Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet JAN

(getauft am 19.01.2015)

 

Unterhalb eines Troges kalter Luft im 500 hPa-Niveau, was einer Höhe von etwa 5,5 Kilometern entspricht, entstand am Boden westlich von Grönland ein Tiefdruckwirbel, der anhand der Analyse vom 19.01.2015 auf den Namen JAN getauft wurde.

Vom Zentrum des Wirbels JAN, der sich gegen 00 Uhr UTC, also 01 Uhr MEZ, mit einem Kerndruck von unter 965 hPa über der Irmingersee befand, erstreckte sich eine Okklusionsfront nach Südosten bis zu ihrem Okklusionspunkt, der im gedachten Schnitt von Irland und Island über dem Atlantik lag. Als Okklusionsfront wird dabei eine Mischfront verstanden, die sich aus dem Zusammenschluss von Kalt- und Warmfront bildet und somit Eigenschaften beider Frontentypen in sich vereint. Die Stelle an der Warm- und Kaltfront ineinander übergehen und eine solche Okklusionsfront bilden, wird als Okklusionspunkt bezeichnet. Von dort reichte die zugehörige Warmfront weiter nach Süden und verband sich im weiteren Verlauf mit dem Frontensystem des bei Spanien liegenden Tiefs IUSTUS. Die Kaltfront erstreckte sich hingegen vom Okklusionspunkt nach Südosten ehe sie nördlich der Azoren in die Warmfront eines nahe der Bermudainseln liegenden Systems überging. Ausläufer des Wirbels JAN brachten besonders über Grönland und Teilen Islands ergiebige Niederschlagsmengen mit sich. Bis 06 Uhr UTC am darauf folgenden Morgen wurden innerhalb von 24 Stunden am Sender Gufuskálar in Island 13,7 l/m2, in Reykjavík 19,9 l/m2 und am Prins Christian Sund 30,4 l/m2 registriert. An der Station am Kangertittivaq-Fjord in Grönland fielen im selben Zeitraum durch anhaltenden, teils schauerartig verstärkten Schneefall bis zu 50,1 l/m2. Bereits 24 Stunden zuvor, während sich das Tief JAN noch in Entstehung befand, waren hier 62,9 l/m2 Niederschlag gemessen worden. Über den südlichen Regionen Grönlands herrschte zudem ein oft starker bis stürmischer nordwestlicher Wind vor. An der Messstation in Ikermit erreichte dieser zwischen 18 und 06 Uhr UTC mit einer mittleren Windgeschwindigkeit von 133,1 km/h und Böen bis 172,7 km/h gar Orkanstärke. Das Niederschlagsband zog mit dem Frontensystem im Laufe des Tages weiter nach Osten und hatte bis 06 Uhr UTC auch Irland sowie Portugal erreicht. Am Flughafen von Shannon und in Viana do Castelo wurden dabei in 12 Stunden jeweils 12 l/m2 und in Monte Real 41 l/m2 schauerartig verstärkten Regens gemessen.

Bis zum 20.01. hatte sich das Zentrum des Tiefdruckwirbels JAN nur geringfügig nach Osten verlagert und befand sich mit einem um 10 hPa angestiegenen Druck gegen 00 Uhr UTC mit seinem Kern weiter über der Irmingersee, mittig zwischen Grönland und Island. Entlang des nach Osten voranschreitenden, ausgeprägten Frontensystems hatte sich zudem ein weiterer Kern ausbilden können, der mit einem Druck von knapp 1005 hPa über Südirland lag und durch eine Okklusionsfront mit dem ersten Kern verbunden war. Vom zweiten Kern reichte die Okklusionsfront weiter über Nordwestspanien nach Süden bis sie sich an ihrem Okklusionspunkt westlich von Portugal in eine nach Südwesten ziehende Warm- und in eine sich über die Azoren nach Westen erstreckende Kaltfront teilte. Während die Warmfront westlich von Marokko über dem Atlantik endete, verband sich die Kaltfront mit der Warmfront eines bei Neufundland liegenden anderen Wirbels. Aufgrund der nur sehr langsamen Zuggeschwindigkeit des nördlichen Zentrums verblieben die teils sehr starken Niederschläge über Grönland. So wurden durch anhaltenden, teils starken Schneefall am Kangertittivaq-Fjord in 24 Stunden bis 06 Uhr UTC des Folgetages 22,2 l/m2 und durch von Schnee- in Regen übergehende Niederschläge an der Station im Prins Christian Sund 71,6 l/m2 gemessen. Auf der anderen Seite der Irmingersee, in Reykjavík, fielen hingegen im selben Zeitraum 2,8 l/m2. Mit mittleren Windgeschwindigkeiten zwischen 122 km/h und 128 km/h sowie Böen bis 166,8 km/h erreichte der Nordwestwind in Ikermit bis 12 Uhr UTC zunächst noch die Stärke eines Orkans, hatte sich jedoch bis 06 Uhr UTC am nächsten Tag mit 9,3 km/h deutlich abgeschwächt. Mit der Zugrichtung nach Osten überquerten die Ausläufer des Tiefs JAN im Laufe des Tages Irland und Portugal und erreichten den Nordwesten Spaniens sowie Marokko. Bis 06 Uhr UTC fielen 24-stündig in Viana do Castelo 2,7 l/m2, am Flughafen von Connaught 8 l/m² und in Avilés in Spanien 23,3 l/m2. Intensiver fielen die Niederschläge über Marokko aus, vor dessen Nordküste sich entlang der voranschreitenden Okklusionsfront in der zweiten Tageshälfte ein weiterer Kern ausbilden konnte. Teils von Gewittern begleitete Schauer brachten in Rabat 1 l/m2, in Casablanca 20 l/m2 und in Larache 33 l/m2.

Am 21.01. verblieb das das erste Zentrum der Zyklone JAN unter zunehmender Abschwächung nahezu stationär über der Irmingersee und wurde gegen 00 Uhr UTC mit einem auf 995 hPa gestiegenen Druck westlich von Island analysiert. Der zweite Kern hatte sich hingegen in der Nacht unter leichter Verstärkung von Irland nach Wales verlagert und war auf einen Druck von knapp 1000 hPa gefallen. Entlang der weitreichenden und sich langsam nach Osten verlagernden Okklusionsfront hatte sich, ähnlich wie schon tags zuvor, ein weiterer Kern ausbilden können, der sich mit einem Druck von knapp 1010 hPa östlich der Meerenge von Gibraltar über dem Alboran-Meer positionierte. Alle drei Zentren waren durch Okklusionsfronten miteinander verbunden. Südlich des dritten Kerns erstreckte sich eine Kaltfront in einem Bogen nach Westen und ging über dem Atlantik in die Warmfront des nördlich von Neufundland liegenden Tiefs KURT über. Eine zusätzliche Warmfront reichte vom ersten Kern nach Norden in Richtung Spitzbergen und zog sich südlich dieser Inselgruppe, den Charakter einer Kaltfront annehmend, weiter in südöstlicher Richtung bis nach Syktywkar in Nordrussland. Über Großbritannien überwog fast ganztägig dunstig-trübes und allgemein regnerisches Wetter, welches durch leichten bis mäßigen Regen oder Sprühregen verbreitet zwischen 0,5 l/m2 und 4 l/m2, oder vereinzelt wie in Connaught 6 l/m2, mit sich brachte. Bis 06 Uhr UTC am Morgen des Folgetages wurden aus Monte Real 11 l/m2, aus Avilés 13,3 l/m2 und aus Rabat 14 l/m2 Regen gemeldet. Am intensivsten fielen die Niederschläge in einem begrenzten Raum im Baskenland aus. Der Flughafen von Santander meldete wiederholt Gewitter und gegen 18 Uhr UTC sogar Hagel, wodurch hier 32,5 l/m2 und durch Regen- und Hagelschauer in San Sebastian bis zu 35,6 l/m2 registriert wurden. Das zuvor stark ausgeprägte Niederschlagsgebiet entlang des sich rasch abschwächenden und unter Auflösung nach Norden abziehenden ersten Zentrums hatte sich im Tagesverlauf weitestgehend aufgelöst, brachte zuvor jedoch noch bis 18 Uhr UTC in nur 12 Stunden an der Messstation am Kangertittivaq-Fjord bis zu 21 l/m2.

In der Nacht zum 22.01. hatte sich der Tiefdruckwirbel JAN weitestgehend aufgelöst oder war in die Zirkulation des ihm nachfolgenden Tiefs KURT aufgegangen. Lediglich das tags zuvor entstandene dritte Zentrum blieb noch erhalten und war bis 00 Uhr UTC über Spanien nach Norden gezogen. Vom Kern, der sich mit einem Druck von weiterhin knapp 1010 hPa nordwestlich von Bordeaux befand, reichte eine erste Okklusionsfront über Bordeaux und Toulouse bis zu den Balearen und eine zweite über Brest und Cardiff bis nach Newcastle. Die dem Wirbel JAN zuzuordnenden Niederschläge konzentrierten sich noch auf den Norden Spaniens. Dabei wurden bis 06 Uhr UTC am folgenden Morgen in Avilés 8,2 l/m2, in Bilbao 9,7 l/m2 und in Oviedo 11,4 l/m2 innerhalb von 24 Stunden gemessen.

Im Laufe des 22.01. schwächte sich das Tief JAN weiter ab, sodass dieser am 23.01. nicht mehr als eigenständiger Wirbel auf der Berliner Wetterkarte analysiert und somit auch nicht mehr namentlich verzeichnet werden konnte.

 

 

Geschrieben am 17.02.2015 von Christian Ulmer

Berliner Wetterkarte: 21.01.2015

Pate: Jan Reimann