Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
JULIA
(getauft
am 31.01.2012)
Im
Bereich eines Kaltluftropfens über Nordfrankreich
bildete sich am 30.01. westlich des Höhentiefzentrums in 5500 m über Wales ein
neues Tief im Bodenniveau, welches am folgenden Tag auf den Namen JULIA getauft
wurde.
Tief
JULIA folgte dieser südlichen Zugbahn des Höhentiefs und konnte seinen
Kerndruck von anfänglich 1025 hPa rasch auf unter 1010 hPa verstärken. Auf der
Ost- bis Nordostseite gab es dabei leichte Schneefälle, z.B. vom Raum Aachen
bis zum Allgäu. In Weiskirchen an der Saar fielen dabei 3 cm Neuschnee. Aber
auch über Südwestfrankreich wurden in der Nacht zum 31.01. Schneefälle
registriert, die z.B. in Aurilac zu einer Schneehöhe
von
11 cm führten.
Die
Zyklone JULIA verlagerte sich mit dem Kern von Südfrankreich weiter nach
Korsika. Dabei schneite es wiederum an ihrer Nordflanke in Norditalien, sodass
in Piacenza in der Nacht 2 cm Schnee zusammen kamen.
Auf Korsika gab es kräftige Schauer, wodurch innerhalb von 12 Stunden um 30 l/m²
fielen. Gleichzeitig frischte der Wind stürmisch auf, wobei in La Parate Orkanböen bis 137 km/h auftraten.
Am
01.02. formierte sich über Westrussland und ganz Europa ein riesiger
Kaltlufttropfen in der Höhe. Dieser erstreckte sich von Spanien bis nach Moskau
und vom Nordkap bis nach Sizilien und stellte ein enormes Kaltluftreservoir
dar, an dessen Südseite sich Tief JULIA nun stationär über dem westlichen
Mittelmeer entgegen des Uhrzeigersinns drehte. Aufgrund eines weiteren kleinen
Tiefs, welches sich von Westen her Tief JULIA näherte und laut Prognose in ihm
aufgehen sollte, wurden kurzzeitig zwei Teiltiefs analysiert: Tief JULIA I lag
mit Zentrum über Süditalien und Tief JULIA II über den Balearen. Bei der
Ostverlagerung von Zyklone JULIA I wurde mit ihrer vom Kern bis nach Nordlibyen
reichenden Warmfront wärmere Luft nach Griechenland geführt. Diese glitt auf
die über der Balkanhalbinsel vorherrschende kontinentale Kaltluft auf und
führte so zu teils kräftigen Schneefällen. Kastoria
meldete Neuschneemengen von 20 cm, Triplois und
Larissa 11 bw. 12 cm. Auch die Station in Piacenza verzeichnete weitere Schneefälle, sodass sich die
Gesamthöhe auf 18 cm summierte. Auf der Rückseite von Tief JULIA I kam es
gebietsweise zu unwetterartigen Gewittern. So meldete die Kleinstadt Komiza auf der Adriainsel Vis 100 l/m² Regen innerhalb von
24 Stunden, Rimini 60 l/m² innerhalb von 12 Stunden. Im Einflussbereich von
Tief JULIA II war die Niederschlagstätigkeit deutlich geringer. Beispielweise
meldete Palma de Mallorca nur 2 l/m² innerhalb von 24 Stunden.
Nach
der Vereinigung hatte sich Tief JULIA in seinem Zentrum auf 1004 hPa verstärkt
und lag weiterhin über Sardinien. Die neu ausgebildete Warmfront reichte vom
Zentrum bis zur Westküste der Türkei und löste in dem gesamten Streifen durch
Hebungsvorgänge verbreitet kräftige Gewitter aus. Rom meldete 16 l/m², Neapel
19 l/m² und Izmir 20 l/m² Niederschlag innerhalb von 24 Stunden.
In
der aus der Sahara herangeführten Warmluft stiegen die Temperaturen im Süden
Tunesiens auf bis zu 19°C. Die von Nordwesten durchziehende Kaltfront von Tief
JULIA beendete die kurze Warmperiode sehr schnell wieder mit teils kräftigen
Schauern und Gewittern. Aus Algerien wurden von der Station Tizi-Ouzou
41 l/m² und aus Algier 20 l/m² als Gesamtniederschlagsmenge innerhalb von 24
Stunden gemeldet.
Aufgrund
des kräftigen Kaltlufttroges in der Höhe, der die kalten Luftmassen direkt von
Skandinavien nach Algerien transportierte, blieb das Wettergeschehen dort
weiterhin von Schauern und Gewittern geprägt. In 5500 m Höhe lag die dort am
04.02. um 1 Uhr MEZ gemessene Temperatur bei -33°C. Als Vergleichswerte zum
gleichen Zeitpunkt seien hier beispielsweise Irland mit -25°C, Island mit -30°C
und ein Messwert südlich von Spitzbergen mit ebenfalls -33°C genannt. Diese
Bedingungen hatten erneut sehr instabile Luftmassen und damit bis zum Morgen um
07 Uhr MEZ in Algier weitere 41 l/m² Regen zur Folge. Etwas nördlicher auf den
Balearen brachte die extrem kalte Luft winterliche Verhältnisse, sodass es dort
zum Mittagstermin schneite und nur eine Temperatur von 0°C gemessen wurde.
Ebenfalls kräftige Schneefälle führten in der 1030 m hoch und südlich von
Algier gelegenen Station Medea zu einer Gesamtschneehöhe von 55 cm. In Algier
selbst fiel damit im Einflussbereich von Tief JULIA innerhalb von 4 Tagen 105
l/m², was 144 % des normalen mittleren Niederschlages des Monats Februar
entspricht.
Demgegenüber
wurde auf der Ostseite von Tief JULIA milde Luft über das Mittelmeer zur
Balkanhalbinsel geführt, die sich anschließend auf die dort weiterhin
vorhandene Kaltluft schob. Als Folge entstanden umfangreiche Schneefallgebiete
über Südosteuropa. In Belgrad erhöhte sich die Schneedecke bei -9°C
Höchsttemperatur auf 34 cm, in Sarajewo sogar auf beachtliche 107 cm.
Auf
der Ostseite des immer noch weit bis nach Nordafrika reichenden
Kaltluftvorstoßes konnte sich der zwischenzeitlich leicht abgeschwächte Wirbel
JULIA wieder regenerieren. Der Kerndruck lag a, 05.02. wieder unter 1010 hPa
und das Zentrum zwischen Sizilien und Griechenland. Die weiterhin von Kreta
nach Norden herangeführte Warmluft hatte in Bulgarien einen teils extremen
Temperaturgegensatz zur Folge. Während im Westen in der Hauptstadt Sofia die
Temperatur nicht über -5°C anstieg, erreichte diese im Südosten des Landes in Elhovo +13°C.
In
Serbien stiegen die Schneehöhen wiederum um mehrere Zentimeter, z.B. in Mostar
auf insgesamt 79 cm.
Durch
die Luftmassenunterschiede zwischen sehr kalter Luft westlich des Zentrums von
Tief JULIA und sehr milder Luft östlich davon erreichte der Kerndruck am 06.02.
mit etwa 985 hPa seinen tiefsten Wert. Inzwischen hatte sich vom Zentrum aus
bis zur Südwestküste der Türkei eine Okklusionsfront gebildet, sodass die
Kaltfront die Warmfront eingeholt und die dazwischen liegende warme Luft zum
Aufsteigen gezwungen wurde. Dies hatte weitere kräftige Niederschläge zur
Folge, wie z.B. in Athen mit 19 l/m², auf Rhodos mit 30 l/m² und in Izmir mit
32 l/m² innerhalb von 24 Stunden.
Sowohl
das Tiefzentrum als auch die Okklusionsfront verlagerten sich am 07.02. kaum,
sodass weitere teils große Regenmengen gemeldet wurden, so z.B. aus Skyros mit 58 l/m², Samos mit 44 l/m² und erneut aus Izmir
mit 30 l/m². Die Höchstwerte lagen in diesen Regionen durchweg im zweistelligen
Bereich, während nördlich des Zentrums in den Hochlagen des Balkans -15°C kaum
überschritten wurden.
Ab
dem 08.02. begann sich Tief JULIA nun bei langsamer Ostverlagerung entlang der
türkischen Südküste abzuschwächen. Der Kerndruck erhöhte sich dabei nur langsam
und lag am 10.02. noch bei etwa 1010 hPa. An diesem Tag verließ Tief JULIA über
Syrien liegend den Bereich der Berliner Wetterkarte ostwärts und konnte daher
nicht weiter analysiert werden.
Geschrieben am 05.04.2012 von Matthias Treinzen
Berliner Wetterkarte: 03. oder 04.02.2012
Pate: Julia Fritzsche