Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
JACQUELINE
(getauft
am 07.04.2012)
An
der Nordwestflanke eines Höhenhochs in ca. 5,5 km Höhe mit Zentrum über dem
Nordatlantik bildete sich am 07.04. über der Südwestküste Grönlands im
Bodenniveau ein neues Tiefdruckgebiet, welches noch am gleichen Tag in der
Prognose für den Folgetag auf den Namen JACQUELINE getauft wurde.
Zu
diesem Zeitpunkt herrschte in der Höhe eine Strömung von Nordwest nach Südost
vor, der auch das Zentrum von Zyklone JACQUELINE folgte. Der Luftdruck im
Zentrum sank bis zum Morgen des folgenden Tages um 15 hPa auf 995 hPa
und deutete so die Entwicklung zu einem kräftigen Wirbel an.
Am
08.04. lag das Tiefzentrum über der Nordwestspitze Islands. Die Warmfront
verlief vom Zentrum aus bis nach Schottland, die Kaltfront über die Südküste
Islands nach Südwesten hinaus über den Nordatlantik. Zwischen der Warm– und der
Kaltfront wurde milde Meeresluft zuerst nach Irland und dann nach Großbritannien
geführt. In ihrem Bereich wurden in der Nacht verbreitet milde 7 bis 9°C als
Tiefsttemperaturen registriert. Am Tage erreichte die Temperatur Maxima von
verbreitet 11 bis 14°C. Aus Manchester und Plymouth wurden 15°C und aus Bournemouth sogar 16°C gemeldet. Beim Durchzug der
Warmfront fiel ebenfalls leichter Regen, sodass vereinzelt 1 l/m² erfasst
werden konnten.
Mit
der nur noch schwachen westlichen Höhenströmung verlagerte sich auch das Tief
JACQUELINE nur noch langsam und lag am 09.04. mit ca. 980 hPa an der
Südostküste Islands. Eine Okklusion, also eine Mischfront mit Warm- und
Kaltfronteigenschaften, zog sich vom Kern südostwärts bis zur Nordsee, auf
Breite der norwegischen Hauptstadt Oslo. Dort teilte sie sich wieder in eine
Warm– und Kaltfront. Die Warmfront reichte bogenförmig über Amsterdam bis Paris
und die Kaltfront verlief über die Nordsee bis nahe Manchester. Die Warmfront brachte
am Morgen dichten Wolken und Regen in die Benelux-Staaten und den Westen
Deutschlands. Beispielsweise wurden aus Düsseldorf bis 08 Uhr MESZ
8 l/m², aus Rotterdam 5 l/m² und aus Amsterdam 4 l/m² gemeldet.
Die kompakten Wolken waren auch dafür verantwortlich, dass es im Nordwesten
Deutschlands mit 2 bis 6°C frostfrei blieb. Dem gegenüber wurden bei teils
klarem Himmel im Osten Deutschlands bis zu -2°C und im Bayerischen Wald sowie an
den Alpen sogar Werte um -10°C erreicht. Die milden Luftmassen von Tief
JACQUELINE gelangten im Laufe des Tages in den Osten und Süden Deutschlands.
Bei Sonnenschein stiegen die Tagesmaxima z.B. im brandenburgischen Lindenberg
bei 8 Stunden Sonnenschein auf 13,2°C. Im Westen wurden entlang des Ober–
und Niederrheins zwar auch Höchstwerte bis 12°C gemessen, diese wurden aber nur
aufgrund der von Tief JACQUELINE mitgeführten Warmluft erreicht, da hier keine
Sonne schien. Stattdessen fiel dort am Tage leichter bis mäßiger Regen, der
sich in Essen sogar auf 10 l/m² innerhalb von 12 Stunden summierte.
Die
Nacht zum 10.04. blieb bis auf die Gipfel der Mittelgebirge und der Alpen in
ganz Deutschland frostfrei. Dabei wurden Minima von 9°C im Westen Deutschlands bis
2°C im Südosten Bayerns registriert. Von Rügen bis zu den Alpen fielen in der
Nacht nur wenige Tropfen Regen, in Schleswig–Holstein und Nordrhein-Westfalen aber
nochmals bis zu 6 l/m².
Durch
das Höhentief, welches die Britischen Inseln erreicht hatte, drehte die
Strömung über Frankreich und Deutschland in der Höhe und am Boden auf Südwest,
sodass Warmluft über die Iberische Halbinsel bis nach Mitteleuropa
transportiert wurde. Im Süden Deutschlands wurde verbreitet ein
Temperatursprung von 10 Grad oder mehr gegenüber dem Vortag verzeichnet.
Beispielsweise meldete München eine Tageshöchsttemperatur von 21°C gegenüber 10°C
am Vortag.
Im
Bereich des Tiefzentrums von JACQUELINE über Schottland, welches seinen
tiefsten Kerndruck mit 977 hPa erreicht hatte, kam es, ausgelöst durch
intensive Hebungsvorgänge durch die von Norden einfließende kalte Meeresluft,
zu langanhaltendem Regen. So kamen in Liscombe 34 l/m² innerhalb von nur 12 Stunden zusammen.
Vom Kern reichte eine kurze Warmfront nordostwärts über die Nordsee, die
langgezogene Kaltfront verlief hingegen zunächst entlang der Ostküste Englands,
über die Bretagne hinweg und weiter südwestwärts bis
nahe der Azoren. Die Kaltfront, welche Meeresluft von Norden weiter in Richtung
Mitteleuropa transportierte, kam aber nur langsam vom Ärmelkanal und dem Norden
Frankreichs nach Südosten voran. Dementsprechend fiel über Schleswig–Holstein,
sowie an der Grenze zu den Benelux-Staaten und Frankreich mäßiger bis starker
Regen. Entlang dieser Linie wurden im Norden bis zu 9 l/m², in der Mitte
bis zu 11 l/m² und im Süden bis zu 14 l/m² Regen innerhalb von
24 Stunden registriert. Auf der Vorderseite der Kaltfront strömte am
10.04. nochmals von Südwesten subtropische Warmluft in den Süden und Osten
Deutschlands. Im Berliner Raum wurden bis 19°C gemessen und in München und am
Alpenrand mit Föhnunterstützung 21°C. Auf dem Patscherkofel,
einem Berg bei Innsbruck, wurde in Böen 66 Knoten und damit Orkanstärke
registriert.
Bis
zum nächsten Tag überquerte die Kaltfront von Westen kommend auch den Süden
Deutschlands und schob die warmen Luftmassen weiter nach Osten. Das hatte am
Alpenrand einen Temperatursturz von bis zu 15 Grad zur Folge. Zum Beispiel
wurde in Kempten nur noch eine Höchsttemperatur von 6°C gemessen, während es am
Vortag noch 19°C waren. Auch in Bregenz ging das Maximum von 21°C auf 7°C
zurück. In Kempten fielen beim Luftmassenwechsel zusätzlich 15 l/m²
innerhalb von 12 Stunden.
Währenddessen
spaltete sich über Skandinavien das Tief JACQUELINE in zwei Teile auf, die aber
beide noch nah beieinander an der norwegischen Küste mit jeweils 985 hPa
im Kerndruck analysiert wurden. Erst am 12.04. entfernte sich das etwas weiter
nördlich liegende Tiefzentrum JACQUELINE II zum Nordkap, während das Tiefzentrum
JACQUELINE I fast stationär über der Südwestküste Norwegens blieb. Die
schon vollständig okkludierten Fronten der Zyklone
JACQUELINE II brachten beim Luftmassenwechsel auch in Schweden Niederschlag.
In Göteborg fielen 13 l/m² innerhalb von 24 Stunden durchgehend als
Regen. Ganz im Norden Schwedens an der Grenze zu Finnland in Haparanda fielen die 12 l/m² bei Temperaturen knapp
über dem Gefrierpunkt überwiegend als Schnee.
Beide
Teiltiefs hatten schon seit der Aufspaltung begonnen, sich abzuschwächen. Dennoch
überquerte eine weitere Okklusionsfront von Tief JACQUELINE I, welche in
den Wetterkarten nur in der Höhe zu erkennen war, Deutschland von Nordwest nach
Südost. Die Niederschlagsaktivität ließ bei der fortschreitenden Überquerung
deutlich nach, sodass die höchsten Niederschlagsmengen in Schleswig–Holstein
und in den Staulagen des Harzes gemessen wurden. Aus Kiel und vom Brocken wurden
15 l/m² und aus Alfeld 19 l/m² innerhalb von 24 Stunden
gemeldet.
Diese
Okklusionsfront löste sich bis zum Abend auf, sodass am 13.04. nur noch eine
verbindende Okklusionsfront zwischen dem Tief JACQUELINE I über der
Südostküste Norwegens und dem Tief JACQUELINE II über dem Nordkap bestand.
Eine weitere existierte vom Zentrum von Tief JACQUELINE II ausgehend bis
zum Nordural. Diese Fronten waren aber bis zum 14.04. kaum noch wetterwirksam. Beide
Teiltiefs lösten sich im Laufe dieses Tages auf. Dadurch konnte das
Tiefdrucksystem JACQUELINE nicht weiter auf der Berliner Wetterkarte analysiert
werden.
Geschrieben am 30.05.2012 von Matthias Treinzen
Berliner Wetterkarte: 09.04.2012
Pate: Tim Rohrer