Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet INGO
(getauft am 07.03.2021)
Während am Ende der ersten Märzwoche die
ausgedehnte Hochdruckzone KESJA von West- bis Südosteuropa für sonnenscheinreiches
Wetter sorgte und das umfangreiche Tiefdruckgebiet HARTMUT Skandinavien und
Westrussland winterlichen Einfluss bescherte, war südlich von Island im Bereich
schwacher Luftdruckgegensätze entlang einer Warmfront die Entstehung eines
Wellentiefs zu beobachten. Da dieses Tief in den kommenden Tagen das Wetter in
Europa beeinflussen sollte, wurde es am 07.03.2021 von den Meteorologen der
Berliner Wetterkarte in der Prognose für den darauffolgenden Tag auf den Namen
INGO getauft. Als Wellentief bezeichnet man ein kleinräumiges und flaches
Luftdruckminimum ohne eigenständige Zirkulation. Auch das für Zyklonen, wie man
Tiefdruckgebiete auch nennt, typische Frontensystem, bestehend aus einer Kalt-
und einer Warmfront, hatte sich noch nicht ausgebildet. Nur die Warmfront, an
der sich Tief INGO gebildet hatte, reichte aus dem Tiefdruckzentrum heraus in
südliche Richtungen. Während Hoch KESJA I am 07.03. in weiten Teilen der Britischen
Inseln noch für sonniges Wetter sorgte, nahm das Tief INGO im Tagesverlauf bereits
Kurs auf Großbritannien. In Verbindung mit einer Okklusionsfront, also einer
Mischfront mit Kalt- und Warmfronteigenschaften, welche zum Tagesbeginn
westlich vor Irland lagerte und im Verlauf über die Insel hinweg zog,
intensivierten sich besonders in der Nordhälfte mit Annährung des
Tiefdruckkerns von INGO in der Nacht auf den 08.03. die Regenfälle.
Zum 06 UTC Termin, also um 07 Uhr MEZ, des
08.03. konnte das Tief INGO im Bereich von knapp unter 1020 hPa genau zwischen
den Färöer-Inseln und der nördlichsten Spitze Schottlands analysiert werden. In
Schottland fielen so 12-stündig bis 07 Uhr MEZ bei leichtem bis mäßigen Regen 3
bis 10 mm. Die Warmfront von Tief INGO erstreckte sich in südöstliche Richtung
über die Nordsee bis über die Niederlande, wo sie in die Kaltfront des
Nordwestrusslandtiefs HARTMUT überging, die entlang des nördlichen Randes der
deutschen Mittelgebirge und der Sudeten bis in den Tiefdruckkern östlich von
Moskau reichte. Auch eine schwache Kaltfront, welche rund 400 km in westliche
Richtung reichte, hatte sich mittlerweile am Kern von Tief INGO ausgebildet. Die
Warmfront machte sich in den Niederladen mit leichtem Sprühregen bemerkbar, der
zum Nachmittag an Intensität gewann und teils in Regen überging, weil sich von
Norden her der Tiefdruckkern des Wirbels INGO nährte und folglich der Luftdruck
weiter sank. Bis 19 Uhr MEZ verzeichnete man innerhalb von 12 Stunden mit 0 bis
maximal 3 mm auf der Westfriesischen Insel Terschelling
etwas geringere Niederschlagsmengen wie tags zuvor im Norden der Britischen
Inseln. Auch im Bereich der Kaltfront des Tiefs HARTMUT mit ihrer dichten
Bewölkung fielen im gleichen Zeitraum ähnlich geringe Niederschlagsmengen.
Geringfügig höhere Niederschlagssummen wurden dagegen im Randbereich des
Tiefdruckkerns mit 2 bis 8 mm von Glasgow bis Manchester gemeldet. Dabei blieb
der Himmel über Großbritannien den ganzen Tag über nahezu bedeckt. Nur im
Südwesten des Landes konnte sich noch Hoch KESJA I durchsetzen, wodurch den
Ortsteilen dort bis zu 8 Sonnenstunden vergönnt waren.
Außerdem zog aus Skandinavien im
Tagesverlauf auch das Hochdruckgebiet LUITGARD heran, welches sich tags zuvor
hinter der Kaltfront des Tiefs HARTMUT gebildet hatte, und bis zum 09.03. um 01
Uhr MEZ bereits bis über Osteuropa gewandert war. Zu diesem Zeitpunkt konnte
Tief INGO vor der niederländischen Nordseeküste analysiert werden. Durch den
Hochdruckeinfluss, der mit Hoch KESJA mit Zentrum über Südengland und LUITGARD
mit Zentrum über den Karpaten, von West bis nach Osteuropa reichte, löste sich
die Verbindung der Warmfront von Tief INGO und der Kaltfront des Tiefs HARTMUT
schließlich auf. Die schwach ausgeprägte Warmfront des Wirbels INGO erstreckte
sich dadurch nun in südwestliche Richtung entlang der Niederländischen Küste über
den Ärmelkanal und dessen ebenfalls nur schwach ausgeprägte Kaltfront reichte in
nordwestliche Richtung über die Nordsee bis über den Osten des schottischen
Hochlands. Nennenswerte Niederschlagsmengen waren bis 07 Uhr MEZ nur im Bereich
des Tiefdruckkerns, von Rotterdam bis nach Bremen zu verzeichnen. Hier fielen
12-stündig bei anhaltendem Regen, teils auch Schneeregen, zwischen 5 und 9 mm.
Im Tagesverlauf des 09.03. verhinderten die
beiden Hochdruckgebiete KESJA und LUITGARD ein schnelles Weiterziehen des sich
langsam auffüllenden, übersetzt also schwächer werdenden Wirbels INGO. Dessen
Niederschlagszone zog von Niedersachsen und NRW nach Thüringen und Bayern. Am
östlichen Rand schneite es längere Zeit. Zum Mittagstermin wurden im östlichen
Niedersachsen bei mäßigem Schneefall nur Werte um 1°C beobachtet. Das blieb in
Soltau auch das Tagesmaximum. In den Morgenstunden war im Raum Bremen und
Oldenburg eine 1 bis 2 cm hohe Schneedecke entstanden, die jedoch tagsüber
wieder größtenteils abtaute. Von Hannover bis Brilon wurden 12-stündig bis 19
Uhr MEZ 4 bis 9 mm Niederschlag gemeldet. Im Teutoburger Wald verzeichnete man
verbreitet über 11 mm, wie beispielsweise in Harsewinkel mit 11,9 mm. In der Nacht
zum 10.03. schneite es bis nach Westsachsen und auch in Bayern. So wurden am
Morgen des 10.03. in Chemnitz 2 cm und Westendorf im Ostallgäu sogar 5 cm
Schnee vermeldet. Im Westen Deutschlands fiel der Niederschlag als Regen, wobei
die höchsten 24-stündigen Mengen mit 10 bis 14 mm in Ostwestfalen registriert
wurden.
Nachfolgend holte die schnellerziehende
Kaltfront schließlich die vorlaufende Warmfront ein und das Frontensystem
begann zu okkludieren. Auch die Niederschläge entlang der Front und im Bereich
des Tiefdruckkerns ließen allmählich nach. Einerseits begünstigt durch den noch
andauernden Hochdruckeinfluss von KESJA und LUITGARD und andererseits durch das
Voranschreiten der Atlantiktiefs JOSEF und KLAUS löste sich Tief INGO schließlich
in den Vormittagsstunden des 10.03. vollständig auf und konnte demnach im
Folgenden nicht mehr auf den Karten der Berliner Wetterkarte verzeichnet
werden.