Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet JULI

(getauft am 27.07.2018)

 

Zum 28.07.2018 sollte sich ein Tiefdruckgebiet entlang der meridional geprägten Struktur der Polarfront, die sich über dem Nordatlantik und dem europäischen Nordmeer erstreckt, bilden, welches Einfluss auf das europäische Wettergeschehen nehmen sollte. Die Polarfront beschreibt in der Meteorologie den Grenzbereich kalter Polarluft und warmer Subtropikluft. Somit taufte die Berliner Wetterkarte die Zyklone in der Prognose für den 28.07.2018 auf den Namen JULI.

Bereits am 28.07.2018 um 01 Uhr MEZ besaß das Tiefdruckgebiet JULI mit einem Luftdruck von knapp unter 1000 hPa ein relativ großräumiges Frontensystem, welches sich aus einer Warmfront und einer Kaltfront zusammensetzte. Warm- und Kaltfront bezeichnen die Grenze zwischen zwei unterschiedlich temperierten Luftmassen, an denen durch Hebungsprozesse Kondensation und Niederschläge einsetzen. An diesem Tag zog sich die Kaltfront vom Kern des Tiefs in einer konvexen Bahn über die Biskaya bis weit über den nordatlantischen Ozean. Im Gegensatz dazu verlief die Warmfront in nördliche Richtung und verband sich über den Färöer-Inseln mit der Kaltfront eines weiteren Tiefdruckgebildes, dessen Kern etwa 750 km südlich von Reykjavik zu verorten war. Die Zyklone JULI wurde im Osten vom Hochdruckkomplex INGOLF flankiert, sodass sich eine blockierende Wetterlage einstellen konnte, wodurch die Westströmung und damit auch der Wirbel an Dynamik verlor. Diese Konstellation hatte Einfluss auf die Verlagerung des gesamten Tiefs, insbesondere auf die Fronten, die sich daraufhin kaum verlagerten und somit zu teils langwierigen Niederschlägen führten. So sorgte der stationäre Charakter der Warmfront in Verbindung mit dem unbenannten Wirbel südlich von Reykjavik in Island während eines Zeitraums von 07 Uhr MEZ bis 19 Uhr MEZ für leichte bis mäßige Niederschläge, die in Sata 15,2 mm, in Hveravellir 21 mm und im Bereich um Pufuver 16 mm Regen brachten. Auf der anderen Seite waren die Niederschläge im Laufe des Tages und auch am Abend im Bereich der gen Osten ziehenden Kaltfront – also im Bereich der Britischen Inseln, im Norden Deutschlands und dem südskandinavischen Raum – intensiver und von längerer Dauer. Infolgedessen wurden in England sowie in Schottland Niederschläge mäßiger Intensität beobachtet, welche häufig von Schauern sowie von vereinzelten Gewittern begleitet wurden. So wurden in einem sechsstündigen Messintervall zwischen 19 Uhr MEZ und 01 Uhr MEZ z.B. in Port Ellen 26 mm, in Little Rissington 16 mm und in Machrihanish 13 mm Regen registriert. Ein weiteres Zentrum der Wetteraktivität der Kaltfront lag über dem südskandinavischen Raum, wo die Niederschläge ebenfalls schauerartig ausfielen und häufig von Gewittern begleitet wurden. Dabei konnten innerhalb von sechs Stunden mit 9 bis 15 mm ähnlich hohe Niederschläge wie auf den Britischen Inseln beobachtet.

Zum 29.07.2018 um 01 Uhr MEZ verlagerte sich die Zyklone JULI bis nördlich von Irland und westlich von Schottland. Dabei hatte sie sich mit einem Druckfall um 15 hPa weiterhin verstärkt. Darüber hinaus ereignete sich ein Prozess innerhalb des Tiefdruckgebiets JULI, der in der Meteorologie als Okklusion bezeichnet wird. Dabei handelt es sich um einen Vorgang, bei dem durch den Zusammenschluss von Warm- und Kaltfront eine Mischfront entsteht, welche die Eigenschaften beider Typen vereint. Der Okklusionspunkt befand sich zu diesem Zeitpunkt etwa 150 km nordwestlich des Kerns. Dieser Punkt beschreibt den Ort, an dem Warm- und Kaltfront beginnen sich miteinander zu vereinen, da die Kaltfront mit der Zeit die Warmfront einholt. An diesem Tag beschränkte sich das Zentrum der Wetteraktivität hauptsächlich auf den Norden Europas bzw. auf weite Teile Südskandinaviens. In dieser Region brachte der Durchzug der Kaltfront lokal sehr unterschiedliche Niederschläge mit sich, von denen einige relativ kurzlebig und intensiv waren und andere wiederum langanhaltend und leicht bis mäßig. So sorgten kräftige Schauer am Vormittag in einem einstündigen Messintervall bis 09 Uhr MEZ im schwedischen Daglosen für bis zu 28 mm Regen. Mit 29 mm wurde im gleichen Zeitintervall bis 12 Uhr MEZ in Vastmarkum ein ähnlich hoher Messwert registriert. Rekordhalter an diesem Tag war jedoch die ebenfalls schwedische Ortschaft Films Kyrkby, in der bis 15 Uhr MEZ einstündig eine Niederschlagshöhe von 38 mm erfasst wurde. In den anderen Regionen Norwegens und Schwedens fielen die Niederschläge im Vergleich dazu deutlich schwächer aus, verteilten sich aber über einen größeren Zeitraum. Zudem konnten durch die Intensivierung des Druckgebietes JULI hohe Windgeschwindigkeiten bei Island erfasst werden. Hier wurden vor allem im südlichen und im westlichen Island nahezu ganztägig einstündige Windspitzen von mindestens 9 Beaufort, also Geschwindigkeiten zwischen 75 und 88 km/h gemessen.

Bis zum 30.07.2018 intensivierte sich der Wirbel JULI bei weiterem Druckfall auf unter 985 hPa und verlagerte sich mit seinem Kern in nordwestliche Richtung, bis sie zum Analysezeitpunkt um 01 Uhr MEZ ungefähr 600 km südlich von Island zu verorten war. Zu diesem Zeitpunkt war bereits ein großer Teil des Frontensystems okkludiert. Die Okklusionsfront reichte vom Kern des Tiefs JULI in einer konvexen Bahn bis zur grönländischen Ortschaft Ittoqqortoormiit am östlichsten Rande der Halbinsel. Vom Okklusionspunkt aus verliefen Warm- und Kaltfront in nordöstliche bzw. östliche Richtungen und gingen jeweils in andere Frontensysteme über. Auch an diesem Tag sorgte der Durchgang der Kaltfront im skandinavischen Raum in vereinzelten Ortschaften für teils ergiebige Regenschauer. So wurde im schwedischen Hamra in einem einstündigen Messintervall bis 20 Uhr MEZ Niederschläge von 33 mm registriert. Diese und ähnlich hohe Werte wurden jedoch nur in dieser Region registriert. Die erhöhte Lage und die damit verbundenen zusätzlichen Hebungsvorgänge begünstigen zusätzlich Kondensation, wodurch die Niederschläge hier besonders intensiv ausfielen.  Im übrigen Einflussbereich des Tiefdruckwirbels JULI konnte das Ausmaß der Wetteraktivität in Bodennähe kaum erfasst werden, da sich der Großteil des Frontensystems über dem europäischen Nordmeer befand und somit nicht von Wetterstationen erfasst werden konnte.

Zum Folgetag, dem 31.07.2018, schwächte sich das Tief JULI mit einem Kerndruck von knapp unter 995 hPa ab und verlagerte sich bis 01 Uhr MEZ etwa 200 km in südöstliche Richtung. Das Frontensystem war zu diesem Zeitpunkt bereits weitgehend in eine Okklusion übergegangen und markierte die fortschreitende Entwicklung sowie die zunehmende Abschwächung des Wirbels. Dieses Stadium markiert in der Regel das Ende des Lebenszyklus eines Tiefdruckgebietes, da im Bereich der Okklusion die Temperaturgegensätze abgebaut werden.  Diese verlief über den Nordatlantik und ging an der Nordwestküste Islands in die Okklusion eines anderen Tiefdruckwirbels über. Auch wenn auf Satellitenbildern die Wolken entlang der Front gut erkennbar waren, so erfassten keine Stationen den durch das Tief JULI ausgelösten Niederschlag.

Bis zum 01.08.2018 verlagerte sich der frontenlose Tiefdruckkomplex JULI etwa 150 km in nordwestliche Richtung und schwächte sich dabei stetig ab, bis sein Kerndruck um 01 MEZ schließlich nur noch knapp 1000 hPa betrug.

Am letzten Tag, an dem die Zyklone JULI namentlich in der Analyse der Berliner Wetterkarte erwähnt wurde, am 02.08.2018, lag ihr Kern um 01 Uhr MEZ bei fortschreitender Abschwächung ca. 1000 km weiter nördlich zwischen Grönland und der Insel Jan Mayen. Ähnlich wie am Tag zuvor sorgte der Durchgang der vom Kern ausgehenden Okklusionsfront ausschließlich im Bereich Nordskandinaviens für Niederschlag, der im Zusammenspiel mit sich an die Front anschließenden Tiefdruckgebieten in einem 24–stündigen Messintervall Regenmengen von 11 bis 21 mm brachte. In den folgenden Stunden zog die Zyklone JULI kontinuierlich Richtung Norden, sodass der Einfluss auf das europäische Wettergeschehen immer weiter schwand. Aus diesem Grund wurde Tief JULI an diesem Tag zuletzt namentlich in der Analyse der Berliner Wetterkarte erwähnt.