Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
INGO
(getauft am 17.05.2005)
Am 16. Mai 2005
wurde in den Wetterkarten über Nordamerika ein Gebiet tiefen Luftdrucks
identifiziert, das sich einen Tag später zur Zyklone entwickelte und in der
Berliner Wetterkarte auf den Namen INGO getauft wurde.
Mit einem noch
relativ hohen Kerndruck von ca. 1000 hPa befand sich das Tiefdruckgebiet am 17.
Mai über dem Nordatlantik. Mit dem Bodentief verbunden war ein kräftiger
Höhenwirbel, der sich mit sehr kalter Luft aus den Regionen des Nordpols
gefüllt hatte. Durch ein fast stationäres Hochdruckgebiet über Grönland wurde
eine weitere Wellenstörung auf den Nordatlantik gelenkt, die sich am 18. Mai an
das alte Tief ankoppelte. So zogen sich drei verschiedene Luftmassengrenzen, so
genannte Fronten, durch den Nordatlantik. Am 19. Mai lagerte sich ein weiteres
Gebiet mit höhenkalter Luft aus der isländischen Region an das Tiefdruckgebiet
an. Damit bildete sich ein weiteres Zentrum, dass sich als INGO I an diesem Tag
über Irland befand. Das alte Zentrum INGO II kann man auf der Bodenkarte der
Wetterkarte etwas westlich der Britischen Inseln erkennen.
Für das Wetter in
Mitteleuropa wurde INGO jetzt erstmals bedeutsam, denn nun kam Deutschland in
den Bereich zwischen kalter Meeresluft aus dem Norden und warmer subtropischer
Luft aus dem Süden.
Auf seinem
Vormarsch nach Mitteleuropa wurde INGO nun von Hochdruckgebiet QUEENIE
gebremst. Das Hoch verstärkte sich vom 19. zum 20. Mai, bedeckte die Ostsee,
Skandinavien und Westrussland und lenkte die Zentren von INGO damit auf eine
nördlichere Bahn. Nun erreichten die Fronten des Wirbels das europäische
Festland: So kam es vor allem in der Nordwesthälfte Deutschlands an der
Warmfront bei meist starker Bewölkung zu gelegentlichem, leichtem Regen. Bis
zum Abend des 20. Mai waren aber nur örtlich Mengen über 1 Liter pro
Quadratmeter gefallen (z.B. Münster 3 Liter, Hohn/Schleswig-Holstein 4 Liter).
Dabei verstärkte sich die Warmluftzufuhr nochmals und in Baden- Württemberg
wurden an verschiedenen Stationen Sommertage (Tage mit einem Maximum von über
25,0°C) verzeichnet. Aber auch im übrigen Deutschland machte die Erwärmung
weitere Fortschritte. So stieg die Temperatur in Berlin-Dahlem erstmals seit
dem 3. Mai wieder über die 20°C-Marke.
In der folgenden
Nacht verstärkte sich an der von Westen nachfolgenden Kaltfront die
Wetteraktivität über Belgien und Luxemburg sowie über dem äußersten Westen
Deutschlands erheblich. Vor allem zwischen Niederrhein und Hunsrück entluden
sich kräftige Gewitter. Besonders große Mengen fielen dabei in Deutschland
entlang einer Linie Taunus - Vogelsberg - Thüringer Wald.
Frankfurt/Main(Flughafen) meldete für 24 Stunden 26,7 l/m², der Kleine Feldberg
(Taunus, 805 m) verzeichnete 22,8 l/m², Schotten (Naturpark Hoher Vogelsberg) 15
l/m² und Schmücke am Rennsteig 25,9 l/m². In Brandenburg fielen immerhin noch
bis zu 21,2 l/m² (Kleßen im Havelland), in Berlin selbst lag das Maximum bei
11,1 l/m² in Siemensstadt.
Nicht nur in Deutschland sondern vor allem auch in Frankreich führten kräftige
Gewitterschauer zu ergiebigen Niederschlägen. Besonders im Stau der Bergzüge
(Pyrenäen, Cevennen, Jura) wurden 24-stündig mehr als 20 l/m² registriert (Pau
21,0 l/m², Aurillac 20,5 l/m², Clermont-Ferrand 23,2 l/m², Dijon 35,8 l/m² und
D’Tavaux 41,2 l/m²).
Nachdem uns die
Fronten INGOs am 23. Mai komplett überquert hatten, schwächten sich die
Luftdruck- und Temperaturgegensätze (in 500 hPa) im Bereich der Britischen
Inseln ab, wobei sich das Zentrum mit ca. 1000 hPa bis zum 24. Mai stationär
über Irland hielt. Am 25. Mai verlagerte sich das an INGO gekoppelte Gebiet
höhenkalter Luft nach Norden über die Faröer Inseln und hatte damit den
Einfluss auf das mitteleuropäische Wettergeschehen wieder verloren.
Das Wetter in
Deutschland wurde inzwischen von den über den Atlantik folgenden Tiefs JÜRGEN
und KLAUS bestimmt. In der Nacht zum 27. Mai hatten sich die
Luftdruckgegensätze über der Nordsee so weit abgeschwächt, dass kein extra Tiefdruckgebiet INGO mehr
erkennbar war.
Geschrieben am ? von Robert Scholz
Wetterkarte: 19.05.2005
Pate: Robert Dechant