Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet JOI

(getauft am 09.04.2018)

 

Bereits wenige Tage vor dem 09.04. 2018 entwickelte sich am Rande eines ausgeprägten Vorstoßes kalter Luft im 500 hPa-Niveau, was einer Höhe von etwa 5,5 km entspricht, am Boden über Neufundland ein Tiefdruckwirbel, der anhand der Analysekarte für den 09.04., um 00 Uhr UTC, was 02 Uhr MESZ entspricht, auf den Namen JOI getauft wurde. Das Zentrum dieses Tiefs lag zum Zeitpunkt dieser Analyse mit einem auf bereits unter 985 hPa gefallen Kerndruck über dem Atlantik, in etwa auf der Schnittlinie von Tasiilaq mit Edinburgh. Von seinem Zentrum erstreckte sich eine Okklusionsfront nach Süden, die sich an ihrem Okklusionspunkt in eine weiter nach Süden reichende Warm- und eine sich nach Westen ziehende Kaltfront teilte, welche im weiteren Verlauf in das Frontensystem eines unbenannten, vor Nova Scotia liegenden Wirbels, überging. Als Okklusionsfront wird dabei eine Mischfront verstanden, die aus dem Zusammenschluss von Warm- und Kaltfront hervorgeht und Eigenschaften beider in sich vereint. Die Stelle, an der beide Frontensysteme ineinander übergehen wird dabei als Okklusionspunkt bezeichnet. Hebungsprozesse im Bereich des Zentrums des Wirbels sowie entlang dessen Frontenausläufer hatten ein ausgeprägtes Niederschlagsband entstehen lassen. Dies verlagerte sich mit dem Wirbel im Laufe des 09.04. nach Südwesten, streifte dabei zunächst Irland und hatte bis etwa 06 Uhr UTC den Nordwesten der Iberischen Halbinsel erreicht. Innerhalb von 24 Stunden fielen bis 06 Uhr UTC durch teils schauerartig verstärkten Regen am Roches Point 9,6 mm, in Claremorris 10,1 mm und am Observatorium von Valentia 15,0 mm. Durch Staueffekte sowie erzwungene Hebungsprozesse beim Aufgleiten der feuchten Luftmassen in kältere Luftschichten entlang der dortigen Gebirgszüge wurden die Niederschläge über der Iberischen Halbinsel sowie im späteren Entwicklungsverlauf auch über den Alpen zusätzlich intensiviert. In 12 Stunden wurden in Ovar 12 mm, bei Coimbra 16 mm und in Pontecedra 19,2 mm gemessen, wobei das Gros der einsetzenden, dem Tief JOI zuzuordnenden Niederschläge ab etwa 02 Uhr UTC fiel.  Im Zusammenspiel mit einem vorhergehenden, ebenfalls regenreichen Tiefdruckwirbel, welches zuvor für die westliche Mittelmeerregion wetterbestimmend war, wurden innerhalb von 24 Stunden am Penhas Douradas in Portugal 52,9 mm registriert.

Am 10.04. befand sich das Zentrum des Tiefs JOI gegen 00 Uhr UTC mit einem um 10 hPa gestiegenen Kerndruck vor der Südwestküste Irlands. Seine Okklusionsfront hatte sich weiter ausprägen können und reichte vom Zentrum über die Biskaya bis zu ihrem Okklusionspunkt nahe Lugo, Spanien. Von dort erstreckte sich die Warmfront über Lissabon nach Südwesten und die ihr nacheilende Kaltfront in einem Bogen nach Nordwesten, ehe sie sich über dem Atlantik mit dem Frontensystem des von Nova Scotia in das Seegebiet nördlich von Neufundland gezogenen, unbenannten Tiefs verband.

Die teils sehr ergiebigen Niederschläge verlagerten sich im Tagesverlauf nur langsam über die Iberische Halbinsel hinweg in Richtung Mittelmeer. Innerhalb von 24 Stunden wurden bis 06 Uhr UTC des Folgetages am Flughafen von Barcelona 22,6 mm, in Santander 25,0 mm und am Penhas Douradas 34,0 mm gemessen. Noch intensiver fielen die Niederschläge in einem breiten Streifen von den Pyrenäen über Andalusien bis nach Gibraltar sowie besonders im äußersten Norden Marokkos aus: Die anhaltenden Regenschauer, die in einigen Hochlagen auch als Schnee fielen, brachten in San Sebastian 39,3 mm, in Jaén 41,1 mm und in Ceuta 52,0 mm. Im marokkanischen Chefchaouen fielen binnen 24 Stunden gar bis zu 80 mm und somit deutlich mehr als das Monatsmittel für den Gesamtmonat April von 63 mm. In Casablanca wurden zum Vergleich lediglich 7 mm und in Marrakesch 0,2 mm registriert. Im algerischen Béni Saf meldeten die Messgeräte im gleichen Zeitraum 13 mm, in Tanger (Marokko) 24 mm und in Rabat 40 mm.

Bis 00 Uhr UTC des 11.04. war das Zentrum des Tiefdruckwirbels JOI von der Keltischen See über die Biskaya nach Spanien gezogen und befand sich mit einem Druck von ca. 1000 hPa nahe Barcelona. Eine Okklusionsfront reichte von Barcelona bis an die Küste Algeriens. Vom Okklusionspunkt, der sich zu diesem Zeitpunkt unweit von Oran befand, zog sich eine kleinskalige Warmfront nach Süden und die zugehörige Kaltfront in einem weiten Bogen über Marrakesch und Madeira in nordwestlicher Richtung auf den Atlantik hinaus, ehe sie sich östlich der Azoren mit der Warmfront des von Neufundland nach Grönland gezogenen, unbenannten Wirbels verband. Tief JOI wurde aufgrund eines blockierenden Hochs über dem östlichen Mittelmeerraum im Tagesverlauf zwischenzeitlich über dem Balearischen Meer nahezu stationär, ehe es allmählich begann von seiner zuvor südöstlichen Zugbahn nach Nordosten abzudrehen. Die teils äußerst ergiebigen und intensiven Niederschläge setzten sich dadurch über Spanien, vor allem im Bereich der Pyrenäen weiter fort. Bis 06 Uhr UTC fielen in 24 Stunden bei San Sebastian 47,3 mm, in Calamocha 55,0 mm und in Daroca 68,4 mm. Gleichzeitig wurden im Bereich der über das Mittelmeer in Richtung Südfrankreich und der Westalpen ziehenden Okklusionsfront regenreiche Luftmassen nach Nordosten geführt. Die Messstation in Marseille registrierte 38,5 mm, Nîmes 45,6 mm und Istres 62,8 mm. Ähnlich hohe Niederschlagssummen und Intensitäten waren auch aus Teilen der Südschweiz und Nordwestitaliens gemeldet worden. Hier fielen binnen 24 Stunden 48,3 mm in Robiei, 57,0 mm in Caselle Torinese bei Turin und bis zu 71,2 mm in Mailand.

In der Nacht zum 12.04. hatte sich im Bereich der sich über das Mittelmeer in die Alpenregion verlagernden Okklusionsfront ein neues, zweites Zentrum des Tiefs JOI ausbilden können. Dieses lag gegen 00 Uhr UTC mit einem Druck von unter 1000 hPa über Ostfrankreich nahe Nancy und war durch eben jene Okklusionsfront mit dem Kern des ersten Tief JOI I verbunden, welche einen Bogen über La Rochelle, Bilbao und Ibiza nach Mallorca beschrieb. Eine weitere, südöstlich des zweiten Kerns ausgehende Okklusionsfront hatte ihren Okklusionspunkt unweit von Bologna, von wo sich die Warmfront weiter entlang der Adria bis nach Tarent und die Kaltfront über Rom bis nach Tunis erstreckte. Bei Tunis ging diese anschließend in das Frontensystem eines über Libyen liegenden Tiefs über. Während sich Wirbel JOI II im Tagesverlauf langsam nach Deutschland verlagerte, befand sich der andere weiter über den Balearen. Letzte Niederschläge führten in der Region 24-stündig je nach Stadtlage in Palma de Mallorca zwischen 0,5 und 1,2 mm, bei Gerona an der Costa Brava 2,0 mm, und in San Sebastian 7,0 mm mit sich. Im westlichen Mittelmeerraum stellte sich jedoch nur vorübergehend eine Wetterberuhigung ein, ehe neue Tiefdruckausläufer für die Region wetterbestimmend wurden. Im Bereich des Kerns des zweiten Tiefs brachten teils von Gewittern begleitete Regenschauer bis auf wenige Ausnahmen zunächst noch keine größeren Niederschlagsmengen mit sich, in Teilen Brandenburgs und Bayerns blieb es auch gänzlich trocken. Innerhalb von 24 Stunden wurden in Neuhütten im Spessart 4,8 mm, in Warburg 8,9 mm und in St. Peter-Ording 9,7 mm registriert. Der Schwerpunkt der Niederschläge lag weiterhin entlang der Alpen. Besonders in deren Stau wurden nochmals teils sehr ergiebige Niederschläge registriert: Mailand meldete eine 24-stündige Niederschlagssumme von 26,8 mm, Nizza von 59,3 mm und Cannes von bis zu 66,4 mm. Südlich der Alpen verlagerten sich die Niederschläge entlang des sich nach Nordosten verlagernden Frontensystems über die Ostalpen und nördlich des Dinarischen Gebirges in Richtung Ungarn. Auch hier wurden in einigen Regionen Regenmengen von über 30 mm in 24 Stunden gemessen: Im österreichischen Gatschach fielen 33,3 mm, im kroatischen Rijeka 42,2 mm und im slowenischen Vojsko 52,2 mm. An der Station auf dem Vogel in den Julianischen Alpen wurden bis zu 69 mm registriert.

Mit nur noch einem analysierbaren Kern war das Zentrum des Tiefdruckwirbels JOI in den vergangenen Stunden von Lothringen über den Schwarzwald nach Baden-Württemberg gezogen und lag mit seinem ursprünglich zweiten Kern und einem Druck von knapp 1010 hPa um 00 Uhr UTC des 13.04. unweit von Stuttgart. Eine in der Höhe den Charakter einer Okklusionsfront annehmende Warmfront zog sich nördlich des Kerns ausgehend über Köln bis nach London und eine Kaltfront östlich des Kerns in einem Bogen über Graz, Belgrad und Lecce bis etwa Malta. Über den Alpen hatten die Niederschläge weitestgehend an Intensität verloren oder gänzlich nachgelassen, wohingegen sie über Deutschland nochmals an Intensität gewinnen konnten. Die Niederschlagsmengen gestalteten sich dabei lokal sehr unterschiedlich. Waren in 24 Stunden bei Rostock-Warnemünde 2,7 mm gemessen worden, registrierten die Messgeräte in Berlin-Dahlem 23,8 mm und in Offenbach 36,4 mm. In Hannover wurden im gleichen Zeitraum 3,1 mm, im 40 km entfernten Celle 22,4 mm und in Fassberg bis zu 42,8 mm gemessen. Die Niederschläge entlang der über Ungarn nach Nordosten voranschreitenden Kaltfront verloren hingegen rasch an Intensität, ehe sie sich in den Morgen- und Vormittagsstunden des 14.04. weitestgehend auflösten. Größere Niederschlagsmengen kamen zumeist nicht mehr zusammen. In Budapest fielen vierundzwanzigstündig 2,2 mm, im rumänischen Deva 5,2 mm und auf dem Chopok in der Slowakei 5,6 mm. Abseits der Schauerzentren fielen zumeist weniger als 1 mm binnen 24 Stunden oder es blieb auch gänzlich trocken.

Auf seiner Zugbahn nach Nordosten hatte sich das Zentrum des Tiefs JOI zum 14.04. nach Mecklenburg verlagert und lag gegen 00 Uhr UTC mit einem nur geringfügig veränderten Druck unweit von Schwerin. Von seinem Kern zog sich zum einen eine Kaltfront in südöstlicher Richtung über Posen, Krakau und Košice (Slowakei) bis nach Timisoara in Rumänien und zum anderen eine Warmfront über die Nordsee nach Nordwesten, die im Bereich der Shetland-Inseln den Charakter einer Okklusionsfront annahm. Das zugehörige Regengebiet verharrte im Bereich des sich nur langsam nach Nordwesten verlagernden Zentrums über Norddeutschland, schwächte sich jedoch im Tagesverlauf zunehmend ab. Niederschlagmengen über 10 mm in 24 Stunden wurden nur noch lokal registriert: Bis 06 Uhr UTC meldete Nordholz 10,6 mm, Bremervörde 10,7 mm und Kyritz 14,6 mm. Durch teils gewittrige Schauer fielen in Potsdam 9,4 mm, in Berlin-Dahlem 4,3 mm und in Berlin-Tegel 1,3 mm. Über Süddeutschland blieb es hingegen weitestgehend trocken mit längeren sonnigen Abschnitten. So wurden in der Innenstadt von München 11,5 und in Fürstenzell 12,5 Sonnenstunden gemessen, in Berlin-Dahlem waren es hingegen 3,8 und in Kyritz 3,0. An vielen Stationen im Norden Deutschlands zeigte sich die Sonne auch nach Abzug der Niederschläge aufgrund von einsetzendem Dunst oder Nebel nicht oder nur kurzzeitig. Am Rande eines sich von Frankreich nähernden Kurzwellentroges bildete sich entlang einer Konvergenz und den damit verbundenen Hebungsvorgängen erneut ein schwaches Niederschlagsgebiet aus, das sich in der Nacht zum 15.04. bis etwa 06 Uhr UTC auf den Westen und Nordwesten Deutschlands ausweitete und zwölfstündig in Andernach 5,6 mm, bei Nörvenich 9,1 mm und am Flughafen Köln/Bonn bis zu 10,1 mm mit sich führte. Entlang der nach Osten voranschreitenden Kaltfront, die im Tagesverlauf den Charakter einer Okklusionsfront annahm, fielen keine nennenswerten Niederschläge. Lediglich entlang einer vorgelagerten Warmfront brachten zwischenzeitlich nochmals leicht an Intensität gewinnende Schauer über Litauen und Weißrussland lokal Regenmengen zwischen 2 und 4 mm innerhalb von 24 Stunden. Eine Ausnahme bildete ein lokales Gewitter über dem weißrussischen Grodno, durch das in weniger als 12 Stunden nochmals bis zu 13 mm fielen.

Sich zunehmend abschwächend war das Tief JOI mit seinem Zentrum nach Dänemark gezogen und befand sich am 15.04. um 00 Uhr UTC mit einem Kerndruck von circa 1015 hPa über Jütland bei Holstebro. Eine schwach ausgeprägte Okklusionsfront zog sich vom Kern in südöstlicher Richtung über Kopenhagen und Danzig bis etwa Krakau. Eine weitere Okklusionsfront verband das Zentrum des Tiefs JOI in nordwestlicher Richtung mit der eines über Island liegenden Wirbels. Unter fortschreitender Abschwächung zog das Tief im Tagesverlauf über Südschweden nach Nordosten. Sein zugehöriges Wolken- und Niederschlagsband hatte sich bereits in der Nacht weitestgehend aufgelöst, sodass im Einflussbereich des Tiefs keine nennenswerten Niederschlagsmengen mehr registriert wurden. Zumeist blieb es bei geringer Bewölkung gänzlich niederschlagsfrei.

Gegen 00 Uhr UTC des 16.04. hatte das sich in fortschreitender Auflösung befindliche Tief JOI mit seinem Zentrum und einem bei knapp 1015 hPa verbleibenden Kerndruck Stockholm erreicht. Vom Kern erstreckte sich eine Warmfront über die Bottensee, Helsinki und Smolenks bis an das Schwarze Meer, sowie eine Kaltfront über den Süden Schwedens bis nach Oslo. Bereits im Laufe der Vormittagsstunden schwächte sich der Tiefdruckwirbel JOI soweit ab, dass dieser am 17.04. nicht mehr als eigenständiges Tief auf der Berliner Wetterkarte analysiert und somit auch nicht mehr namentlich auf jener verzeichnet werden konnte.