Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
JENNA
(getauft am 27.11.2010)
Am 27. November 2010 wurde ein Tiefdruckgebiet, das
sich am Rande eines umfangreichen Höhentiefs, eines sogenannten
Langwellentroges, westlich der Iberischen Halbinsel gebildet hatte, auf den
Namen JENNA getauft. Vom Kern ausgehend, in dem der Luftdruck unter 995 hPa
betrug, verlief in Richtung Westen eine Okklusionsfront, die einen Mischtyp
zwischen Warm- und Kaltfront darstellt, bis südlich der Azoren. Östlich des
Kerns zog sich die Warmfront über Nordafrika bis nach Tunesien, während die
Kaltfront über Marokko bis südlich des Atlasgebirges zu erkennen war. Im
Bereich des Okklusionspunktes um die Straße von Gibraltar, also dort, wo die
schnellere Kaltfront die langsamere Warmfront eingeholt hatte, kam es
gebietsweise zu Regen, wie an den spanischen Stationen Sevilla und Malaga auf
europäischer Seite, und auch in Casablanca, Tanger und Marrakesch in Marokko
auf afrikanischer Seite. Während in den beiden genannten spanischen Städten 70
bzw. 41 l/m² Regen bis zum Morgen des Folgetages innerhalb von 24 Stunden
fielen, war die nordmarokkanische Küstenstadt Tanger im Bereich südlich der
Meerenge mit 23 l/m² der niederschlagsreichste Ort. Das Tiefdruckzentrum lag
mit 995 hPa zu diesem Zeitpunkt westlich von Algier an der algerischen Küste.
In der algerischen Hauptstadt wurde von der Wetterstation morgens Regen
gemeldet, ebenso wie im südsardinischen Cagliari.
Im Tagesverlauf folgte das Tiefdruckgebiet JENNA
der Höhenströmung entsprechend nach Nordosten und zog über Italien und die
Adria bis zum Balkan, wo es in der Nacht zum 29. November mit einem Kerndruck
von 995 hPa lokalisiert wurde. In Rom kamen bis dahin innerhalb von 24 Stunden
22 l/m² Niederschlag zusammen, im kroatischen Rijeka waren es im gleichen
Zeitraum 44 l/m². Zuvor wurde auf der Vorderseite des Tiefs JENNA warme Luft beispielsweise
in die Türkei transportiert, wo es unter anderem in Trabzon am Schwarzen Meer
bis zu 24°C warm wurde. Durch die großen Temperaturunterschiede zwischen kalter
Luft in der Höhe und warmer Luft am Boden konnten sich örtlich an der östlichen
Adriaküste im Bereich von Südbosnien und Montenegro Gewitter bilden. Auf der
Rückseite der Zyklone JENNA kam es zur Zufuhr kalter Luft aus Norden, die zuvor
wiederum durch ein anderes Tief, IRMI genannt, aus arktischen Regionen
herangezapft worden war, so auch in Deutschland. Während durch Schneefälle
südlich Berlins bis nach Bayern die Schneedecke in Leipzig 11 cm betrug, waren
es in Gera 22 cm und in Hof 27 cm. In Magdeburg registrierte die Wetterstation
leichten Dauerfrost mit -1°C Tageshöchsttemperatur, wohingegen es im
ukrainischen Simferopol auf der Krim mit 23°C
sommerlich warm wurde. Am 30. November lag der Kern des Wirbels JENNA im
Grenzgebiet zwischen der östlichen Ukraine und dem südlichen Russland. Westlich
davon erstreckte sich die Okklusionsfront bis in den Osten Polens, wo es in
Warschau mit -10°C und in Białystok mit -11°C jeweils strenge Nachtfröste gegeben
hatte. Dies führte dazu, dass die in Ostmitteleuropa auftretenden Niederschläge
verbreitet als Schnee fielen, in Ostdeutschland gab es zum Beispiel bis zu 8 cm
Neuschnee. Die Warmfront reichte vom Kern des Tiefs JENNA bis nach Kasachstan,
während sich die Kaltfront bis zum Schwarzen Meer erstreckte. Zwischen Warm-
und Kaltfront, im sogenannten Warmluftsektor, stieg die Temperatur zum Teil
kräftig im Vergleich zum Vortag an, wie in Wolgograd, wo es mit 13°C deutlich
wärmer war als einen Tag zuvor mit 2°C. In der Nacht zum 1. Dezember ging die
Temperatur in der Lausitz bis auf -17°C herunter, im ostpolnischen Białystok
wurden -26°C gemessen. Dies lag am Zustrom der extrem kalten Luft aus Nordosten
zwischen dem Tief JENNA und dem Hoch UWE I über Skandinavien. Tagsüber setzte
sich die kalte Luft weiter in Osteuropa durch, so dass es an der genannten
Wetterstation in Wolgograd, nun hinter der Kaltfront gelegen, eine
Tageshöchsttemperatur von -5°C gab. Zu diesem Zeitpunkt war das Tiefdruckgebiet
JENNA zum letzten Mal als eigenes Druckgebilde auf der Berliner Wetterkarte mit
einem Kerndruck von 980 hPa über dem südlichen Ural zu erkennen.
Lebensgeschichte geschrieben am 06.12.2010 von Heiko Wiese
ausgewählte Berliner Wetterkarte: 29.11.2010
Wetterpate: Babyzeichensprache