Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet JADWIGA

(getauft am 30.11.2018)

 

Am 30.11.2018 wurde für den Folgetag ein nordwestlich von Wales über der Irischen See liegender Tiefdruckwirbel prognostiziert, welcher auf den Namen JADWIGA getauft wurde. Dessen Entwicklung und weitere Ausprägung hatte bereits tags zuvor über dem Atlantik entlang der sich wellenförmig deformierenden Front eines östlich vor Neufundland liegenden, unbenannten Wirbels begonnen.

Gegen 00 Uhr UTC des 01.12. lag das Tief JADWIGA mit einem Druck von knapp 995 hPa vor Irlands Westküste. Von seinem Zentrum erstreckte sich eine Okklusionsfront nach Westen, die sich weiter westlich mit dem Frontensystem des unbenannten Wirbels, entlang dessen Frontensystems das Tief JADWIGA entstanden war, verband. Als Okklusionsfront wird eine oft regenreiche Mischfront bezeichnet, die aus dem Zusammenschluss von Warm- und der ihr nacheilenden Kaltfront entsteht und Eigenschaften beider in sich vereint. Die Stelle, an der beide Fronten ineinander übergehen, wird dabei als Okklusionspunkt bezeichnet. Von diesem, der an diesem Tag in der Nähe des Tiefzentrums lag, erstreckte sich eine Warmfront über den Atlantik nach Süden in Richtung Spanien und eine Kaltfront nach Westen, die anschließend in die Warmfront des dem Tief JADWIGA folgenden Wirbels KERRIN überging. Hebungsprozesse im Kernbereich des Wirbels JADWIGA sowie entlang dessen Fronten hatten die Entwicklung eines ausgeprägten Niederschlagsbandes zur Folge, das in der Nacht zum 01.12. zunächst auf die Küste Irlands traf und sich in den Morgenstunden Richtung Osten ausweitete. Innerhalb von zwölf Stunden fielen zwischen 06 und 18 Uhr UTC des 01.12. an der Forschungsstation Mace Head westlich von Galway 2,0 mm Niederschlag, auf Sherkin Island 4,0 mm und am Flughafen von Shannon sowie in Belfast 6,0 mm. Im weiteren Tagesverlauf verlagerte sich der Kern des Tiefs JADWIGA über die Irische See und Großbritannien hinweg bis über die Nordsee. Somit zog auch das Frontensystem ostwärts über Frankreich und die Beneluxstaaten Richtung Deutschland und Alpenraum. Dem Niederschlagsband des Wirbels JADWIGA folgten rasch die ebenfalls regenreichen Ausläufer des Tiefs KERRIN, welche sich immer weiter mit ersterem überlagerten und ineinander übergingen. Dadurch stellte sich über Westeuropa ein wolkenreicher Wettercharakter mit anhaltenden, teils recht ergiebigen Niederschlägen ein. Bis 06 Uhr UTC des 02.12. wurden binnen 24 Stunden am Londoner Flughafen Heathrow 7,8 mm, im südlich von London gelegenen Charlwood 13,0 mm und in der kleinen Ortschaft Liscombe im Exmoor-Nationalpark 22,0 mm gemessen. Über Frankreich brachte der einsetzende Dauerregen verbreitet über 10 mm im gleichen Zeitraum: Beispielsweise wurden am Pariser Flughafen Charles-de-Gaulle 15,4 mm, in Abbeville 19,4 mm und in Rouen 20,1 mm Regen registriert. Besonders intensiv fielen die Niederschläge jedoch in der Region Pays de la Loire im Westen Frankreichs und in der südlichen Bretagne aus. So wurden in Nantes 33,5 mm, aus La Roche-sur-Yon 35,5 und vom Flughafen Lorient 40,2 mm gemeldet. In Deutschland überwog tagsüber oft trübes, jedoch zunächst noch meist trockenes Wetter. In einem Streifen von Nordrhein-Westfalen bis Brandenburg und in Teilen Baden-Württembergs und Bayerns schien nach Auflösung lokaler Nebel- und Hochnebelfelder kurzzeitig auch die Sonne bei Temperaturen um 9,6°C in der Münchener Innenstadt, 7,1°C in Berlin-Tegel, und 11,4°C am Flughafen Köln-Bonn.

Am 02.12. um 00 Uhr UTC befand sich das Zentrum des bereits allmählich an Intensität verlierenden Tiefdruckwirbels JADWIGA mit einem Kerndruck von weiterhin etwa 995 hPa über der Nordsee zwischen England und Dänemark. Vom Kern reichte eine Warmfront in südöstlicher Richtung etwa entlang des Rheins bis über den Bodensee. Die Niederschläge entlang der Ausläufer des Tiefs JADWIGA gingen zunehmend in die des rasch von Westen folgenden Wirbels KERRIN über und hatten bereits in der zweiten Nachthälfte den äußersten Westen Deutschlands erreicht. Dabei fielen verbreitet über 10 mm Regen in weniger als zwölf Stunden. Beispielsweise wurden in Saarbrücken 11,0 mm, in Tholey 13,0 mm und in Weiskirchen an der Saar bis zu 17,5 mm beobachtet. Die Niederschläge weiteten sich im Laufe des 02.12. auf ganz Deutschland aus und brachten nach einem trockenen Sommer und Herbst den lang ersehnten Dauerregen, wobei die Niederschlagsmengen je nach Region sehr unterschiedlich ausfielen. Am höchsten waren sie im Südwesten Baden-Württembergs sowie von der Pfalz bis in den Bayrischen Wald, wohingegen von Schleswig-Holstein über Mecklenburg-Vorpommern bis Brandenburg zumeist nur weniger als 10 mm Regen fielen. Während innerhalb von 24 Stunden bis 06 Uhr UTC des Folgetages in Berlin-Tegel 1,7 mm, in Greifswald 3,0 mm und in Hamburg-Fuhlsbüttel 6,2 mm Niederschlag registriert wurden, fielen im selben Zeitraum in Lüdenscheid 21,6 mm, in Aachen 23,9 mm und in Trier 25,8 mm. Noch ergiebiger fielen die Niederschläge in Oberstdorf und Frankfurt am Main mit jeweils 29,5 mm, in Braunlage mit 37,7 mm und am Regionalflughafen Hahn mit 42,4 mm aus. Die höchste in Deutschland gemessene Niederschlagsmenge in diesem Zeitraum waren 74,8 mm in Menzenschwand am Feldberg. Gleichzeitig wurden mit dem Tiefdruckkomplex JADWIGA-KERRIN milde Luftmassen subtropischen Ursprungs nach Deutschland geführt, wodurch die Temperaturen, abgesehen von Teilen Bayerns und Sachsens, verbreitet über 10°C anstiegen. So stiegen die Temperaturen im Laufe der Nacht in Berlin-Tegel auf 11,3°C. In Essen wurde eine Tageshöchsttemperatur von 13,0°C gemessen, in Andernach 14,9°C. Am wärmsten wurde es mit 15,5°C in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Über einigen Regionen Österreichs, besonders aber über weiten Teilen der Schweiz führten die aufziehenden, anhaltenden Niederschläge wie über Deutschland teils sehr ergiebige Regenmengen zwischen 20 und 50 mm 24-stündig mit sich. So meldete beispielsweise der Flughafen Zürich-Kloten bis 06 Uhr UTC am 03.12. 39,6 mm und La Chaux-De-Fonds 51,9 mm. In Goldau bei Schwyz fielen sogar 98,6 mm Niederschlag. Wenn auch regional begrenzt, so wurden ähnlich hohe Niederschlagsmengen auch in Teilen Österreichs registriert: Ischgl meldete 28,7 mm, Alberschwende 47,0 mm und Bregenz 49,0 mm, während in den übrigen Landesteilen die Niederschlagssummen zumeist zwischen 7 bis 17 mm im Norden und Westen sowie unter 5 mm im Süden und Osten verblieben.

Im Laufe des 02.12. war das Zentrum des Tiefs JADWIGA nur wenig weiter nach Osten gezogen, sodass sich der Kern gegen 00 Uhr UTC des 03.12. mit einem auf unter 990 hPa leicht gefallenen Druck zwischen Oslo und Skagen vor der Nordspitze Dänemarks befand und damit nur noch knapp 500 Kilometer östlich vom Zentrum des ihm nacheilenden und sich verstärkenden Wirbels KERRIN lag. Vom Zentrum des Tiefs JADWIGA reichte eine Okklusionsfront zunächst in südöstlicher Richtung über Karlskrona und Danzig bis über Wien. Von dort reichte sie anschließend teils als Warm-, teils als Kaltfront über Süddeutschland, Frankreich und Nordspanien, wo sie in die Front eines unbenannten Tiefs mit Kern westlich der Azoren überging. Bereits in der ersten Tageshälfte wurde das Tief JADWIGA in die Zirkulation des sich Richtung Skandinavien verlagernden Wirbels KERRIN aufgenommen, sodass es am 04.12. nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte als eigenständiges Tiefdruckgebiet analysiert und somit auch nicht mehr auf jener namentlich verzeichnet werden konnte. Letzte ihm noch direkt zuzuordnende Niederschläge waren in der Nacht zum 03.12. entlang der Okklusionsfront Richtung Polen gezogen und verlagerten sich unter weiterer Abschwächung im Tagesverlauf in Richtung Baltikum. Diese brachten binnen 24 Stunden zumeist leichten Regen oder Sprühregen mit Werten von 3,0 mm in Warschau, 7,8 mm in Resko und 9,1 mm in Elbląg nahe Danzig. An der Station auf der Schneekoppe, wo tags zuvor noch 16,3 mm Niederschlag gefallen waren, wurden nochmals 15,7 mm registriert. Für Skandinavien, West- und Mitteleuropa wurde nachfolgend der Tiefdruckwirbel KERRIN wetterbestimmend. Dessen Okklusionsfront verblieb am 03.12. nahezu stationär über Deutschland und führte somit, ähnlich wie bei Tief JADWIGA zuvor, über Teilen Süddeutschlands und den Alpen zu ergiebigen Niederschlägen.