Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet JÜRGEN

(getauft am 03.11.2017)

 

Als am 01.11. eine bis zur Südspitze Grönlands reichende Warmluftzunge von bodennaher Kaltluft in die Höhe abgedrängt wurde uns so eine Okklusionsfront entstand, kam es nachfolgend an der grönländischen Ostküste zu einer zyklonalen Verwirbelung, welche die Bildung eines neuen Tiefdruckgebietes in Gang setzte.

Dieses Tief blieb bis zum 03.11. relativ stationär vor der Küste Ostgrönlands liegen, während sich die von den Westwinden angetriebenen Luftmassen mit der Okklusionsfront weiter ostwärts bewegten. Als sie am 02.11. schließlich auch Island überquerten, kam es zu einer Verwellung der Okklusion und mit ihr zur Ausbildung eines zweiten Tiefs, welches am Morgen des 03.11. auf den Namen JÜRGEN getauft wurde. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der mit 980 hPa schon recht ausgeprägte Kern des Tiefs bei Jan Mayen über dem Nordmeer und die Okklusion vor der Küste Südnorwegens und den Britischen Inseln. Im Tagesverlauf vereinigte sich die Zyklone JÜRGEN schließlich mit einem Tief über der Barentssee zwischen Norwegen und Spitzbergen, wobei sich der Kerndruck bis zum Morgen des 04.11. auf 977 hPa vertiefte. Die Frontlinie erreichte derweil Irland, Schottland und Lappland, im weiteren Verlauf auch England, wo sie mit den Ausläufern eines kleinen Tiefs über dem Ärmelkanal zusammentraf. Im Süden Englands kam es dabei zu recht ergiebigen Niederschlägen: in Boscombe fielen 12-stündig bis zum Morgen 10,6 mm, in Bournemouth sogar 33,6 mm, in Wales meldete die Station Trawscoed 15,2 mm, Milford 13,2 mm.

Durch das von Island nun nachfolgende Ursprungstief, verlagerte sich das Zentrum von Tief JÜRGEN zum 05.11. etwas südwärts zur Norwegischen See, wobei es sich etwas über 990 hPa abschwächte. Vom Kern aus erstreckte sich ostwärts eine Warmfront bis an die finnisch-russische Grenze. Nach Süden reichte eine Okklusion bis an die Südspitze Norwegens. Die Luftmassengrenze mit der vom Ostatlantik nachfolgenden maritimen Polarluft erreichte an diesem Tag den Westen Deutschlands und überquerte mit leichter Verwellung die Bundesrepublik bis in den Osten. Dabei kam es im baden-württembergischen Wieden zu einer 24-stündigen Regenmenge von 19,4 mm, gemessen am Morgen des 05.11. Auch im Saarland und in Hessen wurden örtlich Mengen von gut 15 mm registriert. Im Laufe des Tages kam es dann auch weiter östlich zu Regenmengen von 10-20 mm, im Bergland auch mehr, insbesondere im Südschwarzwald mit nahe 50 mm und im Stau der Alpen mit 30 bis 40 mm.

In der Nacht zum 06.11. ging der Regen in der nachfolgend kälteren Luft bis auf 800 m hinab in Schnee über und sorgte in höheren Lagen bis zum Morgen für eine Neuschneedecke, die hier noch einige Tage liegen blieb. Derweil spaltete sich JÜRGEN vorübergehend in zwei Teiltiefs auf, wobei der südöstliche Kern erstmals über das europäische Festland wanderte und zwar über den Norden Schwedens zum Bottnischen Meerbusen, wo er sich weiter abschwächte. Der andere Kern blieb über den Lofoten vor der norwegischen Küste liegen. Die nach Süden auslaufende Frontlinie lag nun über der Ostsee, Polen und Österreich, wobei sie sich mit dem neuen Tief KARL über Norditalien verband. Westlich von dieser war maritime Polarluft eingeflossen, östlich davon befand sich noch die etwas mildere Festlandsluft. Mit dem Durchzug der Okklusion kam es verbreitet zu Niederschlag, so meldete Cottbus 7 mm und Görlitz 8 mm.

Am 07.11. hatte sich das Tief JÜRGEN über der Halbinsel Kola wieder vereint und mit ca. 990 hPa noch einmal etwas vertieft. Durch die Ausbildung einer Hochdruckbrücke zwischen dem Hoch WIETE über Südrussland und dem Hoch XANDY über Deutschland, welches sich in der beruhigten Polarluft auf der Rückseite von Tief JÜRGEN bildete, hatte sich der Frontbereich über Mitteleuropa inzwischen aufgelöst. In den Folgetagen wanderte das Tief JÜRGEN über das nördliche Russland weiter ostwärts, wo es sich wieder etwas abschwächte.

Am 08.11. überquerte es den polaren Ural nach Westsibirien, wo es dann am 09.11. noch einen Kerndruck von unter 1000 hPa aufwies. Damit endet die Geschichte von Tief JÜRGEN, da es am Folgetag den Analysebereich der Berliner Wetterkarte verließ. 

 


Geschrieben von Richard Löwenherz

Wetterkarte: 05.11.2017

Pate: Heinzjürgen Körber