Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet JADRANKA

(getauft am 20.10.2020)

 

Am 20. Oktober 2020 gelangte Deutschland mehr und mehr unter den Einfluss des südwestlich von Irland liegenden Bodentiefdruckgebiets IMKA. Dieses sorgte für eine kräftige südwestliche Strömung, die maritime, subtropische Luft in den Westen Europas lenkte. An den Ausläufern dieses Tiefdruckwirbels bildete sich über der Biskaya ein Wellentief aus, also die Anfänge einer jungen Zyklone, welches nach Tief IMKA das Wetterregime in Deutschland übernehmen sollte. Daraufhin entschieden sich die Meteorologen der Berliner Wetterkarte (BWK) dafür dieses Wellentief in der Prognose für den 21. Oktober auf den Namen JADRANKA zu taufen. Das vorhergesagte Wellentief tauchte dann erstmals in der Analyse der Bodenwetterkarte der BWK um 00 UTC (01 Uhr MEZ) des Folgetages auf, wo es mit einer ausgeprägten Warm- und Kaltfront und einem Kerndruck von knapp 995 hPa über der Biskaya lag. Dessen Warmfront war mit der Kaltfront von IMKA I verbunden. Durch die Nähe zu Tief IMKA wies die Zyklone JADRANKA das gleiche Strömungsmuster auf bzw. folgte der Zugbahn von Tief IMKA. Dem gegenüber war über Südosteuropa das mit 1030 hPa kräftige Hoch OTMAR lokalisiert. Der damit zusammenhängende starke Druckunterschied zwischen den Alpen und der Biskaya sorgte in der zweiten Nachthälfte für Sturm- und Orkanböen in Süd- und Mittelfrankreich. So registrierte die sehr exponiert liegende Station Aurillac in der Nacht orkanartige Böen von 107 km/h. Deutschland lag an diesem Tag in einem Bereich aufsteigender Warmluft zwischen der Fronten der Tiefdruckgebiete IMKA I und JADRANKA. Die aufsteigende Warmluft führte vielerorts zur Wolkenbildung und der Kaltfrontdurchgang im Nordwesten Deutschlands auch zu geringen Regenmengen. Im Nordosten Deutschlands, der von dichten Wolkenfeldern bedeckt war, erreichten die Temperaturen am 21. Oktober nur 13°C. Die Zyklone JADRANKA zog im weiteren Tagesverlauf über Südengland bis nach Jütland, wobei es in diesen Gegenden bedingt durch die aufsteigende Warmluft zu weiteren Regenfällen kam. So fielen in Schleswig-Holstein über 12 Stunden bis 18 UTC fast 10 Liter Regen pro Quadratmeter. Hinter den bayrischen Alpen hingegen schien vielerorts die Sonne, dort konnte noch Hoch OTMAR seinen Einfluss ausüben. München meldete beispielsweise 6 Stunden Sonnenschein bei 21°C. Auch andernorts war es für die Jahreszeit ungewöhnlich warm. So meldeten Köln und Andernach Maximaltemperaturen von 22°C und Bad Neuenahr verzeichnete sogar 23°C.

Am Morgen des 22. Oktober lag der Wirbel JADRANKA mit einem etwas vertieften Kerndruck von circa 990 hPa über Dänemark, wo um 00 UTC in Kernnähe leichter Sprühregen bei komplett bedecktem Himmel fiel. Die Kaltfront der Zyklone erstreckte sich über ganz Deutschland, während die Warmfront über die Nordsee nach Polen reichte. In Deutschland herrschte an diesem Tag für diese Jahreszeit sehr milde Luft, bei Temperaturen um 20°C schien die Sonne in Sachsen und Bayern bis zu 8 Stunden. Auch Klettwitz in Brandenburg verbuchte 8 Stunden Sonnenschein bei 21°C. Anders sah es hingegen in Baden-Württemberg aus, wo die Sonne am Oberrhein nur 4 Minuten schien, so z.B. in Memprechtshofen, einem Ortsteil der Stadt Rheinau, nahe der Grenze zu Frankreich.

Bis zum Morgen des 23. Oktober zog Tiefdruckwirbel JADRANKA weiter in nordöstliche Richtung, noch immer eng mit dem Strömungsmuster von Tief IMKA verankert, und positionierte sich auf der 00 UTC Bodenwetterkarte der BWK knapp nördlich von St. Petersburg. Der Luftdruck im Kern des Druckgebietes schwächte sich nur minimal ab und lag bei ungefähr 995 hPa. Im Verlauf des vorherigen Tages hatten die Kalt- und die Warmfront der Zyklone eine Mischfront gebildet, wobei der Warmsektor, der vorher zwischen den Fronten lag, in höhere Luftschichten angehoben wurde. Dabei kühlt sich dieser ab, und da kalte Luft weniger Feuchtigkeit enthalten kann als warme, fällt diese dann als Niederschlag - je nach Temperatur fest oder flüssig - aus. Diese Mischfront wird in der Meteorologie auch als Okklusionsfront bezeichnet. Jene Okklusion erstreckte sich zum 00 UTC Termin des 23. Oktober etwa von St. Petersburg bis südlich von Moskau, wo sie sich im Okklusionspunkt abermals in eine Warm- und Kaltfront aufteilte. Mit Voranschreiten des Tages verlagerte sich die Front bis nach Nordskandinavien, wo sie verbreitet Dauerfrost und Schneefälle verursachte. So kamen in der Kommune Kautokeino, im norwegischen Teil Lapplands, 28 cm Schnee zusammen und auch in Schweden wurden um die 27 cm Schnee bei teils weniger als −15°C gemessen. So meldete das schwedische Nikkaluokta am Abend Tiefstwerte von −17,7°C.

 

Nachdem sich die Zyklone JADRANKA im Verlauf des 23. Oktober und in der Nacht zum 24. Oktober allmählich in den Norden verlagerte und dabei in 2 Kerne aufspaltete, befand sich JADRANKA I um 00 UTC des 24. Oktober mit einem verstärkten Kerndruck von 990 hPa über Murmansk und war über eine Okklusionsfront mit JADRANKA II, dessen Kern einen gleichbleibenden Luftdruck von etwa 995 hPa aufwies, knapp südlich von Archangelsk verbunden. Im Bereich des Tiefdruckkomplexes fiel an diesem Morgen meist leichter Schnee oder Regen bei Temperaturen um die −4°C bis teilweise +5°C.

 

Die Zyklone zog bis zum 25. Oktober nur geringfügig weiter bis zum Weißen Meer, vereinte sich dabei wieder zu einem Kern und schwächte sich auf nunmehr 1000 hPa ab. Im weiteren Tagesverlauf verlagerte sich Tief JADRANKA weiter nach Osten, wo es alsbald vom Kartenausschnitt der BWK verschwand.