Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet IRIS
(getauft am 12.03.2020)

 

Am 12. März wurde ein Tiefdruckgebiet in der Prognose der Berliner Wetterkarte für den Folgetag auf den Namen IRIS getauft. Der Wirbel bildete sich über der Nordatlantik, etwa 600 km südöstlich von Grönland, angetrieben duch einen Höhentrog, ein Vorstoß kalter Luftmassen nach Süden im 500 hPa-Niveau, was einer Höhe von etwa 5,5 km entspricht.

In den folgenden 24 Stunden verlagerte sich das Tief IRIS etwas nach Südosten und lag am 13. März um 00 Uhr UTC, was 01 Uhr MEZ entspricht, mit seinem Zentrum ungefähr 1300 km südwestlich von Reykjavík. Vom Kern des Tiefs IRIS verliefen in östliche Richtung eine etwa 700 km lange Warmfront und nach Westen eine etwas längere Kaltfront. Aufgrund der herangeführten maritimen Subtropikluft konnte sich das Tief IRIS im Laufe des Tages weiter verstärken und wurde damit in den nächsten Tagen für Europa wetterbestimmend.

Zum 14. März verstärkte sich das Tiefdruckgebiet IRIS und zog mit seinen Ausläufern weiter nach Nordosten, so dass es an diesem Tag um 00 Uhr UTC mit seinem Zentrum ca. 1000 km westlich von Dublin lag. Aus dem Kern, in dem der Bodendruck ca. 1005 hPa betrug, verliefen eine ca. 300 km lange Okklusionsfront, sowie eine ungefähr 500 km lange Warm- und Kaltfront. Bei einer Okklusion handelt es sich um eine Mischfront, die Kalt- und Warmfronteigenschaften aufweist. Bei dieser Prozess holt die schneller ziehende Kaltfront die Warmfront ein, wodurch sich eine Mischfront, also eine Okklusion, bildet. Der Okklusionspunkt, an dem eine Warmfront und eine Kaltfront zusammentrafen, lag auf dem gleichen Breitenkreis wie Dublin. Die Warmfront verlief über dem östlichen Nordatlantik nach Süden bis zum gleichen Breitenkreis wie Bordeaux. Die Kaltfront befand sich etwas westlich. Die Ausläufer des Wirbels IRIS erreichten erst in der zweiten Tageshälfte die westliche Küste Irlands und brachten dort verbreitet Regen. So fielen 12-stündig bis 19 Uhr MEZ in Capel Curig 12 mm, Cork 2 mm und Lake Vyrnwy 3 mm.

Bis zum Folgetag verlagerte sich das Bodentief IRIS unter weiterer Verstärkung nach Nordosten und befand sich am 15. März um 01 Uhr MEZ über den Britischen Inseln. So beeinflusste die vom Kern aus rücklaufende, etwa 800 km lange Okklusionsfront vor allem das Wetter von Schotland und Irland. Infolgedessen verzeichneten Stornoway und Edinburgh bis 07 Uhr MEZ 11 mm bzw. 4 mm als 24-stündige Niederschlagsmenge. Unter den Regenwolken blieb es mit einer Höchsttemperatur von 8°C sowie 11°C mild. Die Warmfront verlief über der Nordsee und Belgien bis Nordfrankreich. Auf ihrer Vorderseite stieg die Tiefsttemperatur in Amsterdam und Brüssel vom Vortag um 7 bzw. 4°C auf 8 und 7°C. Die Kaltfront erstreckte sich von der Nordsee über England und dem zentralen Nordatlantik bis zu den Azoren. Im Warmsektor, also hinter der Warm- und vor der Kaltfront, entstanden in der labilen Schichtung sogar leichte Regenschauer. Die Schichtung ist labil, wenn die Temperaturänderung eines Luftpakets bei Vertikalbewegungen kleiner ist als die seiner Umgebungsluft. Es ist eine der wichtigsten Voraussetzungen der Schauer- und Gewitterentstehung. So wurde in den frühen Morgenstunden in Bournemouth Regenschauer beobachtet.

Zum 16. März verlagerte sich das Tief IRIS rasch weiter nach Nordosten und lag mit seinem Zentrum, in dem der Kerndruck ca. 985 hPa betrug über dem Norden Finnlands. Seine Ausläufer brachten windiges bzw. wolken- und niederschlagsreiches Wetter nach Nordeuropa. Sein Einflussbereich wurde durch das Tief GISELA über Russland, Hoch HELGE über Rumänien sowie zwei unbenannten Wirbel über Jan Mayen sowie der Barentssee begrenzt. Hinter dem Tief IRIS strömte nordeuropäische Meeresluft zum Baltikum. Um 7 Uhr MEZ wurde in Tallin leichten Regen mit einer Tiefsttemperatur von 1,5°C gemeldet. Unter den dichten Regenwolken stieg tagsüber die Temperatur lediglich auf 3,9°C. Etwas weiter südlich, in Riga war es etwas freundlicher. Zum Morgen sank die Temperatur bis 1,2°C und stieg im Laufe des Tages auf 6,8°C. Da sich das Tief IRIS in Vilnius erst zum späten Abend bemerkbar machte, gab es dort eine größere Temperaturschwankung zwischen Nacht und Tag und wurde sogar mit einer Tiefsttemperatur von -2,7°C einen Frosttag registriert. In der Meteorologie wird ein Tag Frosttag genannt, wenn die Tagestiefsttemperatur unter 0°C liegt. Bis 19 Uhr MEZ stieg die Temperatur in Vilnius unter den meist wolkigen Himmel auf 10,3°C.

Aufgrund der raschen Verstärkung des Tiefdruckkomplexes JASMIN über Island verlagerte sich der Wirbel IRIS zum nächsten Tag weiter nach Nordosten. Das Zentrum des Tiefs IRIS lag am 17. März um 01 Uhr MEZ über Nordwestrussland. Die Okklusionsfront verlief von Russland über Weißrussland, Polen und Deutschland bis Belgien. Südlich von der Okklusion zeigte sich die Sonne in Süddeutschland kaum. Unter den dichten Wolken wurden dort bis 07 Uhr MEZ verbreitet 12-stündige Niederschlagsmengen von 1-4 mm registriert. Dagegen wurden nördlich von der Okklusionsfront, die entlang einer Linie von Berlin nach Köln verlief, verbreitet 6-7 Sonnenstunden mit Höchsttemperaturen bei 14-16°C verzeichnet. Durch die weitere Verstärkung und nordostwärtige Verlagerung des Tiefs JASMIN löste sich der Wirbel IRIS zum nächsten Tag auf und war dadurch am 17. März nach 5 Tagen Lebensdauer zum letzten Mal als eigenes Druckgebilde auf der Berliner Wetterkarte zu erkennen.