Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet JEANNETTE

(getauft am 20.06.2012)

 

Schon am 18.06. bildete sich aufgrund eines ausgeprägten Höhentroges in ca. 5,5 km Höhe über dem östlichen Nordatlantik ein sich verstärkendes Tiefdruckgebiet. Im weiteren Verlauf verlagerte sich das System unter Druckverminderung nach Süden und wurde schließlich am 20.06. auf den Namen JEANNETTE getauft. Zum Zeitpunkt der Taufe lag das Tief einige Hundert Kilometer westlich von Irland und der Kerndruck betrug
ca. 1005 hPa. Der Wirbel besaß eine Okklusion, also eine Mischfront mit Warm- und Kaltfronteigenschaften, die sich südlich vom Zentrum ausgehend spiralförmig um den Kern zog und weiter südwestwärts auf den Atlantik hinaus reichte. Über dem Atlantik ging diese Okklusionsfront in eine Kaltfront über, die einige Hundert Kilometer weiter westlich endete.

Zum 21.06. verlagerte sich das Tief JEANNETTE bei gleichbleibendem Druck mit seinem Zentrum weiter in Richtung der Küste Irlands. Vom Zentrum ging eine Okklusionsfront aus, die einen Bogen beschreibend in südöstlicher Richtung bis zur Nordwestspitze der Iberischen Halbinsel reichte und sich dort in Warm- und Kaltfront aufspaltete. Von diesem sogenannten Okklusionspunkt aus erstreckte sich die Warmfront nach Osten über Spanien und ging südlich der Pyrenäen in eine Kaltfront eines vorlaufenden Tiefs über. Die Kaltfront hingegen vollzog einen weiten Bogen entlang der portugiesischen Atlantikküste nach Westen hinaus auf den Atlantik, wo sie südlich der Azoren in das System des Tropensturms CHRIS überging. Das Frontensystem der Zyklone JEANNETTE überquerte im Laufe des Tages Irland und Teile Englands, wobei es verbreitet zu stärkeren Niederschlägen kam. So fielen beispielsweise innerhalb von 24 Stunden in Dublin 13 Liter Regen pro Quadratmeter, in Manchester 28 Liter Regen pro Quadratmeter und in Edinburgh sogar 30 Liter Regen pro Quadratmeter. Sich weiter nach Osten verlagernd bildete der Tiefdruckwirbel JEANNETTE zum 22.06. ein zweites Zentrum aus. Während das westliche Zentrum über dem St. Georges Kanal zwischen Irland und England lag, befand sich das östliche Zentrum etwas südlich von Edinburgh. Beide Zentren wiesen je einen Druck von knapp unter 1000 hPa auf. Vom westlichen Zentrum ging eine Okklusionsfront in Richtung Norden aus, von der sich beim schottischen Bowmore eine Warmfront abspaltete. Diese zog sich über Schottland bis vor die Orkneyinseln. Die Okklusionsfront hingegen reichte bis zum östlichen Kern. Von diesem ging ebenfalls eine Okklusion aus, die über die Nordsee verlief und bei Bremen in eine Kaltfront überging. Von Bremen aus beschrieb die Kaltfront einen Bogen nach Südwesten über die Alpen, entlang der französischen und spanischen Mittelmeerküste, über Gibraltar bis mittig zwischen Madeira und den Kanaren. Das Hauptniederschlagsgebiet lag weiterhin über England und führte besonders in Wales zu teils sehr ergiebigem Dauerregen. In der Ortschaft Keswick wurden innerhalb von 24 Stunden bis 06 Uhr UTC (08 Uhr MESZ) 91 Liter Regen pro Quadratmeter registriert. Auch im skandinavischen Raum regnete es recht ergiebig. So fielen im gleichen Zeitraum im dänischen Skagen 20 Liter pro Quadratmeter und im südnorwegischen Kristiansand 24 Liter pro Quadratmeter.

Am 23.06. lag die Zyklone mit einem einzigen Kern, in dem weiterhin ein Druck von etwa 1000 hPa herrschte, über der nördlichen Nordsee,knapp 150 Kilometer östlich von Edinburgh. Vom Kern ging nach Westen eine Okklusionsfront aus, die sich über Schottland hinweg zog um dann einen scharfen Bogen nach Osten zu beschreiben und über die Färöer Inseln bis Südnorwegen reichte. Von dort aus verlief die Front weiter nach Südosten in Richtung Gotland und ging über Südschweden in das nahe der litauischen Hauptstadt liegende Tiefdruckgebiet INGELORE über. Auch an diesem Tag lag der Schwerpunkt der Niederschläge über Wales und Westschottland. In Keswick wurden so noch einmal 23 Liter Regen in einem Zeitraum von 15 Stunden registriert.

Am 24.06. verlagerte sich der Tiefdruckwirbel JEANNETTE unter Abschwächung etwas nach Norden und lag um 0 Uhr UTC mit seinem Zentrum und einen Kerndruck von 1005 hPa über der nördlichen Nordsee, mittig zwischen Schottland und Norwegen. Vom Zentrum ging zu diesem Zeitpunkt in nordwestlicher Richtung eine Okklusionsfront aus, die östlich der Färöer Inseln einen Bogen nach Nordosten beschrieb und nahe dem Polarkreis auf die norwegische Küste traf. Von dort ausgehend überquerte sie Norwegen, Schweden und die Ostsee in südöstlicher Richtung um wie am Vortag in das System von Tief INGELORE überzugehen. Im Laufe des Tages schwächte sich die Zyklone JEANNETTE immer weiter ab, sodass sie am Folgetag nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden konnte.

 


Geschrieben am 26.06.2012 von Christian Ulmer

Berliner Wetterkarte: 22.06.2012

Pate: Steffen Grabe