Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
KARLHEINZ
(getauft
am 14.06.2013)
Mitte des Monats Juni bildete sich über dem
östlichen Nordatlantik ein neues Tiefdruckgebiet aus. Als ersichtlich wurde,
dass dieses für das Wettergeschehen in Europa von Bedeutung sein würde, wurde
es am 14.06. auf den Namen KARLHEINZ getauft.
An diesem Tag befand sich der Wirbel mit
seinem Zentrum über dem östlichen Nordatlantik, etwa 600 km von der irischen
Westküste entfernt und der Kerndruck des Tiefs lag bei etwas unter 1000 hPa.
Bereits an diesem ersten Tag verfügte das Tief KARLHEINZ über zwei Okklusionsfronten. Beim Prozess der Okklusion
holt die nachfolgende Kaltfront die vorlaufende Warmfront ein, wodurch sich
eine Mischfront, die sogenannte Okklusionsfront,
ausbildet. Eine der beiden Okklusionen reichte von
einem Punkt, der ca. 500 km westlich des Tiefdruckzentrums über dem Atlantik
lag bis zum Kern, von wo eine weitere Okklusion nach
Süden bis etwa 900 km westlich der französischen Bretagne verlief. Dort befand
sich der sogenannte Okklusionspunkt, an dem sich die Okklusionsfront wieder in eine Kalt- und eine Warmfront
aufspaltete. Während die Warmfront einige Hundert Kilometer weit in Richtung
Süden verlief, erstreckte sich die Kaltfront in einem westlichen Bogen bis weit
über den Nordatlantik.
Bis zum Folgetag, dem 15.06., verlagerte
sich das Tiefdruckgebiet KARLHEINZ weiter nach Osten und lag mit seinem Kern
nur wenige Kilometer vom nördlichen Ende des Nordkanals entfernt, also zwischen
Schottland und Nordirland. Der Kerndruck des Tiefs war weiter bis auf knapp
unter 995 hPa gesunken, was auf eine Verstärkung des Druckgebildes hindeutet.
Seine Okklusionsfront erstreckte sich vom Kern aus
bogenartig nach Südosten bis zum Okklusionspunkt über
dem Ärmelkanal. An diesen schloss sich lediglich eine Kaltfront an, welche sich
über die französische Bretagne, den Golf von Biscaya und Nordwestspanien hinweg
bis weit über den Nordostatlantik erstreckte. Vor allem im Bereich des
Tiefdruckzentrums kam es zu teils ergiebigen Regenmengen. Im nordirischen Lough
Fea wurde beispielsweise innerhalb von 12 Stunden bis
etwa 08 Uhr MESZ 22 l/m² Regen registriert, in Ballypatrick,
ebenfalls in Nordirland, war es im gleichen Zeitraum sogar eine Regenmenge von
28 l/m². Später wurden auch weite Teile Norddeutschlands von der Kaltfront
überquert, wodurch hier ergiebige Schauer und zum Teil auch Gewitter zu
beobachten waren. An der Station der Insel Norderney fiel
zwischen 13 Uhr und 01 Uhr MESZ insgesamt 12 l/m² aus leichten Regenschauern.
Gegen 13 Uhr MESZ wurde hier zusätzlich ein Gewitter direkt an der Station
gemeldet, wobei die mächtige Cumulonimbus-Wolke den
gesamten Himmel bedeckte. Zu dieser Zeit erreichte der Wind Geschwindigkeiten
um 19 m/s, was der Windstärke 8, einem stürmischen Wind, entspricht. An der
Station Schleswig wurden zwischen 16 und 18 Uhr MESZ sogar Böen von 26 m/s
gemessen. Dies entspricht Windstärke 10, also schwerem Sturm.
Am 16.06. lag der Tiefdruckwirbel KARLHEINZ
mit seinem Zentrum, mit einem leicht angestiegenen Kerndruck von etwa 998 hPa,
an der norwegischen Westküste. Seine Okklusionsfront
verlief vom Zentrum aus in einem südöstlichen Bogen über Schweden und die
Ostsee hinweg bis nach Polen, etwa 100 km südlich von Warschau. Von dort aus
erstreckte sich eine neu formierte Warmfront bis zur östlichen Ukraine. Die
Kaltfront verlief hingegen in einem südwestlichen Bogen über Wien und den
südlichen Alpenrand hinweg bis nach Südfrankreich, ungefähr 100 km nördlich von
Marseille. In Gebieten, die von der Kaltfront überquert wurden, gab es zum Teil
wieder Niederschläge in Form von Regenschauern. Vor allem küstennahe Regionen
waren betroffen. So wurde beispielsweise an der Wetterstation in Cuxhaven
innerhalb von nur 6 Stunden zwischen 14 und 20 Uhr MESZ eine Niederschlagsmenge
von immerhin 4 l/m² aus Regenschauern gemessen. Auch im Baltikum kam es zu
Niederschlägen. So fiel beispielsweise an der Station der estnischen Hauptstadt
Tallinn zwischen 14 Uhr und 08 Uhr MESZ des Folgetages eine Regenmenge von
insgesamt 13 l/m² aus leichten Regenschauern. Zwischen 13 und 16 Uhr MESZ konnte
auch hier wieder ein Gewitter an der Station beobachtet werden.
Bis zum darauffolgenden Tag, dem 17.06.,
hatte sich das Tief KARLHEINZ nochmals etwa 1000 km weiter in nordöstlicher
Richtung verlagert und lag mit seinem Zentrum über dem zentralen Bottnischen
Meerbusen, an der finnischen Westküste. Sein Kerndruck hatte sich weiter bis
auf etwa 1003 hPa stabilisiert. Die Okklusionsfront
verlief in einem großen Bogen zuerst in Richtung Norden um den Bottnischen
Meerbusen herum und anschließend in südöstlicher Richtung, bis ca. 300 km
nordöstlich von der russischen Stadt St. Petersburg entfernt. Während die
Warmfront in westlicher Richtung bis ungefähr 100 km nördlich der russischen
Stadt Perm verlief, führte die Kaltfront vom Okklusionspunkt
aus in einem südwestlichen Bogen über Weißrussland und Polen hinweg bis zur
tschechischen Hauptstadt Prag. In Teilen Ostrusslands, die von der Kaltfront
überzogen wurden, kam es zu Regenschauern. In der Hauptstadt Moskau fielen etwa
1 l/m² Regen aus Schauern im Zeitraum von 18 bis 20 Uhr MESZ. In St. Petersburg
waren es zwischen 12 und 20 Uhr MESZ 4 l/m².
Bis zum 18.06. hatte sich die Zyklone
KARLHEINZ weitere 1300 km Nordosten verlagert und lag mit ihrem Zentrum, in dem
ein unveränderter Kerndruck von ca. 1003 hPa herrschte, nun über dem Norden
Russlands, ungefähr 200 km südlich der Insel Kolgujew.
Die Okklusionsfront des Wirbels verlief in einem ca.
400 km langen Bogen in Richtung Nordost. Vom dortigen Okklusionspunkt
aus erstreckte sich die Warmfront etwa 800 km nach Südosten, während die
Kaltfront in südwestlicher Richtung über den Kachiwkaer
Stausee und den Nordwestrand des Schwarzen Meeres hinweg bis zum Ostrand der
Karpaten in Zentralrumänien führte. Nahe den Fronten kam es erneut zu
Niederschlägen. Die Station der russischen Stadt Workuta
meldete zum Beispiel zwischen 05 Uhr MESZ dieses Tages und 05 Uhr MESZ des
Folgetages eine Regenmenge von insgesamt 6 l/m² aus leichten Schauern. Am
19.06. befand sich das Tiefdruckgebiet KALRHEINZ mit seinem Zentrum in der Nähe
von Workuta und der Kerndruck lag weiterhin bei etwa
1003 hPa. Eine Okklusionsfront des Wirbels erstreckte
sich bis ca. 500 km südwestlich des Zentrums und eine weitere verlief über den
Süden der Halbinsel Jamal hinweg bis hin zum
südlichen Obbusen. Vom Okklusionspunkt
aus führte die Warmfront in Richtung Süden, bis etwa zur russischen Stadt Tobolsk. Die Kaltfront verlief hingegen nach Südwesten bis
etwas über 200 km nördlich von Perm. Bereits zum nächsten Tag hin hatte sich
das regen- und gewitterreiche Sturmtief KARLHEINZ aus dem Darstellungsbereich
der Berliner Wetterkarte in Richtung Asien verlagert und konnte daher nicht
weiter analysiert werden.
Geschrieben
am 27.06.2013 von Gregor Meusel
Berliner
Wetterkarte: 17.06.2013
Pate:
Dr. Karlheinz Abt