Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet IVAN

(getauft am 05.06.2019)

 

Am 04.06.2019 bildete sich entlang der Warmfront eines unbenannten Tiefdruckgebietes mit Kern über Neufundland und Labrador, ein Randtief über dem Atlantischen Ozean. Das Tief wurde erstmals auf der Bodenwetterkarte der Berliner Wetterkarte vom 05.06.2019 00 UTC, also 01 Uhr MEZ, analysiert und auf den Namen IVAN getauft.

Am 05. Juni um 01 Uhr MEZ befand sich das Tief IVAN mit einem Kerndruck von rund 1020 hPa über dem Atlantischen Ozean, rund 2400 km von der französischen Küste entfernt. Die Kaltfront der Zyklone verlief vom Kern aus südöstlich und krümmte sich im weiteren Verlauf nach Westen, wo sie in die Warmfront des sich über Neufundland und Labrador befindlichen Tiefs überging. Die kurze Warmfront von Tiefdruckgebiet IVAN verlief südöstlich nahezu parallel zu dessen Kaltfront. Vom Kern des Tiefs zog sich eine Okklusion, das heißt eine Mischfront, die durch das Einholen der Warmfront durch die Kaltfront entsteht, nordwestlich über den Atlantik.

Am folgenden Tag um 01 Uhr MEZ befand sich die Zyklone mit einem Kerndruck um die 1010 hPa zwischen der Iberischen Halbinsel und den Azoren. Die Kaltfront erstreckte sich in einem weiten Bogen nach Nordwesten, die Warmfront verlief südwestlich über den Azoren. Der Okklusionspunkt, also der Punkt bei dem Kalt– und Warmfront aufeinandertreffen, befand sich südwestlich vom Kern des Tiefs. Von dort verlief die Okklusionsfront nordwestlich über den Atlantischen Ozean. Mit der weiteren östlichen Zugbahn erreichte die Okklusion um circa 13 Uhr MEZ die spanische Provinz Galicien und machte sich dort mit kräftigen Regenschauern bemerkbar. So wurden in Casas Do Porto um 13 Uhr MEZ 1-stündige Niederschlagsmaxima von 12 mm gemessen. Bis zur Nacht war der gesamte Norden Spaniens sowie Portugal vom Regen betroffen. Um 19 Uhr MEZ lag die maximale 12-stündige Niederschlagssumme bei 48 mm in Noia in Galicien.

Bis zum 07. Juni 01 Uhr MEZ verlagerte sich der Tiefdruckwirbel unter Abnahme des Kerndrucks auf knapp 995 hPa bis in den Golf von Biskaya nördlich der Iberischen Halbinsel. Zu diesem Zeitpunkt waren die Fronten bereits voll okkludiert. Die Warmfront war also vollständig von der Kaltfront eingeholt worden, sodass sich nur noch eine Okklusionsfront erstreckte. Diese verlief vom Kern aus spiralförmig über die Biskaya entlang der französischen Atlantikküste und schließlich südwestlich durch Spanien, wo sie in eine Kaltfront überging und sich so weiter über das offene Meer hinzog.

Vor allem Frankreich und England waren während dieses Tages von schwachen bis mäßigen Regenschauern betroffen. Am Nachmittag erreichte die von zahlreichen Gewittern und Regenschauern begleitete Okklusionsfront Westdeutschland mit Zugrichtung Osten. Die stärksten Regenschauer wurden im tauberfränkischen Königheim gemessen; hier wurde um 19 Uhr MEZ eine 1-stündige Niederschlagsmenge von 18,9 mm aufgezeichnet. Entlang der belgischen und niederländischen Küste wurden an dem Tag und besonders in der Nacht Sturmböen bis zu Stärke 10 auf der Beaufort-Skala gemessen. Spitzenböen mit einer Geschwindigkeit von 93 km/h gab es bei Houtribdijk in den Niederlanden.

Um 01 Uhr MEZ des Folgetages hatte sich Tief IVAN nordostwärts bis zur Südostküste Englands verschoben. Bei einem Kerndruck von fast 1000 hPa verlief die Okklusion spiralförmig über England und der Nordsee, wo sie in eine Kaltfront überging, die über Dänemark, Deutschland und Österreich bis nach Italien reichte. Diese wurde von großräumigen Niederschlagsbändern begleitet, die vor allem im Norden Deutschlands mäßigen Regenfall verursachten. So fiel in Sprenge in der Nähe von Hamburg um 01 Uhr MEZ eine 1-stündige Niederschlagssumme von 12 mm und bis 08 Uhr MEZ gab es in Bad Lauterberg-Bartolfelde in Niedersachsen 12-stündige Regensummen von 30 mm. Entlang der niederländischen und dänischen Küste wurden weiterhin Windböen der Stärke 9-10 gemessen. Auch im deutschen Flachland tauchten vereinzelt Sturmböen der Stärke 9 auf, zum Beispiel um 19 Uhr MEZ in Bückeburg, wo eine Windgeschwindigkeit von 76 km/h aufgezeichnet wurde. Auf dem Brocken wurden sogar mit 115 km/h orkanartige Böen der Windstärke 11 gemessen.

Bis zum 09.06. schwächte sich die Zyklone etwas ab, um 01 Uhr MEZ betrug der Kerndruck knapp 1005 hPa. Die Okklusion verlief vom Kern des Tiefs an der Südwestküste Norwegens nordöstlich über das Europäischen Nordmeer, mit Okklusionspunkt vor der Westküste Norwegens, von wo aus eine Warmfront durch den Norden Skandinaviens führte. Die Kaltfront verlief vom Okklusionspunkt aus in einem großen Bogen durch Schweden über Estland bis in die Ukraine. Während des Tages war fast die gesamte skandinavische Halbinsel von leichten bis mäßigen Regenschauern und Gewittern betroffen. In Naruska im Nordosten Finnlands gab es bis 19 Uhr MEZ mit 34 mm den meisten 12-stündigen Niederschlag. Bis auf wenige Ausnahmen, wie z.B. der norwegischen Insel Svinøya, wo Spitzenböen bis zu 122 km/h um 14 Uhr gemeldet wurden, erfuhr der Wind im Gegensatz zum Vortag bei Windböen der Stärke 5 bis 8 eine deutliche Abschwächung.

Am Folgetag um 01 Uhr MEZ befand sich Tiefdruckgebiet IVAN ohne große Änderung des Kerndrucks über Nordschweden. Die Okklusionsfront verlief von dort aus östlich bis zum Okklusionspunkt an der Küste Nordwestrusslands. Die Warmfront verlief weiter östlich über das russische Festland, die Kaltfront verlief südlich durch Russland bis nach Weißrussland. Der Norden Skandinaviens war während des Tages von andauerndem schwachem Regen betroffen. Entlang der nordnorwegischen Küste gab es weiterhin stürmische Windböen bei Windgeschwindigkeiten von bis zu 104 km/h in Torsvåg Fyr.

Bis zum 11.06 hatte sich Tief IVAN bei einem Kerndruck von 1005 hPa bis zur russischen Halbinsel Kola verlagert, von wo eine Kaltfront südwestlich bis zur Ostsee verlief, und sich eine Okklusionsfront nach Osten entlang der russischen Küste erstreckte. Der Tiefdruckwirbel brachte noch leichten Regen mit sich, bis 19 Uhr fielen in Lowozero in Kola 12-stündige Niederschlagsmaxima von 9 mm. Die höchsten Windgeschwindigkeiten wurden in Jemezk südlich der Stadt Archangelsk mit 80 km/h gemessen, Stärke 9.

In den zwei darauffolgenden Tagen zog die Zyklone IVAN weiter nach Osten in Russland und beeinflusste nicht weiter das Wettergeschehen in Mitteleuropa. Am 14.09. verließ sie schließlich den Ausschnitt der Berliner Wetterkarte und wurde nicht weiter namentlich verzeichnet.