Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet IRIS

(getauft am 20.01.2016)

 

Am 19. Januar 2016 bildete sich am südlichen Rand eines Tiefdruckkomplexes über dem Nordwestatlantik ein Tiefdruckwirbel aus. Dieser befand sich am 20. Januar um 01 Uhr MEZ auf Länge der Südspitze Grönlands rund 1000 km südöstlich Neufundlands über dem zentralen Nordatlantik und wurde folgend auf den Namen IRIS getauft. Der Kerndruck betrug zu diesem Zeitpunkt ca. 990 hPa. Das Tief IRIS besaß eine kurze, nach Südosten weisende Warmfront sowie eine Kaltfront, welche sich nach Südwesten erstreckte. Lediglich das steuernde Tief nahe Neufundland reichte in seiner Ausprägung bis in höhere Atmosphäreschichten, wie es auf der 500-hPa-Karte, also eine Karte, die die Luftverhältnisse in einer Höhe von ungefähr 5500 m beschreibt, erkennbar war. Das noch junge Tief IRIS hatte bei seiner Entstehung noch keinen sehr hoch reichenden Tiefdruckkern entwickelt, wobei es nur eines von drei Tiefdruckgebieten in diesem System darstellte.

Am Folgetag betrugen die Druckunterschiede innerhalb des Tiefdrucksystems nur noch 20 hPa, wobei das Tief IRIS einen um 10 hPa geringeren Kerndruck im Vergleich zum Vortag besaß. An der nördlichen Spitze fand bereits die Bildung einer kurzen Okklusion statt. Dabei holt die Kaltfront die vorlaufende Warmfront am sogenannten Okklusionspunkt ein und hebt diese an. Dadurch entsteht eine Mischfront, die Okklusion, welche Eigenschaften beider Frontenarten aufweist. Satellitenbilder zeigten hinter dieser kurzen Okklusionsfront entsprechende Wolken, die auf damit einhergehende Niederschläge in Form von Regen hindeuteten. Nicht weit östlich der Zyklone IRIS lag ein weiteres kleinräumiges und unbenanntes Tief mit demselben Kerndruck, so dass es später auch zu einer Vereinigung kam.

Bis zum 22. Januar verlagerte sich das Tief IRIS weiter in Richtung Nordwesten. Der Kerndruck verstärkte sich auf mittlerweile 975 hPa. Innerhalb des umfassenden nordatlantischen Tiefdrucksystems bestand nur noch ein Unterschied von 10 hPa. Nun reichte die zyklonal gehobene Luft von Tief IRIS bis in eine Höhe von rund 500 hPa. Vom Tief IRIS führte um 01 Uhr MEZ eine Okklusion etwa 500 km nach Nordosten bis zum Kern eines unbenannten Tiefs, wo sich ebenfalls der Okklusionspunkt befand. Von dort verlief die Warmfront über die Irische See und die Biskaya. Die Kaltfront folgte jener und erstreckte sich über den Westen Irlands und ausschließlich in einem Bogen über den Atlantik.  

Irland und Großbritannien lagen um 07 Uhr MEZ im Warmsektor zwischen Warm- und Kaltfront, wodurch Tagesmaxima der Temperatur zwischen 7 und 12°C erreicht wurden. Nachdem es in Großbritannien und Irland schon durch eine dem Frontensystem vorlaufende okkludierte Front regnete, konnten 12-stündig bis 07 Uhr MEZ 17 l/m² in Claremorris, 21 l/m² am Macine Head und 25 l/m² in Plymouth verzeichnet werden. An diesem Tag war auf den Satellitenbildern gut die ausgeprägte Wolkendecke vor der Kaltfront ersichtlich, die sich vom Atlantik über Portugal und Spanien, weiter über die Bretagne, den Britischen Inseln sowie nördlich bis nach Island ausbreitete und dort jeweils auch für niederschlagsreiches Wetter sorgte.

Im Laufe des Tages wurde die Warmfront von der Kaltfront über den Britischen Inseln vollständig eingeholt. Das Zentrum des Tiefs IRIS zog derweil nach Norden und wurde um 01 Uhr MEZ mit einem verstärkten Kerndruck von 965 hPa über Westisland analysiert. Es führte jeweils eine Okklusion nach Südwesten und Nordosten, wobei letztere über dem Nordmeer einen Bogen nach Südosten beschrieb und über die Nordsee, die Niederlande und Frankreich verlief, bevor sie über der Biskaya in die Warmfront eines anderen Systems überging. In der Nacht erreichte das vorgelagerte, verhältnismäßig breite Niederschlagsfeld an der Okklusionsfront über Europa die Westhälfte Deutschlands und brachte vor allem verbreitet vom nördlichen Baden-Württemberg bis nach Niedersachsen Regen mit Glatteisbildung. In der zweiten Nachthälfte fiel weiter nach Osten hin meist Schnee, der bis nach Berlin reichte. So gab es in Berlin-Dahlem bis zum Mittag 3 cm Neuschnee und somit eine Gesamthöhe von 7 cm. Im Laufe des Vormittags wurden im Rheinland bereits Temperaturen von 6°C bis 7°C erreicht, währenddessen im Osten Deutschland bis zum Mittag gebietsweise sogar noch leichter Frost herrschte. Mit Durchzug der Okklusion wurden dabei 12-stündig Niederschlagsmengen von 8 l/m² auf der Zugspitze und jeweils 10 l/m² in Zinnwald-Georgenfeld sowie an den französischen Stationen in Brest und Quimper gemessen. Im norwegischen Modalen konnten hingegen 13 l/m² registriert werden.

Bis zum nächsten Tag war die Okklusion weiter ostwärts gezogen und verlief um 01 Uhr MEZ am 24. Januar über das Europäische Nordmeer, Skandinavien, Polen bis Ungarn, wo diese zwischen den beiden Hochdruckgebieten DIETRICH und CLAUDIUS endete, welche nun das Wettergeschehen in Mittel-, Süd- und Südosteuropa beeinflussten. Westlich einer Linie zwischen Schwerin und München fiel Regen, welcher aber nur für wenige Zehntel Liter pro Quadratmeter sorgte. Vielerorts kam es am Morgen des 24. Januar zu Glatteis. Östlich dieser Linie wurden bereits bis Mittag bis zu 6 l/m² registriert, wobei der Niederschlag zunächst als Schnee und ab Nachmittag als Schneeregen, Regen oder Sprühregen fiel, bei welchem es zum Teil zu Glatteisbildung kam. Der sich zunehmend wieder auffüllende Kern war um 01 Uhr MEZ bis über den 70. Breitengrad vor der Ostküste Grönlands vorgedrungen und hatte einen Druck von 985 hPa. Mit dem ausgeprägten Tief JUDITH etablierte sich südlich von Island und Grönland ein neues steuerndes System, welches das Tief IRIS nach Norden verdrängte. Dieses zog unter Abschwächung entlang der Ostküste Grönlands und verließ im Laufe des Folgetages den Darstellungsbereich der Berliner Wetterkarte.

 


Geschrieben am 27.05.2016 von Christian Claus

Berliner Wetterkarte: 23.01.2016

Pate: Dr. Iris-Doreen Kaczmarek