Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet IMMO

(getauft am 29.05.2015)

 

In der Nacht zum 29.05.2015 entstand am Rande des umfangreichen Nordmeerwirbels HUBERTUS ein kleines Tiefdruckgebiet über dem östlichen Nordatlantik, welches folgend auf den Namen IMMO getauft wurde. Am Tag der Entstehung betrug der Kerndruck des Tiefs IMMO etwa 1015 hPa. Zwei Fronten, eine Warmfront und eine Kaltfront, verliefen vom Kern aus in Richtung Südwesten über das Meer.

Im Laufe des 29.05. vertiefte sich das Tiefdruckgebiet IMMO, während es zügig gen Osten in Richtung Mitteleuropa zog. In der Nacht zum 30.05. war der Druck im Kern, der sich mittlerweile über Südskandinavien befand, bereits auf 1000 hPa gesunken. Die mit dem Tief IMMO verbundene Kaltfront verlief dabei quer über Dänemark, Norddeutschland und die Bretagne, wo sie sich an die Warmfront des Tiefs JÜRGEN anschloss. Der Durchzug dieser Front hatte einen wesentlichen Einfluss auf das Wetter in Nordwesteuropa. Auf Jütland und in Schleswig-Holstein setzte Dauerregen ein. In Tylstrup auf Nordjütland fielen bis 02 Uhr MESZ innerhalb von      24 Stunden 40 mm Niederschlag und in Leck in Schleswig-Holstein         13,7 mm, wobei dort die Temperatur im Verlauf des Tages von 14,1°C um 12 Uhr auf 9,3°C um 19 Uhr MESZ sank. Außerdem wurden an dieser Station mehrmals steife Windböen gemeldet, die stärksten davon betrugen 57,6 km/h. Am Flughafen auf Sylt wurde mehrmals an diesem Tag Windscherung gemeldet, die größte betrug 70° und die Sichtweite fiel bei Regen zeitweise auf 5 km, wie am frühen Nachmittag gemeldet wurde.

Im weiteren Verlauf wurde das Tief IMMO, das noch immer einen Kerndruck von 1000 hPa hatte, von einem Hochdruckgebiet etwas weiter nach Nordosten über Skandinavien gedrängt. Dabei zog seine Front über Deutschland und verursachte windiges Wetter. In Berlin wurden am Nachmittag zwei Böen von 75,6 km/h registriert; dies entspricht dem Wert 9 auf der Beaufortskala und ist als Sturmböe definiert. In Berlin war die Frontenpassage auch deutlich an dem drastischen Temperabsturz zu erkennen. In den zwei Stunden zwischen 13 und 15 Uhr MESZ fiel die Temperatur an der Station Berlin-Tegel von 16,5 auf 9,9°C herab. Hinter der Front setzte sich folgend Hochdruckeinfluss über Mitteleuropa durch. In Südskandinavien blieb das Tief IMMO jedoch immer noch wetterbestimmend und in der norwegischen Bucht Melsomvik fiel die größte Niederschlagsmenge des Tages. Dort wurden bis 02 Uhr MESZ des Folgetages 24-stündig 34,5 mm Niederschlag gemeldet, wobei der Wind im Verlauf des Tages von Ost auf Süd drehte.

Bis zum 01.06. zog das Tief IMMO noch weiter nach Norden über die skandinavische Halbinsel und spaltete sich dabei in zwei Kerne auf. Der westliche der beiden Kerne hatte einen Druck von 995 hPa und positionierte sich bis zum darauffolgenden Tag über der Westküste Norwegens nahe Trondheim. Der östliche Kern befand sich indes über der Weißen See und besaß einen Kerndruck von 1005 hPa. Eine Okklusion verband dabei die beiden Kerne miteinander. Eine Okklusion stellt eine Mischfront aus Warm- und Kaltfront dar, welche die Eigenschaften beider Systeme in sich vereint. Hierbei wird die Warmfront von der schneller ziehenden und ihr folgenden Kaltfront am sogenannten Okklusionspunkt eingeholt und angehoben. Des Weiteren verliefen vom östlichen Kern eine Warmfront nach Osten bis zum Ural und eine Kaltfront nach Süden bis nahe Kiew. Im Zusammenspiel mit einem weitreichenden Hochdruckgebiet über Osteuropa strömte relativ warme und trockene kontinentale Luft bis nach Nordnorwegen, wodurch die höchste Temperatur in Norwegen von einer der nördlichsten Wetterstationen gemeldet wurde; im Nationalpark Pasvik an der russischen Grenze erreichte die Temperatur am frühen Nachmittag 21,4°C bei einer leichten östlichen Brise. Auch die Stationen Nyrud und Karasjok, die sich deutlich nördlich des Polarkreises befinden, meldeten Höchsttemperaturen von mehr als 20°C und keinen Niederschlag.

Im Laufe des 02.06. erfasste das Tief JÜRGEN ganz Skandinavien und drängte somit das Tiefdruckgebiet IMMO weit nach Osten bis über die Südküste der Insel Nowaja Semlja in der Barentssee. An diesem Tag betrug der Kerndruck 1000 hPa und es verlief eine Okklusion vom Kern aus bis zu ihrem Okklusionspunkt östlich von Workuta. Eine Warmfront erstreckte sich von dort nach Südosten über Westsibirien und eine Kaltfront nach Südwesten bis nördlich von Perm. In die Region des nördlichen Uralgebirges wurden weiterhin trockene kontinentale Luftmassen herantransportiert und in Workuta drehte der Wind am Abend beim Durchgang des Frontensystems in drei Stunden von südlichen Richtungen um 21 Uhr auf Westen um Mitternacht.

Im weiteren Verlauf verlagerte sich das umfangreiche Hoch, was sich über Osteuropa ausgebreitet hatte, weiter nach Norden und das Tief JÜRGEN zog weiter nach Nordosten, sodass das bereits abgeschwächte Tief IMMO nach Osten über Sibirien verschoben wurde. Dabei verließ es den Analysebereich der Berliner Wetterkarte und konnte am 03.06. nicht mehr auf dieser namentlich verzeichnet werden.


Geschrieben am 10.07.2015 von Arnór Tumi Jóhannsson

Berliner Wetterkarte: 30.05.2015

Pate: Immo Porsche