Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet JÖRN

(getauft am 11.06.2013)

 

Am 10.06.2013 bildete sich eine Wellenstörung aufgrund einer starken zonalen Strömung in der mittleren Troposphäre im 500 hPa-Niveau, d.h. in ca. 5500 m Höhe. Infolge dieser Wellenstörung entstand ein Tiefdruckgebiet über dem Westatlantik, welches am 11.06.2013 auf den Namen JÖRN getauft wurde. Zum Taufzeitpunkt wies das Tiefdruckgebiet einen Kerndruck von rund 1010 hPa auf und befand sich etwa 2000 km westlich von Irland über dem Westatlantik. Der Wirbel JÖRN wies bereits eine in südwestliche Richtung verlaufende Kaltfront auf und eine nach Osten bis zu den portugiesischen Azoren reichende Warmfront auf.

Am Morgen des 12.06. befand sich das Tiefdruckzentrum mit einem Druck von etwa unter 1000 hPa knapp Tausend Kilometer westlich von Irland. Die Fronten befanden sich ebenfalls noch über dem Ostatlantik. Die Kaltfront verlief vom Kern ausgehend in südwestliche Richtung über den Atlantik bis südlich der portugiesischen Azoren, während sich die Warmfront östlich bis etwa zur Bretagne erstreckte.

Am frühen Morgen des 13.06. lag der Wirbel JÖRN mit einem auf 1005 hPa gestiegenem Druck über Irland. Die Kaltfront hatte die Warmfront zum Teil eingeholt, daher bildete sich vom Tiefdruckkern ausgehend eine Mischfront, eine so genannte Okklusion, aus. Diese zog sich bis zum Okklusionspunkt nahe Liverpool, an dem sie sich in Warm- und Kaltfront aufspaltete. Die Warmfront von Tief JÖRN reichte von dort über Norddeutschland und die Nordsee bis nach Schottland. Die Kaltfront hingegen erstreckte sich vom Tiefdruckzentrum ausgehend über Irland, Südengland, Nordwestfrankreich, den Golf von Biskaya und Nordspanien, bevor sie bei den Azoren endete. Die Fronten brachten unterschiedliche Regenmengen. Dabei fielen am Okklusionspunkt, der oft mit viel Niederschlag einhergeht, in Capel Curig bei Liverpool bis 20 Uhr MESZ 24-stündige Regenmengen von 17 mm. Entlang der deutschen und holländischen Nordseeküste fielen, hervorgerufen durch die Warmfront, meist um 10 mm Niederschlag. In Großbritannien selbst wurden Mengen zwischen bis 5 mm registriert, welche die Kaltfront verursachte, jeweils im selben Zeitraum. Gleichzeitig brachte Tief JÖRN in Großbritannien verbreitet Windböen von 40 bis 70 km/h. Cairngorm Mountains, im Norden von Schottland, meldete eine Spitzenböe von 96 km/h, was auf der Beaufortskala der Windstärke 10 entspricht.

Tief JÖRN verlagerte sich rasch weiter nach Nordosten, sodass sich sein Kern mit 1000 hPa am 14.06. mittig über Norwegen und Schweden befand. Westlich vom Kern ging eine Okklusionsfront aus, das über das Europäische Nordmeer reichte. Eine weitere Okklusionsfront erstreckte sich nach Osten bis zur Westküste des Bottnischen Meerbusens. Vom dortigen Okklusionspunkt reichte die Warmfront bogenförmig über St. Petersburg bis nahe Moskau. Die Kaltfront verlief südwärts an der schwedischen Ostseeküste entlang über Deutschland und den Alpen bis Marseilles, wo sie in die Warmfront eine unbenannten Tiefs über Spanien überging. Die Fronten von Tief JÖRN brachten 24-stündig bis 02 Uhr MESZ akkumulierte Niederschlagsmengen bis 10 mm. In Deutschland fiel meist mehr Niederschlag, sodass z.B. Schleswig auf über 35 mm im gleichen Zeitraum kam. Auch entlang der Linie Rostock – Köln meldeten Stationen meist um 20 mm Niederschlag in 24 Stunden. Die Spitzenböen, die Tief JÖRN Deutschland mit sich brachten, lagen um Bereich von 40 bis 70 km/h. Dabei hat das Weingebiet Pfalz eine Spitzenböe von 108 km/h, was einer orkanartigen Sturmböe entspricht, registriert. Von den Temperaturen her war es in Deutschland nach dem Durchgang der Kaltfront bedeutend kühler. So meldeten die meisten Stationen in Deutschland Höchsttemperaturen von meist unter 20°C, während am Tag zuvor die Maximaltemperatur deutschlandweit noch 23 bis 28°C betrug.

Am 15.06. hatte sich der Kern von Tief JÖRN wieder etwas vertieft, sein Zentrum wies nun einen Druck von etwa 995 hPa auf. Nördlich vom Kern ging eine Okklusionsfront aus, die bis zum Weißen Meer verlief, wo sich der Okklusionspunkt befand. Die Warmfont erstrecke sich von dort bogenförmig über Archangelsk bis einige Hundert Kilometer östlich von Moskau. Die ca. 2000 km lange Kaltfront zog sich an diesem Tag entlang einer gedachten Linie von Murmansk über St. Petersburg, Minsk, Lemberg bis nach Wien. Diese brachte Niederschlagsmengen in 24 Stunden bis 20 Uhr MESZ von dagegen maximal 5 mm. Viele Wetterstationen auf der Halbinsel Kola meldeten verbreitet über 20 mm Niederschlag, wie auch die russische Stadt Smolensk, an der Grenze zu Weißrussland jeweils im selben Zeitraum. Auffällig ist jedoch die Station Pjalica südlich der Halbinsel Kola, die 101 mm Niederschlag in 24 Stunden meldete. Die Spitzenböen erreichten in Russland Werte um 50 bis 60 km/h. In den Gebieten um Moskau wurden Höchstwerte von 25°C gemessen. Am Tag zuvor meldeten selbige Stationen noch um 20°C. Dieser Temperaturanstieg erklärt sich durch die südwestliche Strömungskomponente, wodurch Luftmassen subtropischen Ursprungs dorthin transportiert werden konnten.

Bis zum 16.06.2013 zog Tiefdruckgebiet Jörn weiter nach Osten, sodass es sich an diesem Tag über Nordrussland im Bereich der Halbinsel Jamal nahe Workuta befand. Dabei okkludierten die Fronten von Tief JÖRN weiter, wobei sich die Okklusionsfront einige Hundert Kilometer entlang des Uralgebirges bis zum Okklusionspunkt erstreckte. Von dort ging die Warmfront in südliche Richtung aus und die Kaltfront verlief teils verwellt westlich über das Uralgebirge, bis sie in eine Warmfront des Tiefs KARLHEINZ überging. Gleichzeitig füllte sich Tief JÖRN weiter mit Luft auf, was auf einen voranschreitenden Abschwächungsprozess hindeutet.

Am 17.06.2013 lag Tief JÖRN weiter östlich am Rand des Analysebereichs, den er im Laufe des Tages verließ und so nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte erfasst werden konnte.


Geschrieben am 10.07.2013 von Stefan Proft

Berliner Wetterkarte: 13.06.2013

Pate: Jörn Dummann