Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
JIRA
(getauft
am 27.01.2018)
Auf der Analysekarte vom 27.01.2018
um 00 Uhr UTC, was 01 Uhr MEZ entspricht, wurde die Zyklone JIRA erstmals auf
der Berliner Wetterkarte erwähnt. Die Tiefdruckzone entstand entlang einer leichten
Wellenstörung über dem atlantischen Ozean und als Teil einer Zyklonenfamilie
von 3 aufeinanderfolgenden Tiefdruckgebieten entlang einer ausgeprägten Front.
Die 500 hPa Karte zeigte, dass starke Winde aus Westen herrschten, sodass sich
das Frontensystem schnell Richtung Osten bewegte und damit die Bedeutung für
Mitteleuropa in den nächsten Tagen zunehmen würde. Der Kerndruck betrug weniger
als 1015 hPa, welcher für ein Tiefdruckgebiet noch relativ hoch ist. Die
Kaltfront verlief Richtung Westen und endet außerhalb des Darstellungsbereichs.
Die Warmfront, welche nach Osten ausgerichtet ist, ging über dem Atlantik in
die Kaltfront des Tief IMKE über. Warm- und Kaltfront bezeichnen hierbei die
Grenze zwischen zwei unterschiedlich temperierten Luftmassen.
Wie zu erwarten war, hatte sich die Zyklone
IMKE zum nächsten Tag nach Osten verlagert und befand sich nun rund 1000 km
westlich von den Britischen Inseln. Der Kerndruck hatte sich nur unwesentlich
verändert. Entlang der nach Südwesten ausgerichteten Kaltfront, war gut zu
erkennen, wie diese in die nächste Warmfront überging. Dort hatte sich bereits
der nächste Wirbel im Anfangsstadium herauskristallisiert, sodass die
Zyklonenfamilie weiter verlängert wurde. Als Zyklonenfamilie werden 3 bis 5
aufeinanderfolgende Tiefdruckzonen in unterschiedlichen Stadien definiert,
welche durch eine gemeinsame Front miteinander verbunden sind. Die Warmfront
verlief nach Süden und überquerte dabei Irland und das südliche England, bevor
es wiederum in dem ausgeprägten Frontensystem von Tief IMKE endete. Die
Warmfront sorgte im Laufe des Tages für signifikantes und teilweise
ungemütliches Wetter auf den Britischen Inseln. Vor allem die Nordhälfte von
Großbritannien war teilweise durch stürmisches und regenreiches Wetter geprägt.
In Schottland wurden großflächig über 60 km/h Windgeschwindigkeit gemessen, auf
den exponierten Erhebungen wie dem Cairnwall und
Cairngorm auch deutlich darüber. Auf dem Cairngorm konnten über 170 km/h
festgestellt werden, wobei dieser mit 1245 m für das sonst relativ flache
Gelände sehr exponiert ist. Der Windrekord für diese Messstation liegt übrigens
bei beachtlichen 278 km/h und ist damit einer der Spitzenreiter in Europa. Aber
auch im niedriger gelegenem Glen Ogle wurden knapp
100 km/h erreicht. Außerdem gab es an mehreren Messstandorten in Schottland
über 25 mm Niederschlag im Lauf des Tages, wie zum Beispiel in Tulloch Bridge
mit 29 mm. Die Temperaturen blieben auch beim Durchgang dieser Front sehr mild
bei Höchstwerten von bis zu 12°C wie in Sligo oder
11°C in Mace Head.
Am 29.01.2018 hatte sich der Wirbel
JIRA bis über die nördliche Nordsee weiterbewegt und beeinflusste nun auch das
Wetter für Deutschland und im speziellen auch für Berlin. Der Kerndruck hatte
sich um mindestens 10 hPa auf unter 1005 hPa gesenkt, sodass das Tief an Stärke
gewonnen hatte. Die Kaltfront verlief über Dublin nach Westen und ging dort in
die Warmfront des nächsten Tiefs über. Die Warmfront war wetterbestimmend für
Mitteleuropa und lag südlich von Kopenhagen und nördlich von Hamburg und
Berlin. Sie sorgte für stürmisches Wetter vor allem an den Küsten und in den
Mittelgebirgen wie dem Harz und dem Fichtelgebirge, aber auch das Flachland wie
Berlin und Brandenburg waren betroffen. An der Küste wurden oft über 90 km/h
erreicht, wobei der Leuchtturm Kiel Spitzenreiter mit 103 km/h war. Auf dem
Brocken wurden sogar Orkanböen mit 137 km/h gemessen, wobei auch dieser Wert
nichts Außergewöhnliches für den Brocken ist. Das Klima auf dem Brocken ist auf
Grund der Lage als der mit Abstand höchste Punkt im Harz als alpines Klima in
einer Höhe zwischen 2200 und 2500 m anzuerkennen. Außerdem fiel vor allem im
Bereich der deutschen Nordseeküste einiges an Niederschlag in Form von Regen.
In Hamburg wurden 13 mm Niederschlag innerhalb von 12 Stunden gemessen, der
Spitzenwert wurde jedoch in Itzehoe mit 21 mm erreicht. In Berlin wurden über
11°C als Tageshöchstwert erreicht und selbst auf der Zugspitze stiegen die
Temperaturen bis knapp unter dem Gefrierpunkt an. Mitteleuropa befand sich im
Warmluftsektor, dem Bereich zwischen Kalt- und Warmfront. In diesem Bereich
wurde südeuropäische Subtropikluft herangeführt, was zu diesen ungewöhnlich
warmen Temperaturen führte.
Am 30.01. hatte das Tief JIRA mit
seinen Fronten Deutschland bereits überquert und befand sich nun westlich von
Riga mit einem Kerndruck von unter 995 hPa. Außerdem hatte sich eine kleine
Okklusion ausgebildet, welche sich nordwestlich von Minsk am Okklusionspunkt in
eine Warm-und Kaltfront aufspaltete. Bei der Okklusion handelt es sich um eine
Mischfront, welche durch den Zusammenschluss von Warm- und Kaltfront entsteht
und die Eigenschaften beider Typen in sich vereint. Die Kaltfront verlief nach Südwesten
über Warschau bis nach Paris, wo sie in eine Warmfront überging. Die Warmfront
war deutlich geringer ausgeprägt, hatte eine südöstliche Verlaufsrichtung und
endete nördlich vom Schwarzen Meer. Die Zyklone JIRA sorgte ebenfalls in
Osteuropa und Westrussland für eine deutliche Erwärmung der nächtlichen
Temperaturen im Vergleich zur vorherigen Nacht. In Kaluga, welches südwestlich
von Moskau liegt, stiegen die Temperaturen beim Durchzug der Warmfront innerhalb
der Nacht langsam an. Um 18 Uhr UTC wurden -5°C von der Wetterstation gemessen,
um Mitternacht waren dann hingegen bereits -3°C und um 6 Uhr UTC dann 0°C. Dies
ist ein typischer Verlauf beim Durchgang einer Warmfront. Ein Großteil der
Feuchtigkeit hatte sich bereits abgeregnet, sodass die kontinental gelegenen
Regionen nur noch wenig Niederschlag bekamen. In der Nähe von Brest konnten aber
noch 8 mm gemessen werden.
Am folgenden Tag hatte sich die
Tiefdruckzone JIRA weiter nach Osten verlagert und lag in direkter Umgebung von
Moskau. Die Okklusion hatte sich etwas
verstärkt, sodass sich der Okklusionspunkt bis nordwestlich von Wolgograd
verlagert hatte. Die Kaltfront überquerte das Schwarze Meer, und zog ging bei
Istanbul in eine Warmfront über. Die Zyklone JIRA sorgte zu diesem Zeitpunkt
bereits nur noch für wenig signifikantes Wetter. So wurden in Westrussland nur noch
wenige Liter Niederschlag gemessen. Der Höchstwert wurde in Tropets
mit über 4 mm erreicht.
Am ersten Tag des Monats Februar zog
Tief JIRA weiter Richtung Sibirien, sodass es keinen Einfluss mehr auf das
Wetter in Europa hatte. Bis zum nächsten Tag verschwand die Zyklone schließlich
von der Berliner Wetterkarte.