Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet KARAKET
(getauft
am 17.03.2020)
Im
Grenzbereich zwischen warmer Subtropikluft und subpolarer Kaltluft entwickelte
sich über dem zentralen Nordatlantik entlang der sich wellenförmig
deformierenden Front des Islandtiefs JASMIN ein neues Tiefdruckgebiet. Dieses
wurde am 17.03.2020 anhand der Analysekarte für 0 Uhr UTC auf den Namen KARAKET
getauft. Tief KARAKET befand sich zu diesem Zeitpunkt mit einem Druck von unter
1020 hPa über dem Atlantik. Von seinem Kern erstreckte sich sowohl eine
Warmfront nach Osten, die sich südwestlich von Irland mit der Kaltfront des
Tiefdruckkomplexes JASMIN verband, als auch eine Kaltfront nach Südwesten.
Unterhalb der starken westlichen Strömung des Jetstreams, der sich vom
mittleren Nordatlantik über Großbritannien und Südskandinaviens hinweg bis nach
Nordrussland erstreckte, wurde das Tief KARAKET rasch nach Osten geführt. Aufgleitvoränge entlang der Fronten des Wirbels, besonders
aber in dessen Kernbereich, hatten derweil ein markantes Niederschlagsfeld
ausbilden lassen, welches bereits in den Mittagsstunden auf Irland traf.
Innerhalb von 24 Stunden bis 07 Uhr MEZ des 18.03. waren auf der grünen Insel
durch teils schauerartig verstärkten Regen am Flughafen von Cork 9,0 mm, am
Mace Head 13,0 mm und in Claremorris 17,3 mm
gefallen, die in einigen Regionen, wie am Mace Head von stürmischen Böen bis
64,8 km/h und nahe Dublin, am Casement Aerodrome, von
Sturmböen bis 82,9 km/h begleitet waren. Im Laufe der zweiten Tageshälfte
verlagerten sich die Niederschläge über den Norden Großbritanniens weiter nach
Osten. Am ergiebigsten fielen dabei die Niederschläge neben Nordirland in einem
Streifen über Nordengland und dem Süden Schottlands aus: In Belfast waren 17,2
mm, in Shap 23,6 mm und in Eskdalemuir
26,4 mm gefallen, im walisischen Capel Curig wurden
31,9 mm registriert. Der teils stürmische, vorwiegend südwestliche Wind konnte
an besonders exponierten Lagen in Böen sogar Orkanstärke erreichen. So meldete
die Station Aonach Mór Böen
bis 120,5 km/h und jene am Great Dun Fell von bis zu 129,7 km/h.
Bis
0 Uhr UTC des 18.03. hatte das Zentrum des Tiefdruckwirbels KARAKET die
britischen Inseln überquert und befand sich mit einem Druck von unter 1010 hPa
an der Südflanke des von Island bis Nordnorwegen reichenden Tiefs JASMIN über
der zentralen Nordsee. Von seinem Kern reichte eine Warmfront über Dänemark
nach Südosten, die nahe Kopenhagen in das Frontensystem eines schwachen, kaum analysierbaren
Wirbels über Litauen überging, sowie eine Kaltfront über York und Liverpool
nach Südwesten, die sich südlich von Irland mit der Warmfront eines unbenannten
Wirbels nördlich der Azoren verband. Während für den Norden Norwegens das Tief
JASMIN weiter wetterbestimmend blieb, gelangte der Süden in den Einflussbereich
des Wirbels KARAKET. Nachdem die Niederschläge beim Überqueren Großbritanniens
zwischenzeitlich leicht an Stärke verloren hatten konnte das Tief über der
Nordsee nochmals an Feuchtigkeit gewinnen. Beim anschließenden Auftreffen der
feuchten Luftmassen auf die norwegischen Gebirgsketten und dem damit
einhergehenden erzwungen Aufgleiten in kältere Luftschichten sowie in
Verbindung mit Staueffekten wurden die Niederschläge lokal noch zusätzlich verstärkt.
Innerhalb von 24 Stunden wurden in Takle 17,9 mm, bei Stryn
25,1 mm und am Røldalsfjellet 32,0 mm gemessen. Auf
der Lee-Seite der Gebirge, wie beispielsweise in Oslo, blieb es dagegen bei
zumeist leichter Bewölkung und viel Sonnenschein niederschlagsfrei. In den
Morgenstunden gelangte der äußerste Norden Deutschlands ebenfalls in den
Einflussbereich des sich unterhalb des kräftigen Jetstream zügig weiter in
Richtung Baltikum verlagernden Tiefs KARAKET. Seine wolkenreiche jedoch
niederschlagsarme Kaltfront zog dabei nur sehr langsam über Mitteleuropa nach
Südosten voran. Während in Berlin trotz anrückender Front noch bis zu 9,9
Sonnenstunden registriert wurden, führte anhaltender leichter, in
Schleswig-Holstein zeitweise auch mäßiger bis starker Sprühregen
in Rostock-Warnemünde 1,0 mm, in Kiel-Holtenau 4,4 mm und in Schleswig 7,0 mm
Niederschlag mit sich. Wesentlich markanter war dagegen das Temperaturgefälle
ausgeprägt: Wurde in Konstanz bei bis zu 11,3 Sonnenstunden ein Tageshöchstwert
von 18,3°C und in Berlin ein Maximum von 17,6°C erreicht, stieg das Quecksilber
unter den dichten Wolken im äußersten Norden in Rostock auf maximal 12,3°C und
in Schleswig auf 9,1°C.
Zum
19.03 war das Tief KARAKET über Südskandinavien und die Ostsee hinweg nach
Osten gezogen und befand sich gegen 0 Uhr UTC mit einem auf unter 1000 hPa
gefallenen Kerndruck bereits über dem Nordwesten Russlands, nahe dem Onegasee unweit von St. Petersburg. Teile seiner Warmfront
waren in der Zwischenzeit von der ihr nacheilenden Kaltfront eingeholt worden.
Die daraus resultierende Okklusionsfront erstreckte sich nördlich des Kerns
beginnend bis zu ihrem Okklusionspunkt westlich von St. Petersburg. Vom
Okklusionspunkt, der Stelle an der Warm- und Kaltfront ineinander übergehen,
reichte die Warmfront weiter über Moskau bis nach Kiew und die ihr folgende
Kaltfront über Vilnius (Litauen) und Hamburg bis nach Dover, wo sie sich mit
der Warmfront eines von den Azoren Richtung Frankreich ziehenden unbenannten
Tiefs verband. Die Kaltfront verlagerte sich weiterhin nur sehr langsam über
Deutschland südwärts. Größere Niederschlagsmengen wurden dabei bis auf wenige
Ausnahmen nicht mehr registriert: Innerhalb von 24 Stunden fielen durch
leichten Regen oder Sprühregen in Schwerin 0,5 mm, in Bückeburg 1,7 mm und in Bad Salzuflen 3,2 mm. Während es
vom Emsland bis Nordbrandenburg fast ganztägig bedeckt blieb, konnten dagegen
vor als auch hinter der Front vielerorts zwischen 9 und 11 Sonnenstunden
registriert werden. Vor der Front, in den mittleren und südlichen Landesteilen,
blieben vorerst subtropische Luftmassen vorherrschend, wodurch dort der äußerst
milde Wettercharakter zunächst noch weiter anhielt. So konnte beispielsweise am
Flughafen Köln-Bonn ein Tageshöchstwert von 17,4 und in Regensburg 20,8°C gemessen
werden. In der hinter der Kaltfront einfließenden Polarluft wurde hingegen
trotz reichlich Sonnenscheines am Kap Arkona 7,9°C und in Bremen maximal 9,3°C
erreicht. In den Mittagsstunden hatte die Kaltfront Berlin erreicht. Trotz
dichter Wolkenfelder waren hier jedoch nur vereinzelte Tropfen ohne messbaren
Niederschlag gefallen. Die Höchsttemperatur betrug an jenem Tag in
Berlin-Dahlem noch 14,5°C. Ergiebiger fielen die Niederschläge dagegen im
Bereich des sich weiter in Richtung Ural verlagernden und über dem
kontinentalen Festland allmählich a n Intensität verlierenden Zentrums des
Wirbels KARAKET über Russland aus: Binnen 24 Stunden fielen in Kirov 9,0 mm,
bei Nikolsk 12,0 mm und in Samara 18,0 mm. Im Norden
und auf ihrem Weg nach Osten gingen die Niederschläge zunehmend in leichten
Schneefall über.
Auch
weiterhin an der Südflanke des sich mit ihm nach Osten verlagernden Tiefs
Jasmin gelegen befand sich das Zentrum des Wirbels KARAKET am 20.03. um 0´0 Uhr
UTC jenseits des Urals über Westsibirien. Vom Kern, der mit einem Druck von
circa 995 hPa bei Jugorsk nordöstlich von Perm lag,
zog sich eine Okklusionsfront in südwestlicher Richtung über Perm bis zu ihrem
Okklusionspunkt bei Woronesch. Von dort reichte eine Warmfront weiter über
Odessa bis nach Bukarest und eine Kaltfront über Kiew bis nach Breslau. Über
Mitteldeutschland verband sich diese anschließend mit dem Frontensystem des
nach Portugal gezogenen, unbenannten Wirbels. Die Luftmassengrenze entlang der
Kaltfront, die polare Luftmassen im Norden von subtropischen im Süden trennte,
war zwischenzeitlich zum Stehen gekommen. Sie lag annähernd stationär quer über
Deutschland und begann erst im Laufe des Tages allmählich wieder nach Süden
voranzuschreiten. Während sich hinter der Kaltfront in der Nordhälfte
Deutschlands ein deutlich kühlerer Witterungsabschnitt mit Höchstwerten
zwischen 8 und 12°C eingestellt hatte, konnten im Süden weiterhin
Temperaturmaxima zwischen 16 und 20°C gemessen werden. War beispielsweise vor
dem Frontendurchgang am 18.03. in Berlin-Dahlem ein Tageshöchstwert gemessen
worden, der bezogen auf den Zeitraum 1961 bis 1990 um fast 10 K über dem
Normalwert für jenen Tag lag, stieg das Tagesmaximum am 19.03. noch auf
maximal, aber im Vergleich weiterhin recht milde 9,5°C. Im Norden des Landes
und im Bereich der sich allmählich weiter nach Süden verlagernden Kaltfront war
es überwiegend stark bewölkt mit gelegentlichem leichtem Regen oder Sprühregen.
In Lüdenscheid wurden durch diesen 0,8 mm, in Magdeburg 2,1 mm und in Carlsfeld 6,7 mm gemessen. In Teilen Bayerns bildeten sich
dagegen im Tagesverlauf teils kräftige Schauer und Gewitter aus, die innerhalb
von 24 Stunden in München 16,5 mm, in Regensburg 24,9 mm und an der Station auf
dem Hohenpeißenberg 32,1 mm brachten. In den
Nachtstunden gingen diese teils in Schneefall über. Über den Weiten Russlands
schwächten sich die Niederschläge weiter ab. Die höheren Intensitäten
konzentrierten sich im Wesentlichen auf den Bereich seines Zentrums sowie
entlang seiner voranschreitenden Okklusionsfront und verlagerten sich im
Verlauf weiter ins westsibirische Tiefland sowie in den Norden Kasachstans. In
Ufa wurden 4,0 mm, bei Sterlitamak 9,0 mm und in Orsk sowie in in Sabelowka (Kasachstan) jeweils
14,0 mm registriert, die je nach Region zum Teil als Schnee oder Schneeschauer
fielen. Im kasachischen Martuk waren durch
anhaltenden, in Schnee übergehenden Regen noch bis zu 22,0 mm gefallen.
Gegen
00 Uhr UTC des 21.03. befand sich das weiter abschwächende Tiefdruckgebiet
KARAKET östlich von Nischnewartowsk, über dem
westsibirischen Tiefland. Seine Okklusionsfront beschrieb einen weiten Bogen
über Kasachstan und Südrussland bis nach Kertsch (Krim). Von dort reichte eine
Warmfront über das Schwarze Meer bis nach Bukarest und eine Kaltfront über
Odessa und Wien bis nach Innsbruck, wo sie in die Warmfront des weiterhin bei
Portugal liegenden unbenannten Wirbels überging. In den folgenden Stunden
verließ das Tief auf seiner östlichen Zugbahn den von
der Berliner Wetterkarte erfassten Analysebereich, sodass der Tiefdruckwirbel
KARAKET nachfolgend nicht mehr auf jener namentlich verzeichnet werden konnte.
Aus Deutschland waren in der Zwischenzeit die einst vorherrschenden
subtropischen Luftmassen vollständig von der aus Norden einfließenden polaren
Kaltluft verdrängt worden. Konnten am Vortag in Regensburg noch bis zu 20,1°C
gemessen werden, stieg das Quecksilber nunmehr noch auf maximal 4,4°C. Während
im Norden des Landes ein freundlicher Wettercharakter überwog, gestaltete sich
das Wetter in der Südhälfte bei Temperaturen zwischen 4 und 7°C regnerisch.
Durch anhaltenden Regen oder Sprühregen wurden in München 10,6 mm, in
Rheinstetten 13,2 mm und Mühlacker 23,5 mm gemessen. Trotz reichlich
Sonnenschein, im Raum Berlin wurden 8 und entlang der Deutschen Bucht bis zu 12
Sonnenstunden gemessen, erwärmte sich die Luft auch im Norden kaum über 8°C.
Lediglich entlang des Niederrheins wurde es mit Temperaturen von 9,9°C in
Düsseldorf und 10,5°C am Flughafen Köln-Bonn etwas wärmer. Über der russisch-kasachischen
Grenzregion hielten die teils ergiebigen Regen- und Schneeschauer weiter an.
Sie brachten innerhalb von 24 Stunden in Ujuk 7,0 mm,
bei Almaty 15,0 mm und in Tara bis zu 16,0 mm.