diesem Tag fielen die
Regenmengen lokal sehr unterschiedlich aus. Während bis zum Morgen dieses Tages
in Kiew 25 l/m² in 24 Stunden registriert wurden, konnten in Odessa nur 1 l/m²
und in Sinferopol sogar nur 0,1 l/m² gemessen werden.
In Kiew sank außerdem die Tageshöchsttemperatur durch die seit einigen Tagen
einfließenden maritimen polaren Luftmassen um weitere 7 Grad ab und betrug nun
nur noch 15°C.
Das
Tief IMELDA verlagerte sich bis zum darauffolgenden Morgen weiter nach
Nordosten bis über das Gebiet östlich von Moskau. Da sich der Wirbel
mittlerweile auf der Vorderseite eines Kurzwellentroges, d.h. eines
Kaltluftvorstoßes nach Süden in 5,5 km Höhe befand, schwächte er sich aufgrund
der stetigen Hebungsvorgänge in diesem Bereich nicht so rasch ab, wie dies
sonst über Landflächen üblich ist. Die Zyklone IMELDA behielt damit in etwa
ihre Stärke bei und besaß weiterhin einen Kerndruck von knapp unter 1000 hPa.
Zu dem Tief gehörte eine vom Zentrum ausgehende kurze Okklusion, die nach Osten
führte und südwestlich des Uralgebirges ihren Okklusionspunkt besaß. Von diesem
erstreckte sich eine Warmfront in Richtung Osten nach Westsibirien und eine
Kaltfront bogenförmig nach Südosten bis östlich des Kaspischen Meeres. Durch
die starken Hebungsvorgänge im Bereich des Tiefs IMELDA kam es zu teils
kräftigen Niederschlägen. Trotz der Nähe zur russischen Hauptstadt, blieb diese
weitestgehend mit insgesamt 4 l/m² innerhalb von 12 Stunden von hohen
Regenmengen ausgenommen. Knapp östlich von Moskau fielen dagegen 30 bis 40 l/m²
Regen im selben Zeitraum, wie beispielsweise in
Gus-Chrustalny mit 33 l/m², in Pavelec
mit 34 l/m² oder in Rjazan mit 37 l/m².
Der
Bewegung des Troges folgend, zog der Wirbel IMELDA bis zum 29.06. nur wenig
weiter nach Nordosten. Das Tief okkludierte nun zunehmend, wodurch die
Okklusionsfront vom Kern nach Süden aus ging, um jenen westlich herumführte und
bis knapp westlich des Urals zu ihrem Okklusionspunkt reichte. Die Warmfront
erstreckte sich mit südöstlichem Verlauf über dieses Gebirge, wobei die
Kaltfront nach Süden wies und parallel zu diesem verlief. Da sich das Tief
weiterhin nicht merklich abschwächte, konnten in den zentralen Gebieten des
europäischen Russlands abermals örtlich bis zu 50 l/m² als 24-stündige
Niederschlagssummen registriert werden. So fielen insgesamt 43 l/m² in Vyksa, 49 l/m² in Elatma und
sogar 54 l/m² in Yuryevets.
Am
30.06. um 02 Uhr MESZ besaß das Tief IMELDA nur noch eine Okklusion, welche
sich von einem Punkt westlich des Kerns nach Südosten bis außerhalb des
Darstellungsbereiches erstreckte und nur noch in der Höhe analysiert werden
konnte. Das Tiefdruckzentrum befand sich zu diesem Zeitpunkt über dem zentralen
Uralgebirge mit einem nun wieder abgeschwächten Druck von ca. 1006 hPa. Auch
die vom Wirbel IMELDA ausgelösten Niederschläge nahmen an Intensität ab,
wodurch nur noch geringe 24-stündige Regenmengen erreicht wurden. In Perm
wurden 1,1 l/m², in Pechora 2 l/m² und in Tobolsk 3 l/m² gemessen.
Das
Tief IMELDA verlagerte sich der Zugrichtung des dazugehörigen Höhentiefs
folgend im weiteren Verlauf nach Norden in Richtung des Weißen Meeres. Der
Wirbel schwächte sich jedoch soweit ab, das es am 01.07.2014 nicht mehr als
eigenes Druckgebilde auf der Berliner Wetterkarte erschien.
Geschrieben am 27.07.2014 von Sebastian Wölk
Berliner Wetterkarte: 25.06.2014
Pate: Imelda Hackenberg