Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet KARIN

(getauft am 21.09.2012)

 

Im Laufe des 21.09.2012 schlossen sich das System des Tropensturms NADINE und ein Frontensystem nordöstlich davon über dem Atlantik zusammen. Entlang dieses Systems bildete sich ein Tiefdruckgebiet nahe der Nordwestküste Spaniens, welches in der Prognose für den Folgetag auf den Namen KARIN getauft wurde.

Bis zum 22.09.2012 verlagerte sich das Tief KARIN etwa 200 km nach Westen, verstärkte sich dabei und befand sich nun mit seinem Kern, der einen Kerndruck von 1005 hPa aufwies westlich der Iberischen Halbinsel über dem Atlantik. Die Kaltfront zog sich vom Kern aus südwestlich bis nahe der Azoren. Die Warmfront verlief östlich, einige Hundert Kilometer über Nordspanien und Südfrankreich und ging in die Kaltfront eines vorhergehenden Systems über.

Der Tiefdruckwirbel KARIN zog etwa 100 km in nördliche Richtung und verstärkte sich bis zum 23.09.2012 noch weiter. Er befand sich mit seinem Kern, der einen Druck von 995 hPa aufwies nordwestlich der Nordwestspitze Spaniens. Durch die zyklonale Drehung des Tiefdruckgebiets wurde auf der Ostseite des Systems sehr warme Luft subtropischen Ursprungs nach Norden geführt. Die Okklusion, eine Mischfront die sowohl Warm- als auch Kaltfronteigenschaften besitzt, verlief vom Kern ausgehend nach Norden bis zum Okklusionspunkt etwa 100 km nordöstlich des Kerns. Die Warmfront verlief vom Okklusionspunkt aus über Mittelfrankreich, den Alpen, Österreich und Jugoslawien bevor sie dort in die Kaltfront des vorhergehenden Tiefdruckgebiets JENNY überging. Die Warmfront brachte große Temperaturgegensätze über Frankreich mit sich. Während die Höchstwerte im Norden durchweg unter 20°C lagen, wurden im Südwesten örtlich mehr als 30°C erreicht. Auch in Portugal und Spanien wurde die 30°C-Schwelle überschritten, in Badajoz und Cordoba wurden 34°C als Maximum gemessen. Die Kaltfront des Tiefdruckwirbels verlief vom Okklusionspunkt ausgehend südlich entlang der Westküste Spaniens und Portugals, drehte dann auf westliche Richtung und ging in die Warmfront des Systems von ex-NADINE über. Entlang der Kaltfront kam es verbreitet zu Regen und Gewittern, vor allem an der Westküste Portugals. In Coimbra beispielsweise fielen 13 l/m² innerhalb von 6 Stunden und in der Bretagne 17 l/m² innerhalb von 12 Stunden.

Bis zum 24.09.2012 verlagerte sich das Tiefdruckgebiet nordöstlich bis zum Ärmelkanal und verstärkte sich bis auf 985 hPa im Kern. Vom Zentrum zog sich eine rücklaufende Okklusion nach Süden, bis nahe der spanischen Stadt Pamplona. Eine weitere Okklusion reichte vom Kern bis London, wo sie sich in Warm- und Kaltfront aufteilte. Die Warmfront verlief über Brüssel, München und Budapest bis über den Raum der zentralen Karpaten. Die teilweise verwellte Kaltfront zog sich hingegen südwärts über Frankreich, das Balearenmeer und Gibraltar bis nahe der Azoren. Das Tief führte an seiner Ostseite sehr warme, subtropische Luft nordwärts, was zu einem Temperaturanstieg in Frankreich führte. So stieg die Temperatur in Bourges und Chateauroux auf 30°C an. In Bordeaux wurden sogar 32°C erreicht. An der Warmfront des Wirbels, welche sich vom Okklusionspunkt über Dover in östliche Richtung über Brüssel, München und Budapest befand, kam es zu teils unwetterartigen Warmluftgewittern. Besonders heftig waren einige Zellen, die über die Küsten der Normandie hinweg zogen. Dabei fielen in Vigie du Homet insgesamt 184 l/m² in 24 Stunden und in Wales wurden in 12 Stunden in Dunkeswell 49 l/m² und in Filton 40 l/m² Niederschlag beobachtet. Nach Osten hin nahm die Intensität der Niederschläge an der Warmfront ab, trotzdem wurden im westlichen Niedersachsen in Lingen 27 l/m² und in Bad Bentheim 31 l/m² gemessen. Auf der Rückseite des Tiefdruckwirbels KARIN frischte der Wind im Nordwesten Frankreichs erheblich auf und es wurden an der Küste der Betragne schwere Sturmböen verzeichnet, in Le Havre in der Normandie wurden mit 64 Knoten sogar Orkanböen beobachtet. Selbst im Binnenland südlich von Paris wurden örtlich 49 Knoten, also Windstärke 10 gemessen.

Bis zum 25.09.2012 verlagerte sich das Tief KARIN über die Nordsee und verstärkte sich bis auf 980 hPa. Vom Kern ausgehend verliefen zwei Okklusionen, die erste nach Westen über England, Wales, dem südlichen Irland, weiter hinaus auf den Nordatlantik und die zweite über Jütland bis zum Okklusionspunkt, welcher sich über Polen auf etwa der halben Strecke zwischen Berlin und Warschau befand. Von dort aus verlief die Warmfront östlich über Warschau und die Pripjet-Sümpfe nördlich von Kiew. Die Kaltfront verlief vom Okklusionspunkt ausgehend südlich über die Sudeten hinweg bis Budapest und ging in die Warmfront eines anderen Systems im Raum Norditalien über. Auf der Rückseite der Kaltfront bildeten sich vereinzelte Gewitter zwischen Budapest und Wien. Zusätzlich spaltete sich über der deutsch-dänischen Grenze eine weitere Okklusion ab, die über Nordwestdeutschland reichte und bei Paris den Charakter einer Kaltfront annahm. Diese verlief in einem großen Bogen über die Bucht von Biskaya, A Coruna und nordwestwärts hinaus auf den Nordatlantik. Im Bereich des Kerns kam es erneut zu starkem Regen, so wurde an der Station Charterhall 24-stündig eine Regenmenge von 38,6 l/m² gemessen, wobei die Temperatur bis auf 10,3°C sank. Weiter südlich, an der Station Leeming, gab es 24-stündig 63,8 l/m². Insgesamt fiel im Gebiet zwischen Wales und der Nordostküste Englands verbreitet mehr als 40 l/m² Niederschlag. Auch der Norden Deutschlands verzeichnete mäßigen Regen, so ergab sich zum Beispiel in List auf Sylt eine Niederschlagsmenge von 18 l/m², während die Höchsttemperatur nur 10,9°C betrug und der Ostwind bis zu 83 km/h erreichte, was der Windstärke 9 entspricht.

Bis zum 26.09.2012 verlagerte sich das Tief KARIN wieder zurück nach Westen und lag nun mit seinem Kern, der einen Druck von 985 hPa besaß über Wales. Vom Kern ausgehend gab es wiederum zwei Okklusionen. Die erste verlief südwestlich über die Westküste Englands, den Ärmelkanal bis zur Nordwestküste Spaniens. Die zweite verlief vom Kern aus nordöstlich, südlich an Edinburgh vorbei, über die Nordsee, Dänemark, Südschweden und Litauen bis sie dort in ein vorhergehendes System, welches sich über Weißrussland befand, überging. Nahe der Nordspitze Dänemarks spaltete sich außerdem eine Kaltfront ab, die südlich über Deutschland hinweg bis zur Schweiz verlief. Im Bereich des Kerns kam es erneut zu ergiebigem Regen, z.B. fielen an der Station Leeming nochmals 32,2 l/m². Auch die Kaltfront führte zu mäßigem Niederschlag in Deutschland, so wurden im Berliner Gebiet bis zu 4 l/m² verzeichnet, die höchsten Regenmengen gab es allerdings im Saarland mit Werten bis 19 l/m², wie z.B. in Berus. Die Temperaturen hinter der Kaltfront lagen bei etwa 12°C, während im Osten, auf der Vorderseite der Kaltfront, bei zeitweiligem Sonnenschein die Temperatur verbreitet auf über 20°C stieg. Beispielsweise wurden in Berlin 23°C, in Cottbus 24,0°C und in Hoyerswerda 24,6°C erreicht.

Bis zum 27.09.2012 schwächte sich der Tiefdruckwirbel KARIN bis auf 1000 hPa ab und begann zwei Zentren auszubilden. Der Hauptkern lag dabei an der Westküste Norwegens. Die Okklusion verlief vom Kern aus bogenförmig über den nördlichen Kernbereich und weiter südöstlich verlaufend über Oslo bis zum Okklusionspunkt, welcher westlich von Stockholm lag. In diesem Bereich lag ein weiterer Kern des Tiefdrucksystems von dem aus die Kaltfront südlich über Polen und Deutschland, weiter über die Alpen bis westlich von Marseille verlief und dort in die Warmfront eines anderen Systems überging. Die Warmfront verlief vom Okklusionspunkt aus östlich über Estland, Weißrussland und Russland bis über Wolgograd und ging dort in die Kaltfront eines vorhergehenden Systems über. Im nordwestlichen Slowenien wurden, wie zum Beispiel in Kredarica mit 100 l/m² und in dem nahe gelegenen Vogel mit 104 l/m² ergiebige Niederschlagsmengen gemessen.

Das Tiefdruckgebiet KARIN verlagerte sich bis zum 28.09.2012 wieder nach Osten und verstärkte sich auf seinem Weg Richtung Finnland erneut, wobei sich im Verlauf endgültig zwei eigenständige Kerne ausbildeten. Der Kern KARIN I lag mit 995 hPa etwa 200 km südwestlich von Murmansk. Die Okklusion vom ersten Kern, verlief bogenförmig über die Küste des Weißen Meeres und ging in den zweiten Kern des Tiefdruckgebiets, mit KARIN II bezeichnet, über. Dieser befand sich nordöstlich von Helsinki und besaß ebenfalls einen Kerndruck von 995 hPa. Vom zweiten Kern aus verlief die Okklusion in einem Bogen bis zum Okklusionspunkt. Von dort aus verlief die Kaltfront südlich, über Minsk, Budapest und Nordwestitalien bevor sie dort in die Warmfront eines anderen Systems über der Iberischen Halbinsel überging. Die Warmfront des Tiefs KARIN II verlief vom Okklusionspunkt aus nach Südosten, nördlich an Moskau vorbei bis nach Wolgograd und ging dort in eine Kaltfront eines vorhergehenden Systems über. Im Bereich der Kerne wurde mäßiger Regen verzeichnet, wie beispielsweise in Helsinki und Tallin, wo jeweils 22 l/m² in 12 Stunden fielen. Weiter östlich und nordöstlich gab es im selben Zeitraum in Karelien an einigen Stationen noch 10 bis 15 l/m².

Bis zum 29.09.2012 verlagerte sich das Tief KARIN weiter nach Nordosten und lag mit seinem nun wieder vereinten Kern über Nordrussland, über der Küste der Barentssee. Der Kerndruck betrug etwa 995 hPa. Die Okklusion verlief südwestlich über Finnland und ging in die Warmfront des Tiefs LULU über. Vom Kern aus verlief eine zweite Okklusion nach Osten. Die Kaltfront verlief vom Kern aus südlich über Russland, östlich an Minsk vorbei, weiter bis zum Schwarzen Meer und ging dort in die Warmfront eines anderen Systems über. Vor allem im Bereich des Kerns kam es erneut zu Niederschlagen, wie zum Beispiel an der Station Archangelsk.

Das Tiefdruckgebiet KARIN verlagerte sich bis zum 30.09.2012 weiter nach Nordosten, schwächte sich ab und befand sich mit seinem Kern, der einen Druck von etwa 1000 hPa aufwies über der Jamal-Halbinsel, südlich von Workuta. Die erste Okklusion verlief westlich des Tiefs über Ostfinnland. Die zweite Okklusion verlief vom Kern aus östlich über Sibirien. Ebenfalls vom Kern ausgehend verlief die Kaltfront südwestlich, westlich an Perm vorbei, über Wolgograd bis hin zum Schwarzen Meer, dort ging sie in die Warmfront eines anderen Systems über.

Bis zum 01.10.2012 verlagerte sich das Tief KARIN weiter nach Norden, sodass es über der Jamal-Halbinsel in Richtung Karasee die Berliner Wetterkarte verließ und nicht weiter analysiert werden konnte.

 


Geschrieben am 09.11.2012 von Bianka Warnke

Berliner Wetterkarte: 25.09.2012

Pate: Karin Erlebach