Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet JULIA

(getauft am 28.12.2020)

 

Aus einer Prognosekarte der Berliner Wetterkarte für den 29.12.2020 um 12 UTC, also 13 Uhr MEZ, ging hervor, dass sich ein Tiefdruckgebiet, welches sich zum Zeitpunktpunkt der Analyse, dem 28.12.2020 um 01 Uhr MEZ, noch über dem Nordosten Kanadas befand, in den kommenden Tagen mit der westlichen Höhenströmung über den Atlantik hinweg in Richtung Europa bewegen und somit folglich auch Einfluss auf dessen Wettergeschehen nehmen würde. Daraus schlussfolgernd entschieden sich die Meteorologen der Berliner Wetterkarte dafür, dieses Tief auf den Namen JULIA zu taufen.

Am 29.12.2020 um 01 Uhr MEZ befand sich das Tief mit einem Kerndruck von knapp 1015 hPa über dem Nordatlantik östlich der Südspitze Grönlands. Die Zyklone befand sich bereits im okkludierten Zustand. Als Okklusion bezeichnet man eine Mischfront, die durch das Einholen der Warmfront durch die Kaltfront entsteht. Hierbei schiebt sich die Kaltluft aufgrund ihrer höheren Dichte unter die warmen Luftmassen und hebt diese nach oben. Durch die Hebung entstehen meist Wolkenfelder, die oft Niederschlag und Gewitter mit sich bringen. Im Fall von dem Tiefdruckgebiet JULIA verlief die Okklusionsfront vom Kern der Zyklone aus südlich bis zum Okklusionspunkt, also dem Punkt an dem Kalt- und Warmfront im Bodenniveau aufeinandertreffen. Von dort aus erstreckte sich die Warmfront weiter nach Süden, die Kaltfront etwas nach Südwesten. Das komplette Frontensystem von Tiefdruckgebiet JULIA befand sich noch ausschließlich über dem Atlantik und hatte an dem Tag noch keinen Einfluss auf das Wetter Europas.

Bis zum Folgetag, dem 30.12.2020 um 01 Uhr MEZ, hatte sich der Tiefdruckwirbel leicht nach Osten verschoben, und befand sich nun zwischen Grönland und Island. Der Kern hatte ein Bodendruck von circa 1005 hPa und erhielt aufgrund der Bildung eines weiteren Tiefdruckkerns im Bereich der Zyklone den Namen JULIA I. Vom Zentrum des Wirbels verlief die Okklusionsfront südöstlich bis zum Okklusionspunkt, welcher sich westlich von Irland befand, wo sich ein weiteres lokales Luftdruckminimum, bezeichnet mit JULIA II, befand. Die Warmfront erstreckte sich von dort aus weiter nach Süden und endete nordwestlich der Iberischen Halbinsel. Die Kaltfront verlief westlich und ging in die Warmfront eines bei Neufundland liegenden Tiefdruckgebiets über. Auf Island erreichten Windböen teils Windstärke 9 auf der Beaufort-Skala. Um 13 Uhr MEZ wurden auf der isländischen Insel Bjarnarey Spitzenwerte von 87 km/h gemeldet. Auf weiten Teilen der Britischen Insel kam es zu schwachem, vereinzelt auch mäßigem Niederschlag. Die maximalen 12-stündigen Niederschlagsmengen meldete die schottische Insel South Uist mit 28 mm bis 19 Uhr MEZ.

 

Bis um 01 Uhr MEZ des nächsten Tages befand sich der Kern JULIA I mit zum Vortag nahezu unveränderter Lage und einem Luftdruck von knapp 1015 hPa nahe der Westküste Islands. Dieser Bereich des Tiefs stand kurz vor seiner Auflösung und hatte kein Frontensystem mehr, sorgte jedoch auf Island noch für ein wenig Niederschlag. Höchstwerte lieferte Eyjabakkar im Osten Islands mit 14 mm bis 19 Uhr MEZ. Der Kern des Tiefdruckwirbels JULIA II befand sich zum besagten Zeitpunkt mit einem Kerndruck von fast 1005 hPa im Nordwesten Frankreichs. Die Okklusionsfront erstreckte sich von dort aus nach Westen bis südwestlich von Irland. Vom im Kern der Zyklone liegenden Okklusionspunkt durchquerte die Warmfront Frankreich in südliche Richtungen und erstreckte sich bis zu den Pyrenäen. Die Kaltfront verlief west- bis südwestlich und reichte in das zentral über dem Atlantik liegende Hochdruckgebiet ALEXANDER hinein. Im Tagesverlauf zog Tief JULIA über die Iberische Halbinsel hinweg, wodurch es im Norden Spaniens zu teils mäßigem Niederschlag kam. Dort fiel der Regen mit einer Menge von 30 mm innerhalb von 12 Stunden bis 19 Uhr MEZ in der spanischen Gemeinde Becerreá am stärksten aus. Weitere Niederschlagsgebiete gab es über Frankreich, Belgien und dem Westen Deutschlands. Dort fiel der Niederschlag zwar meist nur schwach aus, vereinzelt gab es aber mäßige oder starke Regen- oder Schneeschauer, beispielsweise in der Gemeinde Buzenol in Belgien, wo 12-stündige Niederschlagsmengen von 68 mm bis 19 Uhr gemessen wurden.

Bis zum ersten Tag des neuen Jahres 2021 um 01 Uhr MEZ hatte sich der Tiefdruckkern JULIA I vollständig aufgelöst. Der verbleibende Kern des Tiefdrucksystems befand sich zum besagten Zeitpunkt mit einem Bodendruck von knapp 1010 hPa über dem Westen Deutschlands in der Nähe von Köln. Die Okklusionsfront der Zyklone verlief im Bogen um den Kern herum und anschließend in südwestliche Richtungen bis nach Marseille, wo sie in das Frontensystem des über Mallorca liegenden Tiefdruckgebiets LISA überging. Im Einflussbereich der Okklusionsfront kam es nur noch zu schwachen Niederschlagsereignissen, in Réimech in Luxemburg wurden bis 19 Uhr 12-stündige Niederschlagsmengen von gut 5 mm gemessen.

Bis zum 02.01.2021 löste sich Tiefdruckgebiet JULIA schließlich vollständig auf und wurde entsprechend nicht weiter namentlich auf den Wetterkarten der Berliner Wetterkarte erwähnt. Insgesamt besaß Tief JULIA eine doch recht kurze Lebensdauer von nur 4 Tagen.