Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
JESSIKA
(getauft am 30.09.2018)
Im Laufe des 30.09.2018 entstand
über der Labradorsee aus einem Randtief eine neue Zyklone. Diese zog rasch nach
Osten und verstärkte sich, woraufhin sie in der Prognose für den 01.10. auf den
Namen JESSIKA getauft wurde.
Am 01.10. lag das
Tiefdruckgebiet JESSIKA um 00 Uhr UTC, was 01 Uhr Mitteleuropäischer Zeit
entspricht, westlich von Island. Dabei verfügte es bereits über ein
ausgeprägtes Frontensystem. Die Okklusionsfront erstreckte sich vom Kern aus in
südöstliche Richtung bis zum Okklusionspunkt südwestlich von Island. Als
Okklusionsfront wird dabei eine Mischfront verstanden, die aus dem
Zusammenschluss von Warm- und der ihr nacheilenden Kaltfront entsteht und die
Eigenschaften beider in sich vereint. Die Stelle, an der beide Frontensysteme
ineinander übergehen wird als Okklusionspunkt bezeichnet. Von diesem ausgehend
verlief die Warmfront des Tiefs JESSIKA nach Süden bis über das später getaufte
Hochdruckgebiet ULF. Die Kaltfront erstreckte sich vom Okklusionspunkt
südwestwärts und ging mitten über dem Atlantik in die Warmfront eines
nachfolgenden Tiefdruckgebietes über.
Von seiner Lage westlich von
Island zog die Zyklone JESSIKA im Tagesverlauf weiter ostwärts, sodass ihr
langgestrecktes Zentrum bis 00 Uhr UTC des 02.10. von Island bis über die
Shetlandinseln reichte. Dabei betrug der niedrigste Luftdruck etwa 997 hPa über
den Färöern. Die Okklusionsfront erstreckte sich von dort zunächst nach
Südosten über die Nordseeregion östlich von Edinburgh bis zum dortigen
Okklusionspunkt. Von dort reichte die Warmfront weiter über England und
Südwales bis zur Keltischen See südlich von Irland und die ihr nacheilende
Kaltfront verlief, Südschottland und Irland überquerend, in westlicher Richtung
bis über den Atlantik, wo sie sich mit der Warmfront des Tiefs KERSTIN verband,
welches sich tags zuvor entlang des Frontensystems des Tiefdruckwirbels JESSIKA
hatte entwickeln können. Hebungsprozesse in den Kernbereichen des Wirbels sowie
entlang dessen Frontenausläufern hatten die Entwicklung eines ausgeprägten
Niederschlagsbandes zur Folge, welches im Laufe des 01.10. zunächst auf
Grönland, Island und Schottland traf und sich in der zweiten Tageshälfte sowie
in der Nacht zum 02.10. auch auf Irland, Nordengland sowie Südnorwegen
ausweitete. Dabei wurden beispielsweise innerhalb von 24 Stunden bis 06 Uhr UTC
des 02.10. in Nuuk 2,8 mm, an der isländischen Sendestation Gufuskálar 6,0 mm
und in Reykjavík 6,5 mm teils mit Schnee vermengten Regens registriert.
Ähnliche Niederschlagsintensitäten wurden auch von den Britischen Inseln
gemeldet, wobei diese lokal sehr unterschiedlich ausgeprägt waren: Während am
Flughafen von Dublin lediglich 0,1 mm sowie in England meist unter 2 mm Regen in
24 Stunden gemessen werden konnten, führte der teils schauerartig verstärkte Niederschlag
im südirischen Finner 7,6 mm und im walisischen Trawscoed 8,8 mm mit sich.
Etwas stärker fielen die Niederschläge aufgrund von Stau- und erzwungenen
Hebungsprozessen beim Auftreffen der feuchtwarmen Luftmassen in kältere
Luftschichten entlang der schottischen Hochlagen sowie der norwegischen
Gebirgsketten aus. So wurden am Flughafen von Kirkwall und in Stornoway je 10,6
mm, an der norwegischen Station Fossmark 11,1 mm, in Bergen je nach Stadtlage
zwischen 12,9 mm und 13,2 mm sowie am See Liarvatn 14,1 mm gemessen. An einigen
besonders exponierten Lagen Schottlands erreichte der westliche bis
westnordwestliche Wind in der Nacht zum 02.10. zudem in Böen Sturm und
Orkanstärke: Auf der zu den Shetlandinseln gehörenden Fair Island wurden
schwere Sturmböen von 101,9 km/h, am Great Dun Fell orkanartige Böen von 105,6
km/h, auf dem Cairnwell Orkanböen von 140,8 km/h und an der Station auf dem
Cairngorm Spitzenböen bis 163,1 km/h registriert. Im Laufe des 02.10.
verlagerte sich der Wirbel JESSIKA rasch von den Färöer Inseln nach Osten.
Seine wolken- und niederschlagsreichen Fronten überquerten die Nord- und Ostsee
und streiften dabei auch den Norden Deutschlands. Dabei wurden allerdings
verbreitet nur geringe Niederschlagsmengen zwischen 1 und 7 mm verzeichnet. Aufgrund
des großen Druckgradienten zum Hochdruckgebiet ULF mit Zentrum zwischen der
Keltischen See und der Biskaya wurde der leichte Regen jedoch besonders entlang
der deutschen Küsten von teils schweren Sturmböen begleitet. So registrierten
die Windmessgeräte in Glücksburg am Nachmittag und Abend Spitzenböen bis zu 90,1
km/h, am Kap Arkona bis 97,3 km/h und in St. Peter-Ording bis 104,5 km/h. Auf
dem Brocken sowie auf dem Fichtelberg war der westliche Wind mit Böen bis 108
km/h orkanartig ausgeprägt. Auf der südwestnorwegischen Insel Eigerøya konnten, wenn auch nur vereinzelt,
ebenfalls Orkanböen bis 122,5 km/h beobachtet werden. Die größten Niederschlagsmengen
fielen jedoch weiterhin im Kernbereich des über Südnorwegen und Schweden
hinwegziehenden Wirbels. So meldete die Station am Leuchtturm Stromtangen 11,7
mm, in Sauda 14,8 mm und bei Ullensvang 21,0 mm. In Schweden wurden
beispielsweise an der Messstation in Fårösund auf Gotland 14,1 mm, in Ullared
17,5 mm und im südschwedischen Hästveda bis zu 21,6 mm in 24 Stunden gemessen.
Unter Verstärkung war der
Tiefdruckwirbel JESSIKA zum 03.10. rasch über Südskandinavien hinweg gezogen
und befand sich gegen 00 Uhr UTC mit einem auf unter 990 hPa gefallenen
Kerndruck über der Ostsee nördlich von Gotland. Südlich vom Kern ausgehend zog
sich die Okklusionsfront in einem Bogen über Danzig, Berlin und Kassel bis zu
ihrem Okklusionspunkt nahe Köln. Dort teilte sie sich in eine über Paris bis
nach La Rochelle reichende Warm- und in eine über London nach Belfast reichende
Kaltfront, welche über Nordirland abermals in die Warmfront des Richtung Island
ziehenden Tiefs KERSTIN überging. Mit den sich nach Nordosten verlagernden Ausläufern
zog auch das zugehörige Niederschlagsband im Tagesverlauf über Polen und den
Ostseeraum über das Baltikum und brachte dabei innerhalb von 24 Stunden in
Minsk 8,0 mm, im polnischen Milejewo 9,4 mm und in Kaliningrad 12 mm. Aus dem
lettischen Ventspils wurden im selben Zeitraum 10,0 mm und aus dem litauischen
Biržai ebenso wie aus Tallin
wurden 14,1 mm gemeldet. Ehe das Tief JESSIKA seinen Einflussbereich zunehmend
nach Westrussland verlagerte, fielen in Visby auf Gotland noch 5,3 mm, im
Naturreservat Bjuröklubb 11,2 mm und am Flughafen Vantaa bei Helsinki 14,6 mm
Regen. Auf der Rückseite des Tiefs wurde mit einer nordwestlichen Strömung
feuchte Meeresluft subpolaren Ursprungs nach Deutschland geführt, wodurch es am
03.10. zur Ausbildung lokal begrenzter, kurzer Regenschauer kam, die
Deutschland von Nordwest nach Südost überquerten. Bis auf wenige, lokale
Ausnahmen lagen die Niederschlagsmengen unter zwei, verbreitet sogar unter
einem Millimeter. Nach einem teils böigen Tag der Deutschen Einheit mit
Windspitzen der Stärke 7 bis 8 wurde nachfolgend für Deutschland und
Mitteleuropa das sich von Westen nähernde Hochdruckgebiet ULF wetterbestimmend,
wodurch sich ein etwas ruhigerer Witterungsabschnitt einstellte.
Um 00 Uhr UTC des 04.10. lag das
Zentrum der Zyklone JESSIKA mit einem um ca. 5 hPa gestiegenen Druck über
Westrussland bei Wologda östlich von St. Petersburg. Eine kurze Okklusionsfront
reichte um den Kern herum nach Osten, hatte jedoch ihren Okklusionspunkt
bereits nördlich von Nischni
Nowgorod. Vom Okklusionspunkt ausgehend erstreckte sich die Warmfront über das
Uralgebirge hinweg nach Osten und weiter, ab Tobolsk den Charakter einer Mischfront
annehmend, in einem Bogen bis nach Workuta zum nördlichen Ende des Urals. Die zugehörige
Kaltfront beschrieb hingegen einen weiten Bogen über Samara, Sotschi und das Schwarze
Meer nach Westen, ehe sie sich bei Istanbul mit dem Frontensystem eines
unbenannten Tiefs mit Zentrum über Tunesien verband. Der Schwerpunkt der
Niederschläge zog mit dem Zentrum des Wirbels sowie entlang der Kaltfront über
die Weiten Russlands nach Nordosten: In Moskau wurden binnen 24
Stunden 4,8 mm, in Remontnoye 15,0 und in Astrachan, nahe der Wolgamündung,
25,0 mm registriert. Noch ergiebiger fielen die Niederschläge in der Region um
Wologda aus, über welche das Zentrum des Wirbels im Tagesverlauf hinweg zog. So
wurden in Njandomski anhaltende Schauer mit einer Tagesniederschlagssumme von
26,0 mm, in Welks und Sura von jeweils 29,0 mm und in Vendinga von bis zu 38,0
mm gemeldet. In Wologda selbst wurden hingegen lediglich 7,7 mm gemessen.
Immer weiter abschwächend verlagerte
sich das Tief JESSIKA zum 05.10. über den Norden Westrusslands und befand sich
mit einem Kerndruck von weiterhin knapp 995 hPa um 00 Uhr UTC bei Ust-Zilma am
Fluss Petschora,
auf halber Strecke zwischen Archangelsk und Workuta. Vom Kern ging ein
weitreichendes, jedoch in seiner Intensität zunehmend einbüßendes Frontensystem
aus: Die Okklusionsfront erstreckte sich östlich des Kerns nach Süden und
Südwesten, ausgehend von ihrem Okklusionspunkt südlich von Workuta, wo sie sich
in eine schwach ausgeprägte Warm- und eine weitläufige Kaltfront teilte.
Während die Warmfront bereits westlich von Surgut endete, erstreckte sich die
zugehörige Kaltfront dem Verlauf des Uralgebirges zunächst grob folgend in
einem weiten Bogen über Westkasachstan, Georgien und die zentrale Türkei bis
über die Ägäis, über der sie sich mit der Warmfront des von Tunesien nach
Sizilien gezogenen, unbenannten Tiefs vom Vortag verband. Der einst über Kanada
entstandene Tiefdruckwirbel JESSIKA verließ im Tagesverlauf auf seiner
eingeschlagenen östlichen bis nordöstlichen Zugbahn unter voranschreitender
Abschwächung den von der Berliner Wetterkarte erfassten Analysebereich in Richtung
Sibirien, sodass das Tief JESSIKA ab dem 06.10. nicht mehr auf jener namentlich
verzeichnet werden konnte. Die ihm noch zuzuordnenden Niederschläge
konzentrierten sich mit ihren höheren Intensitäten im Wesentlichen auf den
Kernbereich des Wirbels sowie entlang der nach Nordosten voranschreitenden Kaltfront
auf die Wolgaregion und Teile Kasachstans. Größere Niederschlagsmengen wurden
jedoch zumeist nicht mehr registriert: So fielen beispielsweise innerhalb von
24 Stunden in Workuta 1,3 mm, im weiter südöstlich gelegenem Salechard 6,0 mm
und im kasachischen Aqtöbe ebenfalls knapp 6 mm. Im an der Wolga gelegenem
Samara wurden noch 2,0 und in Ufa 7,0 mm registriert.