Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
JOSEF
(getauft am
08.03.2021)
Am 08. März
2021 wurde die Entstehung zweier Tiefdruckgebiete über dem Atlantischen Ozean
prognostiziert. Das erste der beiden Tiefs wurde von den Meteorologen der
Berliner Wetterkarte auf der Prognosekarte für den nächsten Tag auf den Namen
JOSEF getauft. Bereits am Morgen wanderte das schwache Tief von Westen über den
Atlantischen Ozean, wo es zu diesem Zeitpunkt nur einen Kerndruck von etwa 1015
hPa hatte. JOSEF befand sich hierbei direkt im Jetstream. Der Jetstream ist
eine Zone starken Westwindes in der Höhe. Durch diesen starken Westwind verlagerte
sich JOSEF, an Intensität zunehmend, rasch weiter nach Osten und bildete
Fronten aus.
In der Nacht
auf den 09. März um 01 Uhr deutscher Zeit lag Tief JOSEF bereits südwestlich
von Island. Der Kern hatte sich hierbei auf 1002 hPa verstärkt. Von dort aus
ging eine Warmfront nach Süden bis zu den Azoren und eine Kaltfront nach
Westen, wo sie mit der Warmfront des zweiten an dem Tag zuvor über dem
Atlantischen Ozean prognostizierten Tiefs KLAUS verbunden war. In Richtung
Norden besaß JOSEF bereits eine Okklusion, umgangssprachlich auch Mischfront
genannt, welche entsteht, wenn durch die Rotation des Tiefdruckgebiets die
Kaltfront die davor liegende Warmfront einholt. Diese Okklusion war mit einer
anderen Okklusion eines unbenannten Tiefs südöstlich von Grönland verbunden.
Von dieser Position aus wanderte JOSEF nach Osten in Richtung Großbritannien. Die
Okklusion hatte sich dabei bis zum Morgen aufgelöst und zum Mittag hin begannen
die anderen beiden Fronten bereits ebenfalls zu okkludieren. Am späten Abend
erreichte die Okklusion schließlich die Küste Irlands, während das
Tiefdruckgebiet selbst nach Norden abdriftete. Gemeinsam mit einer anderen
Okklusion eines etwas nördlich gelegenen, unbenannten Tiefdruckgebiets sorgte
diese Front von JOSEF für einigen Niederschlag, vor allem an der Westküste
Irlands. Bis um 01 Uhr MEZ fielen beispielsweise in Belmullet
18 mm und in Claremorris 15 mm.
Bis zum 10.
März hatte sich Tief JOSEF eindrucksvoll auf 961 hPa verstärkt und zu einem
Orkantief entwickelt. Der Druckabfall im Kern innerhalb von 24 Stunden betrug
insgesamt 41 hPa. Um 01 Uhr MEZ lag JOSEF zwischen Island und Schottland mit
einer Okklusion, die sich zu dem Zeitpunkt über Schottland und der Westküste
Englands erstreckte und Irland bereits komplett überquert hatte. Südlich von
Irland teilte sich die Okklusion noch in eine Warm- und eine Kaltfront auf. Die
Warmfront verlief von dort aus nach Südwesten in Richtung der Azoren und die
Kaltfront nach Westen, wo sie sich mit der Warmfront des ebenfalls sich zum
Orkantief entwickelten Tiefs KLAUS verbunden hatte. Bis zum frühen Morgen
wurden vor allem starke Windböen an der Westküste Großbritanniens gemessen. In
dem walisischen Dorf Capel Curig gab es
beispielsweise Windböen bis zu 118 km/h, in Aberdaron
wurden sogar während des Frontdurchgangs 135,2 km/h gemessen. Auch die
24-stündigen Niederschlagssummen, die von 07 Uhr bis 07 Uhr des Folgetages
gemessen werden, waren dort entsprechend hoch. Im englischen Shap gab es zum Beispiel 37,6 mm und in Capel Curig, auch als der nasseste Ort Großbritanniens bekannt,
39,8 mm. Ansonsten lagen die Regenmengen in Irland meist bei 5 bis 15 mm, in
Schottland bei 10 bis 30 mm und im restlichen Vereinigten Königreich bei
einstelligen Werten. Durch die Nähe des kräftigen Kerns zu Island kam es auch
dort zu Orkanböen. In Hafursfell an der Westküste
wurden 144,5 km/h registriert, ebenso 137 km/h in der Nähe davon in Hraunsmúli. Auch die
Ostküste wurde nicht verschont, hier gab es 103,7 km/h am Leuchtturm Hvalnes. Auch im Süden Norwegens war der Sturm bereits zu
spüren, hier hatte er allerdings noch keine Orkanstärke erreicht. Die stärkste
Windböe wurde auf der Insel Utsira Fyr vor der Küste mit
116,7 km/h gemessen, ansonsten lagen die Böen verbreitet zwischen 60 und 80
km/h. Im Tagesverlauf zog Tief JOSEF weiter Richtung Island, wobei seine Front
langsamer über die restlichen Teile Großbritanniens hinweg zog und schließlich
zum Abend hin mit seiner mittlerweile vollkommen okkludierten Front die
Südwestküste Norwegens erreichte. Dort frischte der Wind dann am Abend nochmal
zum Teil auf Orkanstärke auf. Die stärksten Böen wurden mit 150 km/h auf dem Juvvasshøi gemessen oder auch mit 128 km/h in Røldalsvatnet. Auch in den Niederlanden und Belgien, vor
allem an der Küste, war ein Auffrischen des Windes zu spüren, welches
allerdings nicht ganz so stark war wie in den anderen Ländern. In IJmuiden gab es in der
Nähe von Amsterdam noch Böen bis zu 96,3 km/h, in Uccle
in der Nähe von Brüssel immerhin noch 75,9 km/h. An der Front im Norden gab es
auch einigen Niederschlag. Dieser fiel aufgrund der Temperaturen rund um den
Gefrierpunkt zum Teil als Regen und zum anderen Teil als Schnee. Bis zum
nächsten Morgen gab es den meisten Niederschlag dabei an der Südküste
Norwegens. Innerhalb von 24 Stunden fielen 63,4 mm in Eik Hove, 59,4 mm in Nelaug und 58,0 mm in Konsmo-Hoyland. Auch auf Island sorgte JOSEF für einige
Niederschläge. Vom Mittag an bis zum frühen Morgen des Folgetages sind auf dem Hveravellir 66,0 mm zum
größten Teil als Schnee gefallen. Die stärksten Schnee- und an den Küsten auch
Regenfälle gab es auf einer Nord-Süd-Linie mittig von Island und im Südwesten
der Insel.
Am 11. März
lag der Kern des Orkantiefs JOSEF an der Ostküste Islands und bildete dabei
eine Art Dipol mit dem Orkantief KLAUS, welcher südöstlich von JOSEF lag. JOSEF
hatte sich hierbei auf 956 hPa verstärkt. Die Okklusion hatte sich bereits
einmal komplett um den Kern gewickelt und lag dementsprechend über Island, von
wo aus sie schließlich weiter nach Nordosten verlief. Dort machte sie nördlich
des 70. Breitengrades einen Bogen und ging weiter nach Südosten zur Westküste
Norwegens, wo sie den bereits erwähnten Niederschlag brachte. Von Norwegen aus
ging sie weiter nach Dänemark, wo sie in eine Warmfront überging, die über
Deutschland lag und bis runter nach München reichte. Die beiden
Tiefdruckgebiete begannen sich langsam zu umkreisen: JOSEF zog nach Südwesten
über Island hinweg, während KLAUS nach Nordosten ging. Dabei begann das Tief
JOSEF damit, nach und nach schwächer zu werden und in das Tief KLAUS überzugehen.
In der Zwischenzeit lag die Front weiter über Island und zog zudem noch an der
Küste Norwegens entlang. Gemeinsam brachten die beiden Orkantiefs an diesem Tag
noch einmal Sturm und Niederschläge. Im isländischen Laufbali
fielen bis zum Abend 15,6 mm und in Siglufjörður 13,4
mm. Abgesehen davon lagen die Niederschlagssummen meist bei knapp 10 mm.
Ähnlich sah es auch in Norwegen aus: An der Westküste regnete es so gut wie gar
nicht mehr, nur noch im Süden, der allerdings auch noch von Fronten anderer
Tiefs, unter anderem KLAUS, beeinflusst wurde. Den meisten Regen gab es dort in
Melsom mit 38,1 mm, ansonsten lagen die
Niederschlagsmengen meist um die 20 mm. Im Gegensatz zum Niederschlag nahmen
die Windböen an der Westküste allerdings nochmal zu und erreichten teilweise
nochmal Orkanstärke mit beispielsweise 159,3 km/h in Soemna/Kvaloyfjellet oder auch 131,5 km/h auf der Insel Sklinna Fyr. Auch im Westen
Islands wurden noch einmal Orkanböen gemessen, zum Beispiel in Hraunsmúli mit 144,5
km/h oder auch in Reykhólar
mit 125,9 km/h. An der Warmfront über Deutschland hingegen gab es meist
leichten Regen, der größtenteils 3 mm nicht überschritt. Nur an der Nordseeküste,
wo noch die nachfolgende Front von Tief KLAUS Regen brachte, fielen die
Niederschlagsmengen etwas höher aus, vor allem in Schleswig-Holstein und
Niedersachsen wurden verbreitet mehr als 10 mm in 6 Stunden erreicht. Das
Maximum lag dabei in Itzehoe mit 18,3 mm und in Hamburg-Neuwiedenthal
mit 17,8 mm. Die Windböen, die hier auch Sturmstärke annahmen, waren allerdings
eher dem nahe gelegenen Tief KLAUS zuzuordnen.
Am Abend des
11. März war es dann so weit: Tief JOSEF, der nach und nach nur noch als Randtief
von Wirbel KLAUS fungierte, durch dessen Verstärkung immer schwächer wurde und
sich mehr und mehr von ihm vereinnahmen ließ, löste sich schließlich auf beziehungsweise
verschmolz mit dem Frontensystem von
Tief KLAUS. Aus diesem Grund betrug die Lebensspanne von Tief JOSEF lediglich 3
Tage.