Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet JULIA

(getauft am 08.11.2016)

 

Am 08.11.2016 wurde über den Britischen Inseln die Entstehung eines Tiefdruckgebietes entlang einer Wellenströmung im 500 hPa-Niveau, was einer Höhe von rund 5500 m entspricht, für den Folgetag prognostiziert und dieser Wirbel folgend auf den Namen JULIA getauft.

Um 00 Uhr UTC, d.h. um 01 Uhr MEZ, des 09.11.2016 wurde Tief JULIA schließlich über der Isle of Man und der Irischen See verzeichnet. Der Kerndruck betrug zwischen 995 und 1000 hPa. Zu großen Teilen bestand das zugehörige Frontensystem aus einer Okklusionsfront. Darunter versteht man eine Front, die durch die Vereinigung von Warm- und Kaltfront im sogenannten Okklusionspunkt entsteht und die Eigenschaften dieser in sich vereint. Die Okklusion erstreckte sich einerseits nördlich über Nordirland, westlich an den Färöern und östlich an Island vorbei und ging zwischen Jan Mayen und Grönland in die Front eines Tiefdrucksystems am Polarkreis über. In südliche Richtung verlief die Okklusion bis nach Weymouth, wo sie sich am Okklusionspunkt in Warm- und Kaltfront aufspaltete. Die Warmfront reichte dabei über die Bretagne, entlang der Biskaya Küste, überquerte die Pyrenäen und endete bei Logrono in Spanien. Die Kaltfront hingegen führte über die Biskaya sowie Galizien und beschrieb einen Bogen über den Atlantik. Das zu Tief JULIA gehörende Niederschlagsgebiet erstreckte sich entlang des gesamten Frontensystems von Grönland über die Britischen Inseln, Frankreich, Spanien und über den Atlantik. Einen Spitzenwert lieferte für England Bingley, wo innerhalb von 24 Stunden 19,4 l/m² bis zum 06 Uhr UTC-Termin des Folgetages fielen. In Bordeaux wurden derweil 8,0 l/m² und im galizischen Lugo noch 5,9 l/m² gemessen.

Der ursprüngliche Kern der Zyklone JULIA verlagerte sich zügig südostwärts, wobei sich gleichzeitig ein zweiter Kern ausbildete. Am 10.11.2016 befand sich das Tief JULIA I mit einem Kerndruck von etwas unter 1005 hPa über den deutschen Mittelgebirgen südöstlich von Köln, während der Wirbel JULIA II mit einem Kerndruck von unter 995 hPa bei North Rona zwischen Schottland und den Färöern lag. Das Frontensystem war vollständig okkludiert und erstreckte sich dabei von Island, wo es in die Front eines ungetauften Tiefdruckgebietes übergegangen war, zum Tief JULIA II und von dort über Schottland, die westliche Nordsee sowie mittig zwischen Brüssel und Amsterdam in Richtung Köln, bis zum Tief JULIA I. Vom Kern des Tiefs führte die Front kurzfristig mit Warmfrontcharakter in einem Bogen nach Süden, bevor sie über den Alpen abermals in der Höhe als Okklusion analysiert wurde und über dem italienisch-französischen Grenzgebiet endete. Einhergehend mit dieser Verlagerung schwächte sich das Niederschlagsband ab. Im Stauungsbereich der französischen Voralpen fielen in Besançon in 24 Stunden bis zum Morgen des Folgetages 19,6 l/m². Dies geschah in Kombination mit einem Anstieg der Tiefsttemperaturen, welche von 0,9°C in der Nacht zum 09.11.2016 auf nun 4,9°C gestiegen waren.

Die Zyklone JULIA behielt im Folgenden eine nahezu stationäre Lage bei. Das Tief JULIA II befand sich am 11.11.2016 mit seinem Zentrum über Deutschland und den Benelux-Staaten, während sich der Kerndruck deutlich abgeschwächt hatte und 1010 hPa nur knapp unterschritt. Die Zyklone JULIA I zog weiter nach Osten und lag mit ihrem Kern und einem Druck von 1005 hPa über Warschau. Die Okklusion des Tiefs JULIA II verlief vom Ärmelkanal über die Niederlande bis zu ihrem Okklusionspunkt über dem Saarland. Die anschließende Warmfront erstreckte sich nach Südosten, nördlich an München und Budapest vorbei, bis sie über den nördlichen Karpaten in die Okklusion des Tiefs JULIA I überging, die bis zu dessen Kern führte. Die vom Okklusionspunkt des Tiefs JULIA II ausgehende Kaltfront reichte bogenförmig über Frankreich und die Biskaya, wo sie in die Warmfront eines ungetauften Tiefs über Grönland überging. Mit der Überquerung der Kaltfront stellten sich über Süditalien zum Teil lang andauernde Gewitter und Niederschläge ein. Vom Monte Scuro bei Cosenza wurden bis 06 Uhr UTC des Folgetages innerhalb von 12 Stunden 45,0 l/m² gemessen. Bis zum folgenden 12 Uhr UTC-Termin hatte sich diese Menge um weitere 52 l/m² erhöht, was einer Gesamtniederschlagssumme von 104 l/m² innerhalb von 24 stunden entsprach.

Da sich das Tief JULIA I auflöste, verlagerte sich der zweite Kern, nun nur noch als Tief JULIA bezeichnet, südostwärts und befand sich am 12.11.2016 vor der kroatischen Küste bei Mali Lošinj. Der Kern wies einen Druck von 1010 hPa auf. Die nur wenig ausgeprägte Okklusion reichte von der italienischen Küste nach Osten bis zum nördlich des Zentrums liegenden Okklusionspunkt. Die Warmfront verlief bis zum griechischen Thessaloniki, die Kaltfront deutlich ausgeprägter südlich an Neapel vorbei, mittig zwischen Sardinien und der tunesischen Küste entlang, über die Balearen und die Pyrenäen, bis zur Südküste der Bretagne. Die Gewitter des Vortages erreichten in den Morgenstunden auch Griechenland. Kerkyra, der Flughafen auf Korfu, meldete von 06 Uhr UTC bis zum 18 Uhr UTC-Termin Gewitter mit und ohne Niederschläge. Diese fielen aber mit 14,0 l/m² deutlich geringer aus als Tags zuvor in Italien. Ein ähnliches Bild zeichnete sich auch in Istanbul ab. Dort fielen 7 l/m² innerhalb von 24 Stunden bis 06 Uhr UTC des Folgetages.

Während sich das Zentrum des Tiefs JULIA weiter nach Nordosten über Rumänien verlagerte, verstärkte es sich nochmals leicht und unterschritt am 13.11.2016 bei Târgu Mureș 1005 hPa. Vom Kern verlief in östlicher Richtung eine Okklusion bis zur Küste des Schwarzen Meeres bei Konstanza. Vom dort befindlichen Okklusionspunkt reichte die Warmfront ostwärts über das Schwarze Meer und verließ über Georgien den Analysebereich der Berliner Wetterkarte. Die Kaltfront erstreckte sich nördlich an Istanbul sowie südlich an Athen vorbei und endete einige Hundert Kilometer nördlich von Tripolis über dem Mittelmeer. In den klaren Nächten der letzten zwei Tage sanken die Tiefsttemperaturen in Ankara auf -0,8°C. Durch den Kaltfrontdurchgang änderte sich dies aufgrund der reduzierten Ausstrahlung durch den Wolkenaufzug, sodass mit 2,8°C der Gefrierpunkt deutlich überschritten wurde. In Kiew fielen innerhalb von 12 Stunden bis 18 Uhr UTC 15 l/m², was für eine Schneehöhe von 14 cm um 06 Uhr UTC des nächsten Tages sorgte.

Bis um 00 Uhr UTC des 14.11.2016 hatte das Zentrum des Wirbels JULIA Krywyj Rih in der Ukraine erreichte und dabei abermals an Intensität verloren, der Kerndruck erreichte nur knapp 1010 hPa. Um den Kern erstreckte sich eine Höhenokklusion, die im Okklusionspunkt bei Mariupol endete. Von dort aus verlief in östlicher Richtung die Warmfront, welche an Wolgograd vorbei führte und dort den Analysebereich der Berliner Wetterkarte verließ. Die Kaltfront beschrieb einen Bogen entlang der Ostküste des Schwarzen Meeres und über die Türkei, wo sie bis Antalya Warmfrontcharakter annahm. Von dort bis zur libyschen Küste bei Sirte verlief sie erneut als Kaltfront.

Die kräftigen Schneefälle des Vortages fanden in Kiew nun keine Fortsetzung mit nur 0,2 l/m² Wasseräquivalent, also der Menge Wasser, die der gefallene Schnee in geschmolzenem Zustand einnimmt. Die Schneehöhe hatte sich aufgrund von Verdichtung durch das Eigengewicht auf nunmehr 10 cm reduziert.

Die Zyklone JULIA erreichte in den ersten Tagesstunden des 15.11.2016 Wolgograd, dabei hatte sie sich merklich abgeschwächt und wies nun einen Kerndruck von knapp unter 1025 hPa auf. Der Okklusionspunkt befand sich nur wenig östlich von Wolgograd, die Warmfront verließ mit östlichem Verlauf den Analysebereich der Berliner Wetterkarte. Die Kaltfront führte südwestwärts über Georgien, die Türkei und endete südlich von Athen über der Ägäis.

Bis zum Folgetag zog das Tief JULIA weiter nach Osten bis außerhalb des Analysebereichs der Berliner Wetterkarte, wodurch der Wirbel nicht weiter namentlich verzeichnet werden konnte.

 


Geschrieben am 09.12.2016 von Patrick Ilmer

Berliner Wetterkarte: 10.11.2016

Pate: Julia Rosenbaum