Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet JEANNE

(getauft am 26.03.2016)

 

In der Nacht vom 26.03. zum 27.03.2016 entstand im Bodenniveau über dem Atlantik entlang einer wellenförmig deformierten Front ein neuer Tiefdruckwirbel, dessen Entwicklung in der Prognose am 26.03. für den Folgetag vorhergesagt, und auf den Namen JEANNE getauft wurde.

Mit einem Druck von unter 1000 hPa befand sich das Zentrum des Wirbels JEANNE am Tag der Entstehung gegen 00 Uhr UTC, das heißt 01 Uhr MEZ, weit südlich von Grönland auf dem Breitengrad von Paris. Vom Kern reichten eine Warmfront in einem Bogen nach Südosten bis zu den Azoren und eine Kaltfront nach Westen in Richtung Vereinigte Staaten. Im Laufe des Tages verlagerte sich das Zentrum des Wirbels mit seinen niederschlagsreichen Ausläufern nach Osten und hatte bis etwa 18 Uhr UTC die Küsten Frankreichs und Nordspaniens erreicht. Der Norden Großbritanniens war zunächst noch von dem nach Nordosten abziehenden Tief IRMGARD beeinflusst, sodass Tief JEANNE zunächst nur für Frankreich und Teile der Iberischen Halbinsel wetterbestimmend war. Binnen 12 Stunden fielen dabei bis 06 Uhr UTC des Folgetages in Brest 19 mm, bei Vigo 28,6 mm und am Flughafen Lavacolla 33,3 mm Niederschlag. Entlang der französischen Kanalküsten stellte sich mit Annäherung des Wirbels vorübergehend ein stürmischer Wetterabschnitt ein. Der süd- bis südwestliche Wind erreichte gegen 00 Uhr UTC am Pointe de Barfleur Windgeschwindigkeiten von bis zu 100,1 km/h, das entspricht einem schwerem Sturm, und am Pointe du Raz gegen 21 Uhr UTC mit 109,3 km/h orkanartige Sturmstärke, der an beiden Messstationen von Orkanböen bis 152 km/h begleitet war. In Böen erreichte der Wind unter anderem auch mit 124,2 km/h in Brignogan Orkanstärke, hier waren binnen 12 Stunden zugleich 19 mm Niederschlag gefallen. Mit 127,9 km/h auf der englischen Insel Isle of Portland und mit bis zu 140,8 km/h in La Heve wurden auch an diesen Stationen Orkanböen gemessen.

Bis zum 28.03. hatte sich der Tiefdruckwirbel JEANNE in Richtung Westeuropa verlagert und lag gegen 00 Uhr UTC mit seinem Zentrum und einem auf unter 980 hPa gefallenen Kerndruck über Cornwall, England. Teile der Warmfront waren von der nachfolgenden Kaltfront eingeholt worden, sodass sich in diesem Bereich, der in etwa über Cornwall lag, eine Okklusionsfront ausgebildete hatte, die Eigenschaften von Warm- und Kaltfront in sich vereint. Diese Okklusionsfront reichte vom Zentrum über den Ärmelkanal bis zu ihrem Okklusionspunkt, dem Punkt an dem Warm- und Kaltfront ineinander übergehen, über den Kanalinseln, unweit der Bretagne. Von dort reichte die Warmfront weiter nach Süden bis nach Nordspanien und die Kaltfront in einem Bogen nach Südwesten über den Atlantik hinaus. Das Niederschlagsband zog rasch über Südengland und die Nordsee hinweg nach Norwegen. Innerhalb von 24 Stunden wurden bis 06 Uhr UTC im dänischen Thyborøn 5,8 mm, an der Station auf dem englischen Stützpunkt Fylingdales 13 mm und im französischen Trappes 15,2 mm registriert. Durch erzwungene Hebungsprozesse beim Auftreffen auf Gebirgsketten wurden die Niederschläge über Norwegen noch verstärkt. Bis 06 Uhr UTC wurden 24-stündige Niederschlagssummen von 29,6 mm in Nelaug, von 49,5 mm bei Høyland und 51,9 mm an der Station Eik Hove gemessen. Orkanböen traten nur noch an besonders exponierten Lagen auf, beispielsweise am Mannen mit 122,5 km/h oder dem Juvvasshøi mit 126,1 km/h. Entlang der Kaltfront des Wirbels, die sich über Frankreich nach Spanien zog, entwickelte sich im Laufe des Tages vor Nordwestspanien und Portugal ein neues Wellentief, das für die Iberische Halbinsel wetterbestimmend wurde. Zuvor wurden hier noch in 12 Stunden bis 18 Uhr UTC in Vigo 16,0 mm und bei Vila Real in Portugal 31,0 mm gemessen.

Sich zunehmend eindrehend war das Zentrum der Zyklone JEANNE im Laufe des 28.03. nach Nordosten gezogen und befand sich am 29.03. um 00 Uhr UTC mit quasi gleich gebliebenem Kerndruck über der Nordsee vor Südnorwegen, unweit von Bergen. Die Okklusionsfront reichte spiralförmig um das Zentrum herum über Oslo, Norddänemark und östlich an Schottland vorbei nach Norden und zog sich anschließen weiter über Zentralnorwegen nach Südosten bis zu ihrem Okklusionspunkt über Südschweden. Vom Okklusionspunkt erstreckte sich die Warmfront über Warschau bis nach Wien und die ihr nachfolgende Kaltfront über Bornholm und München in Richtung der Schweiz, wo sie in das Frontensystem des neuen, vor Nordwestspanien liegenden, unbenannten Wellentiefs überging. Eine weitere Okklusionsfront ging nördlich des Zentrums von der ersten ab und reichte bis etwa über Bodø. Das Niederschlagsband konzentrierte sich mit stärkeren Intensitäten im Wesentlichen auf die küstennahen Regionen Süd- und Mittelnorwegens. Bis 06 Uhr UTC fielen innerhalb von 24 Stunden in Takle 14,4 mm, in Bergen 21,6 mm und an der Station in Liarvatnet 26,7 mm Regen. Über Schweden wurden kaum größere Regenmengen registriert, etwas ergiebiger fielen diese hingegen noch über Teilen Deutschland aus, welche jedoch bereits in der Nacht zum 30.03. von den Ausläufern eines nachfolgenden Wirbels beeinflusst wurde. Das dem Tief JEANNE zuzuordnende Niederschlagsfeld brachte bis 18 Uhr UTC in 12 Stunden in Cuxhaven 8,0 mm, in Grünow 13 mm und an der Station auf dem 114 Meter hohen Feldberg in Mecklenburg-Vorpommern 13,9 mm.

Am 30.03. gegen 00 Uhr UTC lag das Zentrum des Tiefdruckwirbels JEANNE mit einem Druck von 985 hPa westlich von Bodø etwa 1100 km nördlich zur Position tags zuvor. Kalt- und Warmfront hatten sich vollständig zu einer Okklusionsfront vereint, die sich vom Kern des Tiefs über Lappland und die Ostsee zog, Lettland und Weißrussland überquerte und bei Bukarest endete. Das Niederschlagsband, welches sich unter Abschwächung während der zweiten Tageshälfte des 29.03. von Deutschland über Polen in Richtung des Baltikums verlagert hatte, führte nun innerhalb der 24 Stunden bis 06 Uhr UTC des 31.03. an der estnischen Station Valke-Maarja zu 3,4 mm, in Riga teils gewittrig 4,0 mm und in Birzai in Litauen zu 7,0 mm Niederschlag. Entlang der Küsten Norwegens wurden im gleichen Zeitraum in Myken 5,4 mm, in Takle 6,3 mm und in Bodø 8,8 mm registriert.

An Zuggeschwindigkeit verlierend und sich langsam abschwächend befand sich Tief JEANNE am 31.03. über dem Nordmeer zwischen Spitzbergen und Nordnorwegen, unweit der Bäreninsel. Vom Zentrum, in dessen Kern der Druck gegenüber dem Vortag um 5 hPa gestiegen war, erstreckte sich die Okklusionsfront zunächst in Richtung Spitzbergen und anschließend in einem engen Bogen über Murmansk nach Süden und weiter über Sankt Petersburg und Moskau bis nach Charkiw in der Ukraine. Eine zweite Okklusionsfront zweigte östlich von Spitzbergen von der ersten ab und führte über Nowaja Semlja nach Osten. Über dem Baltikum entwickelte sich entlang der sich wellenförmig deformierenden Okklusionsfront ein weiteres Wellentief, sodass sich der Einflussbereich des Tiefs JEANNE auf das Nordmeer und die Barentssee beschränkte. Entlang des Zentrums griffen die Niederschläge, die verbreitet von Regen in Schnee übergingen, auf Nordnorwegen und Spitzbergen über, größere Niederschlagsmengen kamen jedoch kaum noch zusammen. Lediglich an der Station Bjørnøya, norwegisch für die Bäreninsel, wurden in 24 Stunden noch 5,9 mm dokumentiert. Auf Spitzbergen fielen hingegen nur einzelne Flocken, beziehungsweise kaum messbare Niederschlagsmengen.

Bis zum 01.04. blieb das Tiefdruckgebiet JEANNE mit dem Zentrum stationär über der Bäreninsel, wo sich eine Okklusionsfront in Richtung Nowaja Semlja erstreckte. Der Druck im Kern hatte sich auf 1000 hPa aufgefüllt. Leichte Schneefälle brachten auf Spitzbergen bis 06 Uhr UTC 24-stündig in Svalbard 0,5 mm und bei Ny-Ålesund 0,7 mm. Auf Bjørnøya fielen mit 0,0 mm kaum messbare Niederschlagsmengen. Im Laufe des Tages schwächte sich das Tief JEANNE zunehmend ab, sodass dieses am 02.04. nicht mehr als eigenständiger Wirbel auf der Berliner Wetterkarte analysiert und somit auch nicht mehr auf jener namentlich verzeichnet werden konnte.

 


Geschrieben am 30.06.2016 von Christian Ulmer

Berliner Wetterkarte: 28.03. 2016

Pate: Jeanne Hollemann